Nach den Anschlägen auf ein Café und eine Synagoge in Kopenhagen werden immer mehr Details über den 22-Jährigen bekannt, der die Anschläge verübt haben soll. Einen Namen nannte die Polizei noch nicht, mehrere dänische Medien identifizierten ihn aber als Omar Abdel Hamid el-Hussein.
Die Polizei bestätigte inzwischen, dass sie am Sonntag bei mehreren Razzien in der Hauptstadt zwei mögliche Komplizen des Todesschützen festnahm. Unklar ist, inwieweit der mutmaßliche Täter el-Hussein der islamistischen Szene zuzurechnen ist. Auch rund um den Tathergang sind noch einige Fragen offen.
El-Hussein war bereits früher straffällig
Medienberichten zufolge kann es als sicher gelten, dass der mutmaßliche Attentäter Omar Abdel Hamid el-Hussein heißt und den Behörden von früheren Straftaten her bekannt ist. Im November 2013 attackierte er in der S-Bahn einen Mann mit einem Messer. Dafür wurde er zu zwei Jahren Haft verurteilt. Erst vor zwei Wochen soll er nach Informationen des Rundfunksenders DR wieder aus dem Gefängnis freigekommen sein.
TV2 berichtet unter Berufung auf die Ermittlungsakten, dass el-Hussein damals auch einer psychologischen Untersuchung unterzogen wurde. Dabei wurde er für psychisch gesund befunden.
Medien und Polizei zufolge gibt es Hinweise darauf, dass el-Hussein Verbindungen zu kriminellen Banden hatte, obwohl er wohl kein Mitglied war. Er war angeblich ein talentierter Thai-Boxer, der an Wettkämpfen teilnahm. Insgesamt entsteht das Bild eines jungen Mannes, der auf die schiefe Bahn geriet. Vor der Messerstecherei, die el-Hussein ins Gefängnis brachte, versuchte er auf dem zweiten Bildungsweg seinen Schulabschluss nachzuholen. Er wollte Informatik studieren, war jedoch abgelehnt worden.
Die Familie stammt aus Palästina
Der Vater des Attentäters von Kopenhagen reagierte bestürzt auf die Tat seines Sohnes. "Ich bin genauso schockiert wie der Rest der Welt", sagte der Vater des 22-jährigen der Zeitung Jyllands Posten. Er habe erst durch einen Anruf der Polizei von den Attentaten seines Sohnes erfahren. Mehr wolle er nicht sagen. El-Hussein ist der Sohn palästinensischer Einwanderer. Er wurde in Kopenhagen geboren, ging dort zur Schule und hat einen kleinen Bruder. Die Eltern sind TV2 zufolge geschieden. In den Ermittlungsakten heiße es, el-Hussein stamme aus "einer ganz normalen Familie, in denen es den Kindern nie an etwas mangelte". Die Familie soll sich stark für Palästina engagiert haben, schreibt unter anderem die Zeitung Politiken, die in Husseins Umfeld recherchiert hat. Der junge el-Hussein hegte einen "Hass auf Israel", wie mehrere Medien übereinstimmend berichten.
Die Zeitung Berlingske will erfahren haben, dass der Attentäter im Gefängnis den Wunsch geäußert hatte, für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien zu kämpfen. Die Gefängnisbehörden hätten seinen Namen deshalb auf eine Liste radikalisierter Häftlinge in dänischen Gefängnissen gesetzt. Die Behörden bestätigten den Bericht nicht. Die Ermittler hatten nach der Tat erklärt, es gebe nach ersten Erkenntnissen keine Hinweise darauf, dass der mutmaßliche Täter Verbindungen zum IS gehabt habe.
Zwei mutmaßliche Komplizen wurden dem Haftrichter vorgeführt
Die beiden Männer, die am Sonntag festgenommen wurden, sollen el-Hussein nach seinem Anschlag geholfen haben. Ob sie an den Planungen beteiligt waren, ist dagegen unklar. Sie wurden inzwischen dem Haftrichter vorgeführt - die Anhörung fand hinter verschlossenen Türen statt. Man lege ihnen "Beihilfe zum Mord" zur Last, erzählte ein Verteidiger der beiden dem Rundfunksender DR. Sie sollen el-Hussein demnach versteckt und ihm geholfen haben, eine Tatwaffe zu beseitigen. Terroristische Verbrechen werden ihnen aber nicht vorgeworfen.
Bilder:Eindrücke einer dramatischen Nacht
Der mutmaßliche Attentäter von Kopenhagen ist tot. Zuvor erschießt er zwei Menschen und verletzt mehrere. Bilder der turbulenten Ereignisse.
Fragen rund um den Tathergang
Der Polizei zufolge hat der 22-Jährige am Samstag um 15.33 Uhr mit einer automatischen Waffe etwa 40 Schüsse auf ein Kulturcafé abgefeuert, in dem gerade eine Diskussionsveranstaltung zum Thema "Kunst, Blasphemie und Meinungsfreiheit" stattfand. Ein 55-jähriger Besucher der Veranstaltung starb, drei Beamte wurden verletzt. Die Polizei sucht noch Zeugen, die den Attentäter auf seinem Weg zum Café gesehen haben könnten. Er entkam nach der Schießerei mit einem gestohlenen Polo.
Der Weg des Täters muss noch rekonstruiert werden
Anhand von Videoüberwachungsbändern haben die Ermittler rekonstruiert, dass er anschließend in eine Wohnung ins Einwandererviertel Nørrebro fuhr, wo er sich etwa 20 Minuten aufhielt. Um 16:37 verließ er die Wohnanlage. Wo er danach war, ist unklar. Zwischen den Anschlägen zog er seine Jacke aus, vermutlich um sein Aussehen zu verändern.
Gegen ein Uhr in der Nacht zu Sonntag attackierte er dann eine Synagoge. Er erschoss einen 37-jährigen Mann aus der Gemeinde, der an diesem Abend als Türsteher für eine Bat-Mizwa-Feier arbeitete, zwei Polizeibeamte wurden verletzt.
Am frühen Sonntagmorgen stellte die Polizei den 22-Jährigen dann bei der Wohnung in Nørrebro, die seit 23 Uhr observiert wurde. Er wehrte sich und starb bei dem folgenden Schusswechsel. Bei dieser letzten Schießerei feuerte der 22-Jährige mit zwei Pistolen. Die automatische Waffe, die er wahrscheinlich bei der Attacke auf das Café verwendet hatte, fanden die Beamten später in einem Park.