Recycling:Wie Barcelona an der Einführung einer Müllabfuhr scheiterte

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Die meisten Spanier bringen ihren Müll bislang zu Containern an Straßenecken. (Foto: REUTERS)

Was für viele Deutsche eine Selbstverständlichkeit ist, finden einige Menschen in spanischen Großstädten unerhört: Dass man den Müll nach Sorten getrennt zu einer bestimmten Zeit vor die Tür stellt.

Von Karin Janker, Barcelona

Den Vorwurf des "Ökofaschismus" muss sich Barcelonas linke Bürgermeisterin Ada Colau anhören, seit sie auf die Idee kam, im Viertel Sant Andreu mit seinen niedrigen Häusern und ruhigen Gassen eine Müllabfuhr einzuführen: montags Altpapier und Biomüll, mittwochs Biomüll und Verpackungen, donnerstags Restmüll und samstags wieder Biomüll und Verpackungen. Mit einer Tabelle und bunten Punkten wollte man es den Menschen in Sant Andreu leicht machen, sich zu merken, an welchem Abend sie welchen Müllsack vor die Tür stellen sollten. Der Versuch ist gescheitert.

"Fanatisch" sei dieses System, heißt es vom Nachbarschaftsverband Sant Andreu Nord. Im Süden des Viertels ist die Stimmung nicht besser. "Stellen Sie sich vor: Überall Müllsäcke, wie eklig das aussieht, und dann die Ratten", sagt eine Frau, die im Bioladen arbeitet. Sie sei sehr fürs Recyceln, aber doch nicht so.

"Porta a porta" heißt das System auf Katalanisch, von Tür zu Tür. Sant Andreu war Pilotprojekt, in vier Jahren soll in ganz Barcelona der Müll getrennt und abgeholt werden. Dieses System unterscheidet sich ganz grundsätzlich von der Art, wie die meisten Spanier sich bislang von ihrem Müll trennen: Sie bringen ihn zum Container an der Straßenecke. Wobei das mit dem Trennen nicht ideal funktioniert. Zwar gibt es da Restmüll, Altpapier, Verpackungen und Biomüll, aber allzu oft liegt drinnen alles durcheinander. Im Biomüll fände sich etwa 14 Prozent sogenannter Fehlwurf, bei den Verpackungen sogar ein Viertel, heißt es von der katalanischen Abfall-Agentur.

Für Barcelona ist das ein Problem, denn die EU gibt bis 2025 eine Recyclingquote von 55 Prozent vor. Barcelona schafft gerade einmal 38 Prozent. Studien legen nahe, dass die Straßencontainer dazu einladen, es mit dem Mülltrennen nicht allzu genau zu nehmen. In anderen Gemeinden hat die Einführung einer Müllabfuhr bereits renitente Verweigerer zum Trennen gebracht. Vor allem dann, wenn der Restmüll nur einmal pro Woche abgeholt wird. Das erhöht den Anreiz, nicht alles in diesen Sack zu stopfen.

In Barcelona scheint man immun gegen derlei Erziehungsversuche. In den Straßen von Sant Andreu türmten sich gelbe Säcke mit Verpackungen an jenen Tagen, an denen der Restmüll dran war, und Biomüll entfaltete sein Odeur neben dem Hauseingang von Restmüll-Donnerstag bis Biomüll-Samstag. Die Müllwerker versahen die liegen gelassenen Säcke noch mit dem Aufkleber "Nicht abgeholt", der doch nur das Offensichtliche mitteilte. Besonders fies: Im Zuge des neuen Systems hat Barcelona seine Müllbeutel mit QR-Codes ausgestattet, mittels derer jeder Sack seinem Eigentümer zuzuordnen ist. Eigentlich sollte so denen, die brav trennen, ein Rabatt auf die Müllgebühr gutgeschrieben werden, heißt es von der Stadt. Doch so weit kommt es nun nicht.

Unterschriften wurden gesammelt, Nachbarn mobilisiert, Transparente aufgehängt, um diese unwürdigen Zustände zu beenden. Mit Erfolg. Statt Ende Oktober Phase zwei von "Porta a porta" einzuleiten, ließ die Stadtverwaltung nun eilends die alten Container wieder in den Straßen aufstellen. Ada Colau verspricht Bürgerdialog und einen Aufschub der nächsten Phase. Ein neuer Termin steht nicht fest.

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