Die Aussichten für das Misstrauensvotum waren von vornherein schwach, schließlich hat die konservative Nea Dimokratia (ND) eine komfortable Mehrheit im griechischen Parlament. Und die Fraktion stand zuletzt zumindest nach außen hin fest und geschlossen zu ihrem Regierungschef. Dennoch stellte Oppositionsführer Alexis Tsipras, Vorsitzender der linken Syriza, unbeirrt seinen Misstrauensantrag gegen Premier Kyriakos Mitsotakis. Am Freitagnachmittag ist er damit gescheitert.
Ein Verbleib von Mitsotakis an der Macht, so hatte Tsipras zur Begründung seines Antrags gesagt, sei "gefährlich für die Demokratie" und für die "Sicherheit des Landes". Mitsotakis habe in den vergangenen sechs Monaten immer wieder gelogen: In dem Zeitraum waren stets neue Details zu einer Abhöraffäre ans Licht gekommen, die auch als "griechisches Watergate" bezeichnet wird. Demnach hat der griechische Geheimdienst eine Reihe von Journalisten und Politikern abgehört, auch aus den Reihen der Regierungspartei. Zudem gab es Angriffe auf Mobiltelefone mit einer neuartigen, illegalen Spionagesoftware. Die Beteuerungen des Premiers, all das sei ohne sein Wissen und Zutun geschehen, wollte ihm Tsipras nicht durchgehen lassen: "Sie haben alles gewusst."
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Mitsotakis gab sich betont gelassen. Er habe den Syriza-Chef schon seit Monaten geradezu angefleht, ein Misstrauensvotum zu beantragen, sagte Mitsotakis am Mittwoch im Parlament: Das sei nicht zuletzt "eine sehr gute Gelegenheit, unsere beiden Amtszeiten zu vergleichen". Vor Mitsotakis' Amtsantritt hatte Tsipras das Land von 2015 bis 2019 als Premierminister regiert.
Der heutige Arbeitsminister und der Armeechef sollen abgehört worden sein
In seiner Begründung für den Misstrauensantrag berief sich der heutige Oppositionsführer auf Informationen, die er von der unabhängigen Behörde für Kommunikationssicherheit und Datenschutz (ADAE) erhalten habe. Demnach seien unter den Abgehörten unter anderem der heutige Arbeitsminister Konstantinos Hatzidakis als auch eine Reihe hochrangiger Militärs einschließlich des Armeechefs gewesen.
Der Chef der ADAE war zuletzt immer stärker unter Druck aus dem Regierungslager geraten; mehrere ND-Vertreter warfen ihm vor, politisch voreingenommen zu sein. Der Generalstaatsanwalt drohte ihm strafrechtliche Konsequenzen an, sollte er seine Ermittlungen zu den Abhörvorwürfen fortsetzen.
In der Parlamentsdebatte vor dem Votum sagte Mitsotakis am Freitag, die Justizbehörden würden alle fraglichen Vorgänge aufklären. Zudem gab er sich zuversichtlich, dass er bei den im Frühjahr anstehenden Wahlen den Auftrag für eine zweite Amtszeit erhalten werde. Und ein solcher Wahlsieg, so Mitsotakis, werde sicherstellen, dass die "Demokratie geschützt" werde. Der Misstrauensantrag wurde dann mit 156 von 300 Stimmen abgelehnt - exakt so viele Sitze hat die ND im Parlament.