Missbrauch in der katholischen Kirche:Benedikt XVI. erklärt Falschangabe im Gutachten mit "Versehen" von Freunden

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Joseph Ratzinger, der emeritierte Papst Benedikt XVI., auf einem Foto aus dem Juni 2020 (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Joseph Ratzinger schreibt in einem Statement, seine Darstellung als "Lügner" habe ihn "tief getroffen". Außerdem bittet er bei "allen Opfern sexuellen Missbrauchs" um Entschuldigung.

Von Bernd Kastner

Joseph Ratzinger, der emeritierte Papst Benedikt XVI., erklärt seine Falschangabe im Münchner Missbrauchsgutachten mit einem "Versehen". Der frühere Münchner Erzbischof hatte in einer Stellungnahme an die Gutachter geschrieben, er sei bei einer entscheidenden Ordinariatssitzung im Januar 1980, als es um die Aufnahme eines pädophilen Priesters im Erzbistum ging, nicht dabei gewesen. Die Gutachter aber wiesen nach, dass Ratzinger doch dabei war; dies räumte er wenig später auch ein. Nun erklärt Ratzinger in einem heute veröffentlichten Statement, dass eine kleine Gruppe von "Freunden" seine 82-seitige Stellungnahme "selbstlos" verfasst habe. Bei der "Riesenarbeit" sei ein Versehen passiert. Dieser Fehler "war nicht beabsichtigt und ist, so hoffe ich, auch entschuldbar". Ratzinger schreibt, in alter Rechtschreibung, über die Reaktion auf die Falschangabe: "Daß das Versehen ausgenutzt wurde, um an meiner Wahrhaftigkeit zu zweifeln, ja, mich als Lügner darzustellen, hat mich tief getroffen." Umso dankbarer sei er für die Ermutigungen, die er in den vergangenen Tagen ebenso erhalten habe.

Mit Blick auf die vielen Betroffenen, die sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche erfahren haben, schreibt Ratzinger: Wie bei persönlichen Begegnungen mit Betroffenen könne er "nur noch einmal meine tiefe Scham, meinen großen Schmerz und meine aufrichtige Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen Mißbrauchs zum Ausdruck bringen". Er habe in der Kirche große Verantwortung getragen. "Umso größer ist mein Schmerz über die Vergehen und Fehler, die in meinen Amtszeiten und an den betreffenden Orten geschehen sind."

Dem emeritierten Papst, der von 1977 bis 1982 als Erzbischof von München und Freising amtierte, werden im Missbrauchsgutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl Fehlverhalten in vier Missbrauchsfällen vorgeworfen.

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:"Der Herr Kardinal ist einverstanden"

Der emeritierte Papst beteuert, er habe als Erzbischof in München nichts über Missbrauchsfälle erfahren. Die Gutachter aber finden in den Akten viele Belege, dass Joseph Ratzinger davon gewusst haben muss.

Von Bernd Kastner, Nicolas Richter und Annette Zoch

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