Mike Pompeo:Minister fürs Äußerste

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Mike Pompeo wird neuer Außenminister, ein Mann, über den die Gesandten in Washington mit einem Gruseln in der Stimme sprechen. (Foto: Andrew Harrer/Bloomberg)

Der hemdsärmelige CIA-Direktor Mike Pompeo folgt Rex Tillerson als US-Außenminister. Präsident Trump verstört damit mal wieder seine Kritiker - aber eben auch nur die.

Von Hubert Wetzel, Washington

Außenminister Rex Tillerson war gerade in Afrika unterwegs, in einem der Länder, die sein Präsident unter dem Begriff "Shithole Countries" zusammengefasst hatte, als er erfuhr, wie überflüssig er ist. Bei einem Gespräch im Weißen Haus mit Abgesandten aus Südkorea hatte Donald Trump spontan beschlossen, dass es doch eine prima Sache sein könnte, sich mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un zu treffen.

Der Präsident hielt es nicht nur für unnötig, vorher seinen Außenminister zu informieren oder gar um Rat zu fragen, er überließ es auch einem Beamten aus Seoul, in Washington vor die Presse zu treten und eine der spektakulärsten Wenden in der Geschichte der US-Außenpolitik zu verkünden.

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Via Twitter entlässt der US-Präsident seinen Chef-Diplomaten. Der designierte Nachfolger Pompeo war bislang CIA-Chef und sieht die Welt in ähnlichen Kategorien wie Trump. Was dies für das Machtgefüge der Regierung und die Nordkorea-Politik bedeutet.

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Das war nicht respektvoll gegenüber Rex Tillerson, aber immerhin war es ehrlich. Denn was immer Trump vor gut einem Jahr dazu getrieben haben mag, den Ölmann Tillerson aus Texas zum Minister zu machen, davon war längst nichts mehr übrig. Es gab kaum ein Thema, bei dem der Präsident und sein Minister nicht über Kreuz lagen, und Trump fand bald einen destruktiven Gefallen daran, das der Welt auch immer laut mitzuteilen.

Ausländische Diplomaten mussten nur Trumps Twitter-Nachrichten lesen, um zu erfahren, dass der amerikanische Außenminister bezüglich Amerikas Außenpolitik nichts mitzureden hat. Tillerson "verschwendet seine Zeit", wenn er Nordkorea mit Diplomatie einhegen wolle, kommentierte der Präsident mal. Das war, als Trump selbst dem "Raketenmann" in Pjöngjang noch mit Krieg drohte und bevor er auf die Idee mit dem Gipfeltreffen mit Kim kam.

Nordkorea ist für Trump wie ein weiterer Immobiliendeal

Von dem war wiederum Tillerson nicht begeistert. Der Minister bevorzugte den traditionellen Ablauf solcher Verhandlungen - multilaterale Gespräche, eine verifizierbare Vereinbarung, dann vielleicht mal ein Gipfel, all so was.

Für Trump ist das Nordkorea-Ding hingegen mal wieder wie ein Immobiliendeal, den der Chef lieber persönlich abschließt. Er kann es ja ohnehin besser als die Gestalten in seinem Kabinett. Tillerson störte dabei, sein Rauswurf am Dienstag und die Berufung von CIA-Direktor Mike Pompeo ins State Department (beides per Twitter natürlich) waren also nur konsequent.

Man kann das, was gerade in Washington passiert, auf zwei unterschiedliche Arten interpretieren. Die eine: Trump ist im freien Fall, und irgendwann kommt der Aufschlag. Die "Erwachsenen", wie sie in der Hauptstadt genannt werden, die Vernünftigen und Gemäßigten, die mit Sorge sehen, wie Trump außen- und innenpolitisch herumfuhrwerkt, drängen zum Ausgang.

Vor ein paar Tagen warf Gary Cohn hin, Trumps führender Wirtschaftsberater. Zuvor hatte der Präsident über seinen Kopf hinweg Importzölle auf Stahl und Aluminium verhängt, in einer ähnlichen improvisierten Aktion wie der, in der er kurz danach sein Treffen mit Kim festzurrte.

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Staatsekretär Goldstein muss gehen, nachdem er sich kritisch über den Rauswurf seines Chefs geäußert hat. Tillerson übt sich bei einem Presseauftritt in beredtem Schweigen.

Jetzt folgt also Tillerson. Und nach allem, was man hört, stehen auch Trumps Stabschef John Kelly und sein Sicherheitsberater H. R. McMaster kurz davor, rausgeworfen zu werden oder die Brocken hinzuschmeißen. Gehen sie auch, bleiben nur Hardliner und Ideologen zurück, die einen Präsidenten beraten, der für das simple Weltbild und die brachialen Ratschläge von Hardlinern und Ideologen durchaus sehr anfällig ist.

Leute mithin wie Mike Pompeo, der künftige Außenminister. Westliche Gesandte in Washington reden über den ehemaligen Kongressabgeordneten stets mit einem leichten Gruseln in der Stimme. Pompeo gilt als harter Hund, der nicht viel weiß über die Rolle, die Amerika in der Welt spielt, den das ganze Gewese um Verbündete und Allianzen und völkerrechtliche Verpflichtungen aber auch nicht besonders interessiert. Pompeo denke in anderen, weniger sympathischen Kategorien, sagt ein Diplomat: nationale Interessen und militärische Macht.

Damit ist man bei der zweiten Interpretation der Vorgänge in Washington. Sie lautet: Trump schwimmt sich frei. Er wirft die Fesseln ab, die ihm das Establishment anlegen wollte, indem es ihn mit lauter untrumpischen Beratern umstellte. Die ersetzt Trump nun durch Leute, die zu ihm passen. Und er macht, was er will.

Trumps Wähler sind ohnehin begeistert

Das ist eine verbreitete Sichtweise in den USA, und sie löst bei vielen weit weniger Fassungslosigkeit aus, als das etwa in Europa der Fall ist. Die Republikaner, einst die Partei, die für Freihandel eintrat und Amerika als Führungs- und Ordnungsmacht in der Welt sah, hat Trumps Schwenk hin zu Protektionismus und Isolationismus ohne größeres Geschrei mitgemacht. Es gibt ein Grüppchen renitenter Republikaner, die auch jetzt wieder motzen, doch es sind immer die gleichen, und ihr Einfluss ist gering.

Trumps Wähler sind ohnehin begeistert. Sie sehen, was sie sehen wollen und was Trump immer sein wollte: ein Präsident, der nicht buckelt, sondern auf den Tisch haut. Hoffentlich geht dabei was zu Bruch.

Seine Kritiker können sich daher noch so sehr empören. Ein Handelskrieg, der die Freunde in Europa trifft, ein Gipfel mit einem Diktator, der sein Volk quält, Minister- und Beraterabgänge - für Trump sind es gerade die besten Tage seiner Amtszeit. Trump ist endlich Trump.

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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