Das Timing des US-Präsidenten ist wieder mal sensationell. Um vier Uhr morgens Washingtoner Zeit war Außenminister Rex Tillerson von einer Afrika-Reise zurückgekehrt, und keine vier Stunden später gibt Donald Trump dessen Entlassung bekannt. Via Twitter dankt er Tillerson "für dessen Dienst" und benennt gleich den Nachfolger. Der 54-jährige Mike Pompeo, bisher Chef des Auslandsgeheimdiensts CIA, soll neuer US-Außenminister werden. Über diese Rochade war seit Monaten spekuliert worden, doch der genaue Zeitpunkt überrascht doch.
Dies sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um den Tillerson-Rauswurf.
Warum war Trump eigentlich so unzufrieden mit Rex Tillerson?
Eigentlich gab es wohl nur eine Sache, die Donald Trump wirklich schätzte an Rex Tillerson: sein Aussehen. Tillerson sieht mit seinen grauen Haaren aus wie ein Staatsmann und der ehemalige Reality-TV-Star Trump konnte sich kurz vor seiner Amtsübernahme wohl gut vorstellen, dass der langjährige Chef des Ölkonzerns Exxon Mobil die USA gut in der Welt vertreten würde.
Doch die Probleme zwischen den beiden Millionären und Polit-Neulingen wurden schnell offensichtlich. Tillerson, der etwa von Condoleezza Rice empfohlen wurde, glaubt an das Grundwerkzeug der Diplomatie, nämlich an Gespräche. Indem Trump seinen Schwiegersohn Jared Kushner die Zuständigkeit für die Beziehungen zu China und Mexiko sowie für den Nahen Osten übertrug, zeigte der US-Präsident, wie wenig Macht sein eigentlicher Außenminister hatte.
Von Beginn an machte Trump Tillerson mit Tweets das Leben schwer, der konservative Senator Bob Corker sagte gar, dass der Präsident seinen Minister auf diese Art "kastrieren" wolle. Im Oktober eskalierte die Situation. Tillerson war damals in Asien unterwegs, um mit China über Nordkorea zu verhandeln, als Trump zum Smartphone griff und seinem "wundervollen" Außenminister anwies, seine Zeit nicht zu verschwenden. Verhandlungen mit dem kleinen Raketenmann, also mit Kim Jong-un, seien Zeitverschwendung.
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Ende Oktober wurde bekannt, dass Tillerson seinen Chef schon im Sommer als "moron" bezeichnet haben soll. Von "Trottel" bis "Schwachkopf" reichen die Übersetzungen dieses Begriffs, und schon damals wunderten sich viele, dass Tillerson weiter im Kabinett bleiben durfte. Er ignorierte die Gerüchte über seine Ablösung und hätte auch gern weiter an der Spitze des State Department gestanden. Kurz vor seinem Rauswurf hatte Tillerson Russland noch für den Giftgasanschlag auf den Ex-Doppelagent Skripal in Großbritannien verantwortlich gemacht.
Minuten nach Trumps Tweet teilte ein Sprecher mit, dass Trump vor seiner Entscheidung nicht mit dem 65-jährigen Texaner gesprochen und ihm auch keine Gründe genannt habe. Die Washington Post meldet hingegen, dass Trump Tillerson am Freitag gebeten habe, sein Amt zu räumen, weshalb der Außenminister seine Afrika-Reise verkürzt habe. Dass es an dieser Darstellung Zweifel gibt, verwundert nicht angesichts der vielen Lügen, die aus dem Weißen Haus kommen.
Was erhofft sich Trump vom neuen Außenminister Pompeo?
Immer wieder war in US-Medien zu lesen, dass Tillerson nach Trumps Geschmack nicht unterwürfig genug gewesen sei. Das persönliche Verhältnis des Präsidenten zu Mike Pompeo ist deutlich besser, zumal sich die beiden öfter sehen. Als CIA-Chef war Pompeo dafür verantwortlich, Trump das "daily intelligence briefing" zu geben, also ihn über die globale Bedrohungslage zu informieren. Kritik oder Widerworte, so ist zu hören, kamen nie von Pompeo - hingegen bestätigte der bisherige CIA-Chef oft die Meinung des Präsidenten. Laut Politico redeten die beiden Männer oft über andere Themen - etwa die Stimmung im US-Kongress - und regelmäßig bittet der Präsident den CIA-Chef, ihn zu seinem nächsten Termin zu begleiten.
Anders als der Ex-Manager Tillerson, der keine Erfahrung in Politik, Verwaltung oder Militär vorzuweisen hatte, kennt Pompeo den Washingtoner Politbetrieb gut. Der Mann aus Kansas saß sechs Jahre im Repräsentantenhaus und gehörte zu jenen Republikanern, die Hillary Clinton wegen der Bengasi-Affäre jahrelang traktierten - ähnlich wie Trump traut Pompeo der Demokratin so ziemlich alles zu. Als umgänglicher Diplomat ist er nicht aufgefallen - allerdings äußerte er sich als Abgeordneter sehr kritisch gegenüber Moskau.
Pompeo ist ein Hardliner, der den Einsatz von Folter verteidigt und stets dafür plädiert hat, das US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba weiter zu betreiben. Einen ähnlichen Vorschlag machte Trump Ende Januar in seiner Rede zu Lage der Nation. Und noch etwas schätzt der US-Präsident sehr an Pompeo: Dieser sei stets bereit, ihn in den sonntäglichen Talkshows zu verteidigen und mache dabei eine gute Figur.
Wie verändert sich das Machtgefüge in der US-Regierung?
Wer wie viel Einfluss innerhalb der Trump-Regierung besitzt, ändert sich laufend. Eines kann man jedoch sagen: Rex Tillerson gehört nie wirklich zu den Mächtigen, andere Minister wie Pentagon-Chef Jim Mattis sind deutlich einflussreicher. Im November, als erste Texte über die anstehende Rochade erschienen, war etwa in der New York Times zu lesen, dass Stabschef John Kelly lange an Tillerson festhalten wollte, bevor er einsah, dass das permanente Gezanke zwischen Außenministerium und Regierungszentrale die interne Stabilität zu sehr bedrohe.
Wegen der oben beschriebenen persönlichen Nähe zu Trump dürfte Mike Pompeo direkt nach seiner Bestätigung im Senat (mit 51 zu 49 Stimmen haben Trumps Republikaner hier eine hauchdünne Mehrheit) gleich deutlich mächtiger sein als es Tillerson je war. Pompeo kommt zugute, dass er in vielen Themen ähnlich denkt wie Trump: Gegen den Nukleardeal mit Iran kämpft auch Pompeo seit Langem.
Diesen Punkt hob Trump, der am 12. Mai erneut über einen Ausstieg Washingtons aus dem internationalen Abkommen entscheiden muss, am Dienstag in Gesprächen mit Reportern hervor: "Rex und ich waren uns in manchen Dingen uneinig, etwa dem Iran-Deal. Mit Mike ist das nicht so, wir haben eine ganz ähnliche Herangehensweise."
Wenn man die Kategorie der "Erwachsenen", die Trump in Schach halten sollen und zu der neben Stabschef Kelly und dem eben zurückgetretenen Wirtschaftsberater Gary Cohn auch Tillerson gehörte, bemühen möchte, so wird dieser Flügel weiter geschwächt. Pompeo gilt zwar als professionell und kompetent, aber doch auch eher als Ideologe und loyaler Trump-Unterstützer.
Was bedeutet das alles für den Nordkorea-Konflikt und den möglichen Gipfel mit Kim?
Der personelle Umbau geschieht in einer heiklen Phase der US-Außenpolitik. Erst in der vergangenen Woche hatte der US-Präsident einem Gipfeltreffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un zugestimmt. Auch hier war deutlich geworden, dass Trump nicht auf Tillerson hört. Dieser hatte kurz zuvor noch öffentlich erklärt, dass es weder "realistisch" noch "umsichtig" wäre, mit Kim Gespräche zu führen. Er hatte darauf verwiesen, dass es zunächst Vorgespräche geben müsse und sorgfältige Planungen nötig seien. Sollte Trump diese Aussagen überhaupt wahrgenommen haben, so hat er sie ignoriert.
Noch im Herbst hatte Mike Pompeo betont, dass es "keine Zugeständnisse" gegenüber Nordkorea geben dürfe. Trumps damalige konfrontative Haltung inklusive Beleidigungen und Geraune über die Größe des Atomknopfs hatte Pompeo gutgeheißen. Da er nun das Amt des Außenministers übernimmt, ist davon auszugehen, dass Pompeo die Kehrtwende Trumps im Umgang mit Nordkorea goutiert oder zumindest bereit ist, sie mitzutragen und für sie zu werben. Wie genau das Treffen, das für Mai angesetzt ist, vorbereitet werden soll, scheint weiter unklar.
Und hier erbt Pompeo ein Problem, für das viele Beobachter Rex Tillerson verantwortlich machen: Das US-Außenministerium ist personell ausgehöhlt, viele Top-Posten sind nicht mit Experten besetzt und viele Karriere-Diplomaten haben aus Frust gekündigt. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur demokratische Senatoren Pompeo bei dessen Anhörung zu diesem Themenkomplex löchern werden.
Sollte es Pompeo versuchen oder sollte es ihm gar gelingen, die offenen Stellen im State Department nachzubesetzen und die Anerkennung für die Arbeit der Diplomaten wieder zu steigern, wäre dies eine enorme Verbesserung. Denn ansonsten gilt weiterhin der erschreckend offene Satz, mit dem Verteidigungsminister Jim Mattis an die Bedeutung der Diplomaten zur Verhinderung von Kriegen erinnerte: "Wenn ihr das Außenministerium nicht mit genügend Geld ausstattet, muss ich mehr Munition anschaffen."