Unterzeichnung von UN-Absichtserklärung:Streit über Migrationspakt löst Regierungskrise in Belgien aus

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In politischer Not: Belgien Regierungschef Charles Michel in Brüssel. (Foto: REUTERS)
  • Die Regierungskoalition in Belgien steht wegen eines Streits über den UN-Migrationspakt vor dem Aus.
  • Ministerpräsident Charles Michel hat sich für das rechtlich nicht bindende Abkommen stark gemacht - und damit den Austritt von flämischen Nationalisten aus seiner Regierungskoalition provoziert: Sie lehnen den UN-Vertrag kategorisch ab.
  • Michel will seine Arbeit nun an Spitze einer Minderheitsregierung fortsetzen.

In Belgien zeichnet sich im Streit um den Migrationspakt der Vereinten Nationen eine handfeste Regierungskrise ab. Nach dem Austritt der Nationalisten von der flämischen N-VA aus der Vier-Parteien-Koalition will der liberale Ministerpräsident Charles Michel seine Arbeit an der Spitze einer Minderheitsregierung fortsetzen. Die N-VA ist die größte Partei im Parlament; sie hatte sich aus der Regierung verabschiedet, weil Michel daran festhält, am Montag den rechtlich nicht bindenden Migrationspakt bei einem UN-Treffen in Marrakesch unterzeichnen zu wollen.

Michel schlug nach einer Krisensitzung am Samstagabend vor, die drei Minister der N-VA durch Staatssekretäre zu ersetzen, um "die Kontinuität und die Funktionsfähigkeit unserer Institutionen zu gewährleisten". Er bekräftigte noch einmal, dass er trotz des Widerstands der N-VA nach Marrakesch fliegen werde und nach seiner Rückkehr mit dem Parlament über die Regierungskrise beraten wolle.

Bei der Krisensitzung sollte eigentlich ein Ausweg aus der Krise gefunden werden. Der N-VA-Vorsitzende Bart De Wever sagte nach der Sitzung, wenn seine Partei in der Regierung "keine Stimme" mehr habe, dann habe es auch "keinen Zweck" mehr weiterzumachen. Am Sonntag bestätigte Belgiens Innenminister und Vize-Regierungschef Jan Jambon den Austritt aus der Koalition: "Ich glaube, dass wir, formal gesprochen, zurücktreten", sagte Jambon dem flämischen Sender VRT.

Beim UN-Migrationspakt handelt es sich um eine rechtlich nicht bindende Absichtserklärung, mit deren Hilfe illegale Einwanderung verhindert und legale Einwanderung besser gesteuert werden soll. Das internationale Regelwerk soll bei einer Konferenz am Montag und Dienstag in Marrakesch angenommen werden, zu der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fährt.

Das Parlament in Brüssel sprach sich für den Migrationspakt aus

Die N-VA macht seit Wochen Stimmung gegen den UN-Migrationspakt. Die drei anderen Koalitionspartner stehen jedoch hinter dem Abkommen: Neben der liberalen wallonischen Partei von Regierungschef Michel unterstützen auch die flämischen Liberalen und die Christdemokraten den Migrationspakt.

Michel hatte wegen des Streits am Dienstag angekündigt, das Parlament um eine Stellungnahme zu bitten. Dieses sprach sich am Donnerstag mit einer großen Mehrheit von 107 zu 36 Stimmen für den Migrationspakt aus. Neben der N-VA stimmte nur die fremdenfeindliche Partei Vlaams Belang dagegen.

Kritiker sehen in dem Vorgehen der N-VA ein Wahlkampfmanöver. Im Mai stehen in Belgien Parlamentswahlen an. Beobachter gehen nicht davon aus, dass sich an diesem Termin etwas ändert.

© SZ.de/AFP/dpa/Reuters/tba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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