Merkel in Bundestags-Fragestunde:"Wenn es nach mir geht, sollten wir diese Tabakwerbung verbieten"

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  • In ihrer vierten Regierungsbefragung äußert sich Bundeskanzlerin Merkel zu so unterschiedlichen Themen wie Klimaschutz, Abtreibung und dem Kampf gegen Rechts.
  • Besonders klar äußert sie sich auf eine Frage einer Grünen-Abgeordneten zur Tabakwerbung.

Von Barbara Galaktionow und Christian Simon

Gottfried Curio will über den Kampf gegen rechts diskutieren. Der AfD-Abgeordnete fragt, ob Kanzlerin Angela Merkel sich wie ihr Parteikollege Peter Tauber den Einsatz von Grundgesetzartikel 18 gegen rechts vorstellen könnte. Artikel 18 besagt, dass, wer die Freiheit der Meinungsäußerung, die Pressefreiheit, die Versammlungs- und andere demokratische Freiheiten "zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht", selbst diese Grundrechte verwirkt. Der Kampf gegen rechts benötige vor allem eine klare Abgrenzung, antwortet Merkel - dafür erhält sie fraktionsübergreifend Applaus. Den Einsatz von Artikel 18 will sie unbedingt vermeiden und als Ultima Ratio verstanden wissen.

Zum vierten Mal stellt sich die Kanzlerin im Bundestag einer Regierungsbefragung durch die Abgeordneten. Das Themenspektrum ist breit gefächert - es um Europa- und Klimapolitik ebenso wie um das Scheitern der Maut und die Befindlichkeiten im Osten Deutschlands.

Tabakwerbung stößt bei Merkel auf Ablehnung

Im Anschluss an den AfD-Politiker Curio möchte Martin Schulz - Ex-EU-Parlamentspräsident, Ex-SPD-Chef und Ex-Kanzlerkandidat, nun einfacher Abgeordneter - von der Kanzlerin wissen, ob sie nach wie vor hinter dem Spitzenkandidatenprozess bei der Wahl zum EU-Kommissionspräsidenten steht. Die Kanzlerin solle hinter verschlossenen Türen gesagt haben: "Wenn Weber raus ist, sind alle raus." Hier weicht Merkel der Frage aus: Sie unterstütze den Prozess weiterhin. Im Europäischen Rat würden aber im Vergleich zum Parlament andere Regeln gelten - und der Rat müsse den Kandidaten letzendlich vorschlagen. Sie hoffe, dass sich das mit dem Spitzenkandidatenprozess in Einklang bringen lasse. Ein klares "Ja" klingt anders.

Eindeutig hingegen Merkels Einlassung zur Frage zur Grünen Kirsten Kappert-Gonther: Deutschland sei das einzige Land in der Europäischen Union, das großformatige Tabakwerbung noch zulassen, kritisiert die Gesundheitspolitikerin. Wann werde endlich der Prävention Vorrang eingeräumt vor wirtschaftlichen Interessen? Merkel zeigt sich überzeugt, dass die Regierung hierzu bis Jahresende eine Haltung finden werde - und macht ihre eigene deutlich: "Wenn es nach mir geht, sollten wir diese Tabakwerbung verbieten."

Auch in Bezug auf die Aussagen ihres Parteikollegen Merz, Teile der Polizei und Bundeswehr wendeten sich der AfD zu, findet Merkel klare Worte. "Ich teile diese Aussagen von Friedrich Merz nicht", sagt sie. Die überwiegende Mehrheit der Polizisten und Soldaten tue Deutschland einen guten Dienst. Der neue Bundeshaushalt stelle eine deutliche Unterstützung dieser Behörden dar. Wenn es rechtsextreme Tendenzen gäbe, müsse man dagegen vorgehen.

"Nichts ein und nichts aus" schließt die Regierungschefin hingegen bei der Frage, wie es nach dem gerichtlichen Aus auf EU-Ebene für die deutsche Maut nun damit weitergeht. Denn der FDP-Verkehrsxperte Oliver Luksic wissen, ob das Projekt denn nun ganz vom Tisch sei oder in veränderter Form noch eine Rolle spielen könne.

Die Reform des Abtreibungs-Paragrafen 219a hält Merkel für Ausreichend

Angesichts von drei anstehenden Landtagswahlen und dem 30. Jahrestag des Mauerfalls im Herbst rutscht dieses Jahr Ostdeutschland verstärkt in den Blick. Der Linken-Abgeordnete Matthias Höhn konstatiert eine "hohes Maß an Frustration bei den Ostdeutschen" und nimmt als Ursache vor allem das Wirken der Treuhand in den Neunzigerjahren in den Blick. Sei es nicht Zeit, über das Wirken der Treuhand Bilanz zu ziehen? Nein, das findet Merkel nicht. Die Ostdeutschen hätten natürlich Enttäuschungen erlebt, viele hätten den Eindruck, dass ihre Lebensleistung nicht ausreichend gewürdigt worden sei. Doch als Ursache sehe sie nicht die Treuhand. "Deshalb bin ich sehr wohl bereit zu bilanzieren, aber nicht allein mit Blick auf die Treuhandanstalt."

Was ist Information, was Werbung bei Abtreibung? Das sieht FDP-Politikerin Katja Suding auch nach der Neufassung des Paragrafen 219a nicht geklärt. Der umstrittene Paragraf zum Werbeverbot für Abtreibungen wurde vor Kurzem reformiert, Ärzten sollte es nun erlaubt sein, darüber zu informieren, dass sie Abtreibungen durchführen - aber auch keinesfalls mehr. Plant Merkel, den Paragrafen noch mal anzufassen, nachdem Mitte Juni zwei Ärztinnen wegen ihres Eintrags auf einer Webseite verurteilt wurden? Die Antwort: Nein, Merkel hält die Lösung für ausreichend.

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