Marokko:Etwa 6000 Geflüchtete gelangen in Spaniens Exklave Ceuta

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Von Marokko aus sind bis Dienstagmorgen etwa 6000 Migranten in der spanischen Nordafrika-Exklave Ceuta angekommen. (Foto: Mohamed Siali/Imago/Agencia EFE)

Die Menschen, von denen etwa 1500 minderjährig sind, gelangten von Marokko aus an der Küste entlanglaufend oder schwimmend in die Stadt. Die marokkanische Polizei habe offenbar die Kontrolle der Grenze eingestellt, heißt es.

Etwa 6000 Geflüchtete - davon ungefähr 1500 Minderjährige - haben am Montag durch das Mittelmeer schwimmend oder bei Ebbe am Strand entlanglaufend von der marokkanischen Stadt Fnideq aus die spanische Nordafrika-Exklave Ceuta erreicht.

1600 Menschen seien bereits in das Nachbarland zurückgebracht worden, sagte Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska dem TV-Sender RTVE. Die Minderjährigen werden dagegen in der Regel nicht sofort zurückgeschickt. Auf marokkanischer Seite gebe es immer noch Menschen, die versuchen wollten, illegal nach Ceuta zu kommen, sagte der Minister. Die spanische Regierung habe zusätzlich 200 Polizisten nach Ceuta entsandt.

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Von Thomas Kirchner

Noch nie zuvor sind so viele Menschen binnen eines Tages in die kleine Exklave mit etwa 85 000 Einwohnern gekommen. Marokko hatte die Kontrolle der angrenzenden Strände ohne Erklärung ausgesetzt. Tausende nutzten die Chance, um an der Küste bis an den Grenzzaun zu gehen. Von dort mussten sie nur um eine Mole herumschwimmen, um nach Ceuta zu gelangen. Mindestens einer der Migranten, bei denen es sich überwiegend um Marokkaner handelt, ist dabei ertrunken.

Spanische Zeitungen schreiben von einer "Autobahn auf dem Meer"

Viele Marokkaner haben ihre Arbeit und Einkommen verloren, seit Marokko die Grenze zu Ceuta und der anderen spanischen Nordafrika-Exklave Melilla im März 2020 wegen der Corona-Krise geschlossen hat. Immer wieder demonstrierten Menschen für eine Öffnung der Grenze.

Die spanische Zeitung El País beschrieb die Lage vor Ceuta am Vortag als eine "Autobahn auf dem Meer". Die meisten der Ankommenden seien Männer, aber es seien auch Frauen und Familien mit Babys darunter gewesen. Einige hatten Schwimmringe oder kleine Schlauchboote dabei.

Als möglichen Grund für die Tatenlosigkeit der marokkanischen Polizei nannten spanische Medien die Verärgerung von Marokkos Regierung über den Fall Brahim Ghali. Ghali ist der Chef der Unabhängigkeitsbewegung "Polisario". Diese strebt nach Unabhängigkeit für die Westsahara, einem dünn besiedelten Gebiet an der afrikanischen Atlantikküste, das bis 1975 spanische Kolonie war, aber heute größtenteils von Marokko kontrolliert wird. Marokkos Regierung will der Region bestenfalls Autonomie zugestehen.

Die Regierung in Madrid hatte erlaubt, dass Ghali in einem spanischen Krankenhaus wegen einer Covid-19-Erkrankung behandelt wird und dafür humanitäre Gründe geltend gemacht. Das sah die marokkanische Regierung offenbar als Affront.

Im Dezember hatte der damals bereits abgewählte, aber noch amtierende US-Präsident Donald Trump Marokkos Souveränität über Westsahara anerkannt. Seither nehmen die Spannungen zwischen Marokko und europäischen Ländern, die Trumps Entscheidung kritisiert hatten, zu. So rief Rabat Anfang Mai zum Beispiel seine Botschafterin aus Berlin zurück.

© SZ/dpa/rtr/aner - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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