Vom Flugzeug bis zum Wetterballon:Wie der Himmel überwacht wird

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Jeder Staat kontrolliert den Luftraum über seinem Gebiet. Die Fluglotsen der Deutschen Flugsicherung beobachten vor allem das Gebiet bis elf Kilometer Höhe. Wer weiter oben fliegt, für den interessiert sich das Nationale Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Staatliche Kontrolleure sorgen nicht nur für Sicherheit im Flugverkehr, sie haben auch den Luftraum in großer Höhe im Blick.

Von Marco Völklein

In Langen bei Frankfurt steht wohl der einzige Tower auf der Welt, zu dem man hinuntergehen muss, und nicht hinauf. Ein paar Stufen über eine Metalltreppe führen hinab in einen abgedunkelten Raum. Eine kreisrunde, etwa vier Meter hohe Sperrholzwand zeichnet sich ab, eine Stahltür versperrt den Weg. Hat man diese passiert, ist man drin im Tower, dem Platz, an dem die Fluglotsen sitzen und den Flugverkehr steuern rund um diesen kleinen Flughafen, der irgendwo in Deutschland sein könnte.

In diesem 360-Grad-Tower-Simulator bildet die Deutsche Flugsicherung (DFS) ihren Nachwuchs aus. 18 Monate dauert die Grundausbildung in der Theorie und in verschiedenen Simulatoren, danach geht es zum "Training on the Job", also direkt in einen Tower oder in eine der bundesweit vier Flugkontrollzentralen, dann aber immer noch unter Aufsicht eines erfahrenen Lotsen. Erst nach etwa vier Jahren ist ein Fluglotse komplett einsatzbereit.

Und kontrolliert dann zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen den Luftraum über Deutschland. Zuständig ist dafür die DFS, eine 100-prozentige Tochter des Bundes; sie überwacht den Flugverkehr im Bereich des sogenannten Instrumentenflugs. Das bedeutet: Die Piloten fliegen nicht auf Sicht, so wie es zum Beispiel Sportflieger und Piloten von Rettungshelikoptern in der Regel bis zu einer Höhe von zumeist 800 Metern machen. Sondern sie orientieren sich an den Instrumenten im Cockpit - und richten sich nach den Anweisungen der Flugsicherung.

Arbeitsplätze bei der Deutschen Flugsicherung in Karlsruhe. (Foto: Uli Deck/dpa)

Die Lotsen begleiten einen Flug vom Start bis zur Landung, sie kontrollieren die An- und Abflüge an den Flughäfen und leiten Maschinen - sobald sie eine gewisse Höhe erreicht haben - auf Luftverkehrsstraßen, eine Art Autobahn der Lüfte, durch den Luftraum. Dabei greifen sie auf zahlreiche technische Hilfsmittel zurück: Per Funk geben die Lotsen den Piloten Höhe und Richtung vor; auf ihren Radarschirmen verfolgen sie die Bewegungen der Luftfahrzeuge. Mehr als 2,6 Millionen Flugbewegungen wurden so von der DFS im Jahr 2022 im deutschen Luftraum abgewickelt.

Unterschieden wird dabei das Primär- vom Sekundärradar, erläutert Ute Otterbein von der DFS. Beim Primärradar werden Radarsignale ausgesendet, die dann wiederum von einem Flugobjekt am Himmel reflektiert und vom Radar erkannt werden - sofern das Objekt groß genug ist. "Drohnen zum Beispiel können wir damit nicht erkennen", sagt Otterbein. Das Primärradar arbeitet bis zu einer Höhe von 38 000 Fuß, gut elf Kilometer.

Wer einen Wetterballon starten will, braucht eine Genehmigung

Zusätzlich kommt das sogenannte Sekundärradar zum Einsatz: Jedes Flugzeug, das in großen Höhen unterwegs sein möchte, ist mit einem Transponder ausgestattet, einer Art Sender. Dieser übermittelt unter anderem die Kennung der Maschine, beispielsweise "LH1234" für einen Flug der Lufthansa, sowie deren Höhe und Geschwindigkeit. Dieses Sekundärradar kann bis zu einer Höhe von etwa 66 000 Fuß oder 20 Kilometer Luftfahrzeuge erkennen, erklärt Otterbein. Möchte jemand einen Wetterballon aufsteigen lassen, im Fachjargon: ein "unbemannter Freiballon", muss er dafür zwar eine Genehmigung einholen und dies bei der Flugsicherung anmelden. Einen Transponder anbringen müsse er allerdings nicht, sagt Otterbein.

Was aber passiert, wenn ein Flugzeug kein Transpondersignal aussendet? Oder ein Flugobjekt in den Luftraum über 66 000 Fuß eindringt? Für solche Fälle wurde 2003 das Nationale Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum eingerichtet, die etwas umständliche Abkürzung lautet: NLFZ SiLuRa. In einer Kaserne in Nordrhein-Westfalen sitzen rund um die Uhr Vertreter unter anderem der Bundeswehr, der DFS, der Bundespolizei und des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zusammen und überwachen den Luftraum - auch in einer Höhe von mehr als 66 000 Fuß. "Wir können feststellen, wenn dort etwas ist", erklärt ein Sprecher des Zentrums Luftoperationen der Bundeswehr.

Sollte zum Beispiel ein DFS-Lotse zu einem in den deutschen Luftraum einfliegenden Flugzeug keinen Funkkontakt aufnehmen können, schaltet die Flugsicherung binnen weniger Minuten die NLFZ-Leute ein. Die können bis zu vier Kampfjets der Bundeswehr aufsteigen lassen, zwei Jets pro "Alarmrotte", um abzuklären, was los ist. Per Handzeichen nehmen die Luftwaffe-Piloten dann Kontakt mit dem (zivilen) Piloten auf. Per Funk können sie zudem das Lage- und Führungszentrum informieren - sollte sich beispielsweise der Verdacht eines terroristischen Anschlags erhärten, könnten die Behördenvertreter dort entsprechende Maßnahmen einleiten, etwa die Evakuierung von Atomkraftwerken. Nach Angaben der Bundeswehr steigen etwa ein- bis zweimal pro Monat Alarmrotten-Piloten auf, weil der Funkkontakt zu zivilen Flugzeugen fehlt.

Immer öfter aber kommen Bedrohungen des Luftraums gar nicht von außen, sondern aus dem Nahbereich von Flughäfen. Dort lassen Drohnenpiloten nach Angaben der DFS weit über 100 Mal pro Jahr illegal ihre privaten Drohnen, oft auch "Multikopter" genannt, aufsteigen. Der Frankfurter Flughafen musste nach einem solchen Vorfall im Mai 2019 seinen Betrieb für mehrere Stunden einstellen; der Londoner Airport Gatwick war Ende 2018 nach Drohnensichtungen sogar für drei Tage lahmgelegt.

Projekt der Bundeswehr-Universität: Eine Abwehrdrohne (rechts) schießt ein Netz auf eine kleine Drohne. (Foto: Marcus Brandt/dpa)

Wissenschaftler der Universität der Bundeswehr in Hamburg haben deshalb vor Kurzem gemeinsam mit Partnerfirmen das Projekt "Falke" vorgestellt - ein ziviles System zur Abwehr von Drohnen. Dabei erfasste das 1,40 Meter große und gut 18 Kilogramm schwere Gerät die gegnerische Kleindrohne mit verschiedenen Sensoren und verfolgte sie in der Luft. Nach der Freigabe durch einen Verantwortlichen schoss die Abwehrdrohne ein Netz ab, mit dem sie das fliegende Kleingerät einfing und kontrolliert zu Boden brachte.

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