"Loitering Munition":USA und Israel setzen auf "Kamikaze-Drohnen"

Lesezeit: 2 Min.

Kamikaze-Drohne "Hero" der israelischen Rüstungsfirma UVision (Foto: UVision)
  • Rüstungskonzerne entwickeln einen neuen Waffentypus - eine Mischung aus Drohne und Marschflugkörper.
  • Die Fluggeräte zerstören sich beim Einsatz, können aber zuvor über feindlichem Gebiet kreisen und Aufklärungsbilder funken wie Drohnen.
  • Vereinzelt sollen sie bereits von US-Truppen in Afghanistan eingesetzt werden.

Von Christoph Behrens

Die US-Soldaten geraten in einen Hinterhalt, von einem Hügel aus eröffnen Aufständische das Feuer. Da zieht ein GI ein Ding aus dem Rucksack, das aussieht wie ein Modellflugzeug. Aus einem kleinen Rohr heraus startet es rasend schnell Richtung Hügel, der Soldat schnappt sich ein Display und stiert hinein. "Wir haben keine Zeit", mahnen die Kameraden. Das Display zeigt Luftbilder, die das Miniflugzeug in Echtzeit liefert. Darauf sind jetzt die feindlichen Kämpfer zu erkennen. "Ich glaube ich erwische sie beide", schreit der Soldat. Das Flugzeug rast Richtung Boden und explodiert. "Two Down!" Das Display wird schwarz, die patriotische Musik lauter.

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Was das Werbevideo zeigt, könnte bald zum Standardinventar moderner Armeen werden. Zu sehen ist der Einsatz der "Kamikaze-Drohne" Switchblade. Oder, wie Hersteller AeroVironment es ausdrückt, "eine tragbare, außerhalb des Sichtbereichs operierende Präzisionsschlag-Lösung mit minimalen Kollateraleffekten."

Man könnte das Switchblade auch eine tödliche Mischung aus Drohne und Marschflugkörper nennen. Die Fluggeräte zerstören sich beim Einsatz zwar wie Raketen, können aber zuvor über feindlichem Gebiet kreisen und Aufklärungsbilder funken wie Drohnen. Beschönigend heißen sie "Loitering Munitions", herumbummelnde Munition, weil die Piloten das Ziel erst während des Flugs festlegen. Die Ambivalenz der Waffen beginnt schon beim Namen: "Switchblade" bedeutet Klappmesser, eine verborgene Gefahr.

Für den Einsatz in dichtbesiedelten Gebieten gedacht

Vereinzelt soll die Drohne bereits von US-Truppen in Afghanistan eingesetzt werden. Anders als etwa ein Mörser lässt sich der Angriff der Kamikaze-Drohnen bis zu vier Sekunden vor der Detonation abbrechen. "In mehr als einem Dutzend Situationen hat die Abbruchtaste zivile Opfer verhindert", erklärte William Nichols, der beim US-Militär für die Entwicklung der Kamikaze-Drohnen zuständig ist, dem Rüstungsmagazin "C4ISR". Kürzlich testeten US-Marines das System nach Informationen der Washington Post auch erfolgreich von einem Helikopter aus.

Die US-Armee unterhält ein spezielles Forschungsprogramm, um die Entwicklung der Selbstzerstörer zu beflügeln. Das Switchblade ist das erste Ergebnis dieses "Lethal Miniature Aerial Munition System"-Programms, aber nicht das einzige. So bewirbt die Rüstungsfirma Textron Systems das Konkurrenzmodell BattleHawk mit "einer Reichweite von über fünf Kilometern und 30 Minuten". Lockheed Martin preist sein Terminator-Modell damit, dass Soldaten es "in weniger als 90 Sekunden" aus dem Rucksack kramen könnten. Die britische Armee lässt eine eigene Kamikaze-Drohne, die Fire Shadow entwickeln, die bis zu sechs Stunden über dem Ziel herumbummeln kann. Das israelische Modell Hero, bereits die zweite Kamikaze-Drohne Israels, wurde kürzlich auf einer Luftfahrtmesse in Paris vorgestellt. "Kleine, persönliche Loitering Munitions", verkündete der Boss der israelischen Rüstungsfirma UVision, "werden das nächste große Ding sein."

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Die in London ansässige Sicherheitsberatungsfirma "Hartland Capital" sieht die Kamikaze-Drohnen als "logisches Add-On für die gegenwärtige überwiegend unbemannte Kriegsführung". Der Trend in der Artillerie, schreibt ein Berater in einer Expertise, "geht unbestreitbar in Richtung Präzisionsschläge und Präzisionswaffen".

Die Industrie liefert damit einen unheimlichen Vorgeschmack auf die Zukunft der Drohnen. Sie werden kleiner, schneller, leichter und insgesamt ein bisschen persönlicher: Ein einzelner Soldat kann sie tragen, starten, steuern und damit auch einen einzelnen Gegner töten. Das Argument, die Drohnen richteten weniger Schäden unter der Zivilbevölkerung an, könnte den Drohnenkrieg sogar näher an die Bevölkerung rücken. Gerade die vermeintliche Genauigkeit könnte zum Einsatz in Städten verleiten.

"Die Kampfzonen sind dichtbevölkerte Gegenden, wo es schwierig ist, zwischen Kämpfern und Unbeteiligten zu unterscheiden", sagte ein ehemaliger israelischer Generalmajor dem Blog israeldefense.co.il. Kamikaze-Drohnen ermöglichten es, "näher ans Ziel zu gelangen, und dann den Angriff mit maximaler Genauigkeit auszuführen, wenn kein Schaden an Unbeteiligten zu erwarten ist."

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