Afrika:Wie Liberias Soldatenfrauen den Verteidigungsminister stürzen

Lesezeit: 2 min

Geraldine George, neue Verteidigungsministerin von Liberia und erste Frau in dem Amt. (Foto: Ministry of Defence Liberia)

Die Machtübergabe an die neue Regierung ist gelungen, aber der Verteidigungsminister muss nach hartnäckigen Protesten zurücktreten. Er hat sich offenbar die falschen Feinde gemacht.

Von Paul Munzinger, Kapstadt

Prince Charles Johnson III. hat einen prachtvollen Namen und eine prachtvolle Karriere im liberianischen Militär vorzuweisen. 17 Jahre lang diente er sich hoch in den Streitkräften des westafrikanischen Landes, bevor Ende Januar die Krönung folgte: Johnson wurde von Joseph Boakai, dem neuen Präsidenten Liberias, zum Verteidigungsminister ernannt.

Doch seine Amtszeit währte nur sehr kurz: Nach zehn Tagen räumte er am Montag seinen Posten schon wieder, weil die Wut über seine Ernennung zu groß geworden war. Prince Charles Johnson III. hatte sich die falschen Feinde gemacht.

Prince Charles Johnson III., noch als Generalstabschef, und Brigadegeneralin Geraldine George (M.) empfangen 2019 US-Nationalgardisten in Liberia. (Foto: Nelly George/Alamy)

Der Widerstand gegen Johnson kam aus den eigenen Reihen. Doch es waren nicht die Offiziere, die die Meuterei gegen den Minister anführten, es waren deren Ehefrauen. Am Wochenende organisierten sie landesweite Proteste und blockierten wichtige Verkehrsadern in dem Fünf-Millionen-Einwohner-Land am Atlantik, etwa die Autobahn zum Flughafen der Hauptstadt Monrovia.

Die Frauen hätten das Land in Geiselhaft genommen, schrieb eine Zeitung

Auf Bildern sind einfache, aber offenbar effektive Straßensperren aus Autoreifen, Holzbrettern und Plastikstühlen zu sehen. Liberianische Medien vermeldeten Staus, die so lang waren, dass manche Fahrer ihre Autos verließen, um zu Fuß weiterzugehen. Die jährliche Feier zu Ehren der Armee wurde abgesagt. Die Frauen, schrieb eine Zeitung, hätten das Land einen Tag lang in Geiselhaft genommen. Berichten zufolge hatten sie Töpfe und Pfannen dabei, um an Ort und Stelle zu kochen und ihre Posten nicht verlassen zu müssen.

Die Proteste gegen Prince Charles Johnson III. hatten schon vor seiner Ernennung begonnen, diese aber nicht verhindern können. Daraufhin forderten die Demonstrantinnen seine Absetzung und gingen zur Blockade über. Die Liste der Vorwürfe gegen Johnson ist lang und bezieht sich auf seine Zeit als Stabschef zwischen 2018 und 2024. Ihm wird unter anderem selbstherrliche Amtsführung und Korruption vorgeworfen.

Der Minister soll in der Vergangenheit Gelder veruntreut haben

Ein anonymer Offizier bezeichnete ihn als "Diktator" und als "herzlos". Unter anderem soll er Gelder veruntreut haben, die eigentlich für Soldaten in Auslandseinsätzen reserviert waren, etwa einer Friedensmission in Mali. Zudem richteten sich die Proteste gegen niedrige Löhne und schlechte Wohnbedingungen in den liberianischen Kasernen, wo immer wieder der Strom ausfällt.

In seinem Rücktrittsgesuch ging Johnson auf die gegen ihn gerichteten Vorwürfe nicht ein. Er begründete den Schritt damit, dass er Frieden und Sicherheit Liberias nicht gefährden wolle. Präsident Joseph Boakai dankte Johnson einer Mitteilung zufolge für seine "unschätzbaren Dienste".

Liberia hatte nach einem zwei Jahrzehnte währenden mörderischen Bürgerkrieg und einer verheerenden Ebola-Epidemie zuletzt durch einen friedlichen Machtwechsel positive Schlagzeilen geschrieben. Die Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr gewann Boakai gegen Amtsinhaber George Weah, der seine Niederlage trotz eines historisch knappen Ergebnisses umgehend anerkannte.

Die Proteste haben dem Präsidenten seinen Start gehörig verhagelt

In Westafrika, wo nach einer Serie von Putschen inzwischen sogar der einst so stabile Senegal tief in die Demokratiekrise geschlittert ist, ist das ein seltener Lichtblick. Am 22. Januar wurde Boakai vereidigt. Doch den Start in seine Präsidentschaft haben ihm die Proteste der Soldatenfrauen nun gehörig verhagelt.

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Boakai, als Präsident auch oberster Befehlshaber, traf sich Anfang der Woche mit Vertreterinnen der Proteste. Er versprach laut einer Mitteilung eine gründliche Untersuchung der Vorwürfe und ordnete unter anderem an, dass die größte Kaserne des Landes bei Monrovia umgehend wieder mit Strom versorgt werden soll.

Am Dienstag ernannte Boakai die Nachfolgerin Johnsons, eine frühere Brigadegeneralin namens Geraldine George. Zum ersten Mal in der Geschichte Liberias steht damit eine Frau an der Spitze des Verteidigungsministeriums.

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