"Letzte Generation":Klimaaktivisten blockieren Flughäfen in Düsseldorf und Hamburg

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Mitte Juli haben sich Mitglieder der Gruppe "Letzte Generation" auf einem Rollfeld des Hamburger Flughafens festgeklebt. (Foto: Bodo Marks/dpa)

Stundenlang geht nichts am Flughafen Hamburg - und das am ersten Ferientag. Anhänger der "Letzten Generation" kleben sich auf das Rollfeld. Auch in Düsseldorf fallen Flüge aus. 

Anhänger der "Letzten Generation" haben am Donnerstagmorgen die Flughäfen in Düsseldorf und Hamburg blockiert. Wie Polizei und Flughafenbetreiber mitteilten, überwanden die Klimaaktivisten Zäune, drangen jeweils auf das Rollfeld vor und klebten sich dort an mehreren Stellen fest. An beiden Airports wurde der Flugverkehr vorübergehend eingestellt, im Laufe des Vormittags aber wieder aufgenommen. Es kam zu Verzögerungen, Flüge mussten umgeleitet werden oder wurden gestrichen.

In Hamburg, wo die Aktion mit dem Beginn der Schul-Sommerferien zusammenfiel, schnitten die Aktivisten laut Bundespolizei gegen sechs Uhr den Flughafenzaun auf und gelangten mit Fahrrädern auf das Vorfeld. An vier Stellen hätten sich je zwei Personen festgeklebt, ein Aktivist sei vorab in Gewahrsam genommen worden, hieß es. Zwischen 6.10 Uhr und 9.50 Uhr lief nichts: 17 Ankünfte und 19 Abflüge wurden zunächst gestrichen, wie der Flughafen mitteilte. Zehn ankommende Flugzeuge wurden zu anderen Flughäfen umgeleitet. Zum Ferienstart waren 330 Starts und Landungen mit 50 000 Passagieren geplant.

Auch Grünen-Minister Habeck findet, solche Aktionen schaden nur

In Düsseldorf klebten sich laut Polizei sieben Personen fest, drei weitere unterstützten die Aktion. Die Polizei löste die Beteiligten mit einem speziellen Lösemittel vom Rollfeld nahe der Start- und Landebahn und nahm sie in Gewahrsam. Gegen die Aktivisten werde Anzeige erstattet, unter anderem wegen Hausfriedensbruchs, Nötigung und gefährlichen Eingriffs in den Flugverkehr, hieß es. Gegen 7.30 Uhr wurde der Flugbetrieb laut Flughafenbetreiber zunächst eingeschränkt wieder aufgenommen.

Die Klimaaktivisten begründeten ihre Aktion mit der kontinuierlichen Zunahme der Flugpassagierzahlen und der damit verbundenen Emissionen im Luftfahrtsektor. "Statt einen konkreten Plan vorzulegen, wie dies verhindert und das gesetzlich geforderte Emissions-Reduktions-Ziel erreicht werden kann, setzt das Verkehrsministerium auf 'Technologieoffenheit'", erklärte die "Letzte Generation".

Die Bewegung erneuerte ihre Forderung nach einem Gesellschaftsrat, der klären solle, wie die Nutzung fossiler Rohstoffe bis 2030 beendet werde. Bundesverkehrsminister Wissing kritisierte die Aktionen scharf. "Diese gefährlichen Eingriffe in den Verkehr müssen ein Ende haben", sagte er dem Nachrichtenportal T-Online. Was die "Letzte Generation" betreibe, sei kein Klimaschutz, sondern Kriminalität. "Wer anderen den verdienten und lange ersehnten Jahresurlaub vermiest, trägt zur Spaltung unserer Gesellschaft bei." Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sagte: "Die Aktivisten, die jetzt lauter Menschen die Reise in den Urlaub verbauen, schaden dem Anliegen Klimaschutz massiv."

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte der Rheinischen Post: "Diese Klimachaoten sind keine Aktivisten, sondern Kriminelle." Gefährliche Eingriffe in den Luftverkehr und Nötigung seien Straftaten. "Flugzeuge, die die Landung abbrechen müssen, Familien, denen man den Start in den Urlaub verderben will - das hat rein gar nichts mit legitimem Protest zu tun", betonte er. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb auf Twitter, die "Blockierer" müssten mit strafrechtlichen Folgen sowie gegebenenfalls auch "mit millionenschweren Schadenersatzforderungen" rechnen.

In Stralsund geht ein Lkw-Fahrer auf die Demonstranten los

Die Deutsche Polizeigewerkschaft sprach sich für eine Überarbeitung der Sicherheitskonzepte an den Flughäfen aus. "Es ist katastrophal für die Luftsicherheit, dass es den Klimaklebern gelungen ist, auf die Startbahn des Düsseldorfer Flughafens zu gelangen", sagte der Bundesvorsitzende für den Bereich Bundespolizei, Heiko Teggatz, der Rheinischen Post.

Daran soll sich jedoch bald etwas ändern, wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ankündigte: "Es wird demnächst tatsächliche Standards für die Betreiber kritischer Infrastruktur geben. Dazu gehören auch die Flughäfen, und das wird auch zu einer besonderen Sicherheit der Flughäfen weiterhin führen", sagte Faeser am Donnerstag in Berlin.

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Die Stimmung gegen die Aktionen der Letzten Generation ist zunehmend aufgeheizt. In Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern wurde am Mittwoch ein Aktivist von einem Lastwagen angefahren. Ein 41-jähriger Lkw-Fahrer hatte nach Angaben der Polizei drei Klimaaktivisten, die den Verkehr blockierten, zum Teil von der Straße gezerrt und ihnen Schläge angedroht. Als er kurz anfuhr, wurde ein junger Demonstrant, der rechts vor der Stoßstange auf der Fahrbahn saß, etwa einen Meter nach vorn geschoben. Ernsthaft verletzt wurde laut Polizei niemand. Ein Gericht prüft den Führerscheinentzug für den Lkw-Fahrer.

Für Freitag kündigten die Aktivisten derweil bundesweit Aktionen an. "Es wird morgen ein besonderes Protestbild geben, das den Gesetzesbruch der Regierung transparent macht", erklärte ein Sprecher. Details nannte er nicht.

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