Landtagswahl in NRW:Bezahlte Helfer

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Endspurt vor der Wahl: Die CDU wird umworben, steckt aber in Schwierigkeiten. Der Partei droht eine Strafe, weil sie 2005 eine unabhängige Wählerinitiative finanziell gefördert hat.

H. Leyendecker und J. Nitschmann

Die Führung der nordrhein-westfälischen CDU hat Behörden und Öffentlichkeit offenkundig über ihre Verbindungen zu einer angeblich unabhängigen Wählerinitiative im Landtagswahlkampf 2005 in die Irre geführt. Eine Woche vor der diesjährigen NRW-Landtagswahl gerät der amtierende Ministerpräsident und CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers erneut wegen einer Finanzaffäre in politische Bedrängnis.

Erneut in Bedrängnis: Die rot-grüne Opposition wirft Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) "klüngelhaftes Finanzgebaren" vor. (Foto: Foto: dpa)

Der Sprecher der NRW-CDU, Matthias Heidmeier, erklärte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, die Landespartei lasse derzeit "juristisch klären", ob Zuwendungen an die parteinahe Initiative "Wähler für den Wechsel" im Rechenschaftsbericht für 2005 hätten aufgeführt werden müssen. Der Sachverhalt werde auch von der Bundestagsverwaltung geprüft, bestätigte Heidmeier. Der Landes-CDU drohen nach Angaben aus Parteikreisen Strafzahlungen in Höhe von 60.000 Euro. Die rot-grüne Opposition wirft Rüttgers "klüngelhaftes Finanzgebaren" und "illegale Machenschaften" vor. Bereits in den vergangen Wochen war er durch eine Sponsoring- und eine Parteiwagen-Affäre in Schwierigkeiten geraten.

Vor zwei Wochen waren E-Mails zwischen dem Organisator der Initiative "Wähler für den Wechsel", Tim Arnold, und dem Rüttgers-Vertrauten Boris Berger an Medien lanciert worden. Darin hatten sich Arnold, der inzwischen die NRW-Landesvertretung in Berlin leitet, und Berger am 31. Mai 2005 darüber ausgetauscht, dass die 10.000-Euro-Spende des Lippstädter Autozulieferers Hella an die Wählerinitiative "nun als Kosten und nicht als Spende" verbucht werden solle. Nach Bekanntwerden dieser E-Mails teilte die Unternehmensführung von Hella mit, sie habe sich entschieden, die Zuwendung an die Initiative als "steuerlich nicht abzugsfähig zu behandeln" und ihre Steuererklärung beim Finanzamt entsprechend korrigiert. Gleichwohl versicherte der Generalsekretär der CDU in Nordrhein-Westfalen, Andreas Krautscheid, es habe stets "eine personelle und finanzielle Trennung" seiner Partei zu der Wählerinitiative gegeben. Der Vorgang sei "steuerrechtlich und parteirechtlich komplett in Ordnung".

Dagegen berichtet der Spiegel in seiner jüngsten Ausgabe, die NRW-CDU habe im Landtagswahlkampf 2005 an die Frankfurter Kommunikationsagentur "Equipe" 40.000 Euro überwiesen, um "Wähler für den Wechsel" ins Leben zu rufen und die organisatorische Unterstützung der Initiative zu übernehmen. Prominente riefen in großformatigen Zeitungsanzeigen für die Wahl von Rüttgers zum Ministerpräsidenten auf.

Um drohenden weiteren Enthüllungen über das Zusammenspiel zwischen Wählerinitiative und der CDU-Landespartei zuvorzukommen, hatte Krautscheid bereits vergangenen Donnerstag in der Rheinischen Post erklärt, es gebe Probleme mit dem Rechenschaftsbericht für 2005. Parteienfinanzierung sei "juristisch komplex und zum Teil streitig", einige Aspekte würden "heute auch von Fachleuten durchaus anders bewertet als vor fünf oder mehr Jahren".

Nach SZ-Informationen hatte es bei der NRW-CDU während des Landtagswahlkampfes 2005 erhebliche finanzielle Probleme gegeben. Der ursprünglich mit 3,8 Millionen Euro kalkulierte Wahlkampfetat war um 1,2 Millionen überzogen worden und betrug zuletzt fünf Millionen Euro. Große Einbußen hatte der Austausch der Wahlkampf-Agentur verursacht. Die Agentur "McCann Erickson", die nach internen Unterlagen ein Monatshonorar von 40.000 Euro kassierte, war durch die Kölner Agentur "Barten&Barten" ersetzt worden, die fortan für 18.000 Euro pro Monat für die NRW-CDU arbeitete. Dennoch musste das Honorar an McCann Erickson bis zum Abschluss eines Auflösungvertrages weiter gezahlt werden. Wenige Monate nach dem Wahlkampf ging Barten&Barten in die Insolvenz. Einer ihrer damaligen Geschäftsführer war zudem in den Parteispendenskandal der Kölner CDU verstrickt. Er hatte bei der Stückelung von Schwarzgeldern in die Parteikasse Scheinquittungen in Höhe von 4000 Euro für das Finanzamt erhalten. Das Strafverfahren gegen den PR-Mann wurde zwar gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt, der Vorgang von der CDU-Führung aber geheim gehalten.

Ehemalige Barten&Barten-Mitarbeiter, die sich in der Kölner Werbeagentur "Die Kommunikatoren" zusammen gefunden hatten, haben in der fünfjährigen Amtszeit der Regierung Rüttgers etliche PR-Aufträge von Landesministerien sowie von der aus Steuermitteln finanzierten CDU-Landtagsfraktion erhalten. Für den aktuellen Landtagswahlkampf hat die Rüttgers-CDU die Kölner Agentur "Polivox" engagiert. Maßgeblicher PR-Stratege dort ist der ehemalige Kölner Parteispendensünder.

© SZ vom 03.05.2010/dgr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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