Landtag - Erfurt:Historiker: AfD verkörpert einen "Extremismus der Mitte"

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Berlin (dpa) - Der Historiker Andreas Wirsching sieht mit Blick auf die Ereignisse in Thüringen keine "Weimarer Verhältnisse" in Deutschland. "Man sollte in der aktuellen Debatte aufpassen, nicht etwas herbeizureden, was dann am Ende tatsächlich passiert", sagte der Leiter des Instituts für Zeitgeschichte in München der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Weimar bietet aber Anschauungspotenzial für Gefahren, die auch heute passieren können."

"Die Gefahr ist eine Lähmung des parlamentarischen Systems in Deutschland", sagte Wirsching. "Die kann aber nicht dadurch überwunden werden, dass sich nun die Konservativen an die extreme Rechte anbiedern wie damals an die NSDAP. Das führte zu der Katastrophe. CDU und FDP sollten sich heute gerade nicht der AfD andienen."

Die AfD sei keine bürgerliche Partei, sondern anti-liberal, anti-pluralistisch und anti-demokratisch, sagte Wirsching. "Sie verkörpert einen "Extremismus der Mitte" und ähnelt damit der NSDAP."

Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich war am Mittwoch mit Stimmen von Liberalen, CDU und AfD zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt worden. Er hatte am Donnerstag nach einem Proteststurm seinen Rücktritt angekündigt. Politiker hatten nach der Wahl Kemmerichs mit AfD-Stimmen Bezug genommen auf "Weimarer Verhältnisse". Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) etwa hatte gesagt: "Ein Hauch Weimar liegt über der Republik."

Wirsching sagte: "CDU und FDP haben sich zu Geiseln der AfD gemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies ein Zufall war." Er warnte außerdem vor einer Gleichsetzung von Linke und AfD. "Die Linke hat 30 Jahre nach der Wende nicht mehr viel mit dem SED-Unrechtsregime zu tun. Die Gefahr geht eindeutig von Rechtsaußen aus. Es ist falsch, der AfD auch nur einen Zipfel der Macht zu geben."

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