Landtag:CDU will Aufnahme- und Rückführzentren für Migranten

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Abgeordnete sitzen im Plenarsaal bei einer Sitzung des Thüringer Landtags. (Foto: Bodo Schackow/dpa/Archivbild)

Menschen mit geringen Aussichten, in Deutschland bleiben zu dürfen, sollten laut CDU nicht in die Kommunen verteilt werden. Dafür haben die Christdemokraten einen Gesetzentwurf vorgelegt. Unklar ist, ob sie dafür im Parlament eine Mehrheit finden - und mit wem.

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Erfurt (dpa/th) - Aufgaben bündeln und konsequenter Abschieben: Die Thüringer CDU-Fraktion will eine zentrale Ausländerbehörde sowie Aufnahme- und Rückführzentren für Migranten schaffen. „Wir wollen die grundlegende Wende in der Migrationspolitik“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Thüringer CDU-Fraktion, Andreas Bühl, am Montag in Erfurt. Dafür legten die Christdemokraten einen eigenen Gesetzentwurf vor, der bereits am Donnerstag im Parlament beraten werden soll.

Bis zu zwei Jahre im Rückführzentrum

Dieser sieht im Kern vor, dass die Bleibeperspektive der Frauen, Männer und Kinder zum Verteilkriterium wird: Sind ihre Aussichten, in Deutschland bleiben zu dürfen, gering, sollen sie erst gar nicht in die Kommunen verteilt werden. Stattdessen sollen sie in landeseigenen Aufnahme- und Rückführzentren unterkommen. Bis zu zwei Jahre sollen sie dort bleiben können, so Bühl. Vorbild seien die Ankerzentren in Bayern. Der CDU schweben vier solcher Zentren vor. Migrationspolitiker Stefan Schard sagte, man fordere mehr landeseigene Plätze. Seiner Meinung nach sei eine Verdopplung der bisherigen Unterkunftsplätze des Landes nötig.

Kommunen entlasten

Schard betonte, dass damit die Kommunen entlastet werden sollen. Unklar blieb zunächst, wie viele Menschen dies voraussichtlich betreffen könnte. Im vergangenen Jahr wurden in Thüringen 239 Menschen abgeschoben. In 774 Fällen wurde die Abschiebung aus verschiedenen Gründen abgebrochen - etwa, wenn der Aufenthalt des Betroffenen unklar war. „Wir haben eine unheimlich hohe Zahl von Duldungen“, sagte Schard. Die Rückführungsquote im Freistaat sei zu gering.

In den Aufnahme- und Abschiebungszentren könnten nach CDU-Vorstellungen etwa jene Migrantinnen und Migranten untergebracht werden, die aus sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen. Dazu zählen etwa mehrere Balkan-Länder wie Albanien, Bosnien und Herzegowina oder Serbien. Kürzlich erklärte der Bundestag Moldau und Georgien zu sicheren Herkunftsländern. Bei Menschen aus diesen Ländern sollen Asylanträge beschleunigt bearbeitet und die Betroffenen dann schneller abgeschoben werden können. Schard erneuerte seine Forderung, auch die Maghreb-Staaten - Algerien, Marokko, Tunesien - als sichere Herkunftsländer zu deklarieren.

Zentrale Ausländerbehörde

Schard betonte, dass man auch Aufgaben stärker bündeln wolle. Der Gesetzentwurf der CDU sieht eine zentrale Ausländerbehörde unter dem Dach des Landesverwaltungsamtes vor. „Das hätte den deutlichen Vorteil, dass man dort die Passersatzbeschaffung machen könnte, die Ausweisung in besonders schwerwiegenden Fällen, die Antragsbearbeitung für das Landesaufnahmeprogramm, die Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens - und damit eine Bündelung der Zuständigkeiten und Kompetenzen“, sagte Bühl.

Erst vor wenigen Tagen hatte die Thüringer Landesregierung ihre Zuständigkeiten im Bereich Migration neu sortiert. Justizministerin Doreen Denstädt (Grüne) gab den Bereich an Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) ab. Dieser will nun ebenfalls eine Ausländerbehörde schaffen und Aufgaben stärker bündeln. Schard sagte, es sei zu kurz gegriffen, wenn sich diese Behörde nur um Fachkräfte kümmern solle. Die kommunalen Ausländerbehörden seien teils überfordert, hier müsse man entlasten.

Mehrheit im Landtag noch ungewiss

Bühl sagte, der Gesetzentwurf könnte kommendes Jahr noch vor der Landtagswahl, die für den 1. September 2024 geplant ist, verabschiedet werden. Zunächst wolle man erreichen, dass er in den Ausschüssen beraten wird. „Dann werden wir sehen, welche Mehrheit sich dafür findet“, sagte er.

Die Thüringer CDU ist in der Opposition, hat aber mit Hilfe von Stimmen von AfD, FDP und Fraktionslosen schon eigene Gesetzesänderungen im Landtag gegen den Willen der rot-rot-grünen Minderheitsregierung durchbringen können. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.

Kritik von Linken und Grünen

Die Linke-Migrationspolitikerin Katharina König-Preuss sagte, das Gesetzesvorhaben der CDU strotze vor Inhumanität und setze erneut „auf rechte Mehrheiten mit der AfD.“ Sie warf der CDU vor, schutzsuchende Menschen „künftig nach dem fiktiven Merkmal der Bleibeperspektive zu selektieren und in Ankerzentren“ unterbringen zu wollen. „Diese Zentren sind ein deutliches Zeichen an rechte und rassistische Strukturen - auch der AfD -, ihre politischen Forderungen nach einer restriktiven Migrationspolitik umzusetzen.“ Der Entwurf widerspreche den Vorstellungen der Linken von einer von Humanität geprägten Migrations- und Integrationspolitik.

Die Grünen-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich warf den Christdemokraten Symbolpolitik vor und nannte den Gesetzentwurf „brandgefährlich“. Er setze maßgeblich „auf die Rückführung Geflüchteter, ihre Gängelung und die Isolation derer, die kaum Bleibeperspektiven haben, in Ankerzentren“. Das werde es mit den Grünen nicht geben. „Rückführungen finden gegenwärtig statt, scheitern jedoch regelmäßig an menschenrechtswidrigen Bedingungen in den Herkunftsländern“, sagte Rothe-Beinlich. Sie appellierte an die CDU, den Entwurf zurückzuziehen.

© dpa-infocom, dpa:231204-99-175947/4

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