Nun könnte der Prozess gegen Christian Wulff doch schneller beendet sein als zwischenzeitlich gedacht. Der Vorsitzende Richter Frank Rosenow wies alle neuen Beweisanträge der Staatsanwaltschaft ab. Verteidigung und Staatsanwaltschaft sollten sich für die Plädoyers bereit machen, kündigte er an.
Diese könnten nun schon am nächsten Verhandungstag, am 20. Februar, gehalten werden. Sollte das Landgericht Hannover den straffen Zeitplan einhalten, könnte am 27. Februar das Urteil in dem Korruptionsprozess fallen.
Zunächst hatte es an diesem zwölften Verhandlungstag nicht nach einem raschen Ende des Verfahrens ausgesehen. Die neuen Beweisanträge der Staatsanwaltschaft hatten für neuen Streit zwischen der Kammer und der Staatsanwaltschaft geführt. Richter Rosenow hatte Staatsanwalt Clemens Eimterbäumer vorgehalten, dass die Anklage nach und nach neue Beweismittel vorlege, die dem Gericht bisher unbekannt seien. Überraschend hatte der Vorsitzende Richter Rosenow sogar mit einem Abbruch des Verfahrens gedroht. "Notfalls werde ich das Verfahren aussetzen", sagte Rosenow im Landgericht Hannover.
Bei den Beweisanträgen ging es unter anderem um den Inhalt von E-Mails, die die Anklage Anfang der Woche auf beim Landeskriminalamt eingelagerten Festplatten gefunden haben soll.
Der Richter forderte den Staatsanwalt daraufhin auf, ihn in einer dienstlichen Erklärung über seinen Kenntnisstand über neue Beweise zu informieren. Dabei geht es auch um mögliche Unterlagen, die die Staatsanwaltschaft aus dem parallel am Landgericht laufenden Korruptionsprozess gegen Wulffs Ex-Sprecher Olaf Glaeseker kennt. Staatsanwalt Eimterbäumer sagte, es sei normal, dass neue Beweismittel auftauchten - das sei "Schicksal einer dynamischen Hauptverhandlung".
Eine Aussetzung des Verfahrens richtet sich nach Paragraf 228 der Strafprozessordnung. Ein schon laufendes Verfahren abzubrechen, wäre ohnehin nur in engen Grenzen möglich gewesen. Grundsätzlich gilt es, Strafverfahren zügig zu Ende führen. Im Falle einer Aussetzung hätte der Prozess komplett neu aufgerollt werden müssen.

Wulff-Prozess:Das Sündenregister der Selbstgerechten
Seltsame Auftritte, zerbröselnde Indizien, unbewiesene Hypothesen: Warum die Staatsanwälte im Verfahren gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff oft nicht fair waren.
Wulff steht seit Mitte November wegen Vorteilsannahme im Amt als niedersächsischer Regierungschef vor Gericht. Er soll sich 2008 rund um den Oktoberfestbesuch in München von Groenewold einen Teil der Kosten für Hotel und Essen bezahlt haben lassen. Im Gegenzug soll Wulff bei der Siemens-Spitze um Unterstützung für ein Filmprojekt Groenewolds geworben haben. Beide Männer bestreiten die Vorwürfe.