Verteidigung:Justizministerium weist Kritik an Lambrecht zurück

Verteidigung: Fehlendes Fingerspitzengefühl? Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) im Mai auf dem Fliegerhorst in Wunstorf.

Fehlendes Fingerspitzengefühl? Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) im Mai auf dem Fliegerhorst in Wunstorf.

(Foto: Ole Spata/dpa)

Die Verteidigungsministerin nahm ihren Sohn im Regierungshubschrauber mit. Ihr Vorgehen sei juristisch korrekt, heißt es aus der SPD. Die Union aber wirft ihr "maximale Ungeschicklichkeit" vor.

Von Robert Roßmann und Mike Szymanski, Berlin

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) steht politisch unter Druck, weil sie im April ihren erwachsenen Sohn im Regierungshubschrauber auf eine Dienstreise nach Nordfriesland mitgenommen hat. Direkt danach machte sie zusammen mit ihrem Sohn Urlaub auf Sylt. CDU-Chef Friedrich Merz sagte am Dienstag, wenn Lambrecht in ihren Dienstgeschäften bei allem so eifrig wäre "wie bei der Mitnahme ihres Sohnes, dann stünde es um die Verteidigung und um die Bundeswehr besser in diesem Land".

Laut Verteidigungsministerium ist es Lambrecht erlaubt, Begleitpersonen mitzunehmen. Dennoch hat sie mit ihrem Verhalten nicht nur in der Opposition, sondern auch in der Koalition und in der Bundeswehr Irritationen ausgelöst.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte der Süddeutschen Zeitung, Lambrechts Vorgehen sei wohl "juristisch korrekt". Aber in der Politik wisse man genauso: "Nicht alles, was juristisch korrekt ist, ist auch der Öffentlichkeit erklärbar." Ein General sagte der SZ sogar, er halte das Verhalten der Ministerin für "unglaublich".

Eine Sprecherin des Justizministeriums sagte der SZ, dass Lambrecht in ihrer Zeit an der Spitze des Justizressorts "auf insgesamt sieben Auslandsreisen von ihrem Sohn begleitet wurde". Sie habe dabei "stets größten Wert darauf gelegt, dass alle durch die Begleitung ihres Sohnes entstehenden Kosten separat abgerechnet und von ihr privat bezahlt wurden". Laut Bild-Zeitung gingen die sieben Reisen nach Slowenien, Finnland, Liechtenstein, Portugal, Luxemburg, Frankreich und in die Tschechische Republik. Bemessungsgrundlage für die Kosten sei die Höhe des Normaltarifs der Lufthansa, Economy-Klasse, auf der konkreten oder einer vergleichbaren Strecke. Die Kosten für den Flug ihres Sohnes nach Nordfriesland hat Lambrecht noch nicht bezahlt.

Es gebe "Dinge, die macht man einfach nicht", sagt Thorsten Frei

Die Ministerin müsse jetzt "schnellstmöglich für Transparenz sorgen", verlangte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Schon jetzt sei aber klar, dass ihr Verhalten "ein Gschmäckle" habe und von "mangelndem Fingerspitzengefühl" zeuge, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU). Denn es gebe "Dinge, die macht man einfach nicht". Die Mitreisen ihres Sohnes seien eine "maximale Ungeschicklichkeit".

Frei sagte, er finde das "sehr bedauerlich", weil es eine Ministerin betreffe, die "im Hinblick auf die Hilfe für die Ukraine" und bei der Ertüchtigung der Bundeswehr stark gefordert sei und sich eigentlich auf diese gewaltigen Herausforderungen "konzentrieren müsste". Lambrecht habe aber bereits "in der Vergangenheit mehrfach bewiesen", dass ihr bei "vielerlei Dingen" das richtige Fingerspitzengefühl fehle, insofern passe der neue Fall leider "in ihre Arbeit in dieser Legislaturperiode". Die Union kritisiert die Arbeit der Verteidigungsministerin schon seit Wochen scharf.

Rückhalt für Lambrecht kommt indes aus den eigenen Reihen. Der Verteidigungspolitiker Wolfgang Hellmich (SPD) sagte der SZ, für ihn sei die Angelegenheit mit den Erläuterungen seitens des Verteidigungsministeriums geklärt. Lambrecht sei juristisch nichts vorzuwerfen. Er widersprach auch dem Vorwurf, die Ministerin würde sich nicht richtig um die Bundeswehr kümmern. "Sie setzt sich mit sehr vielen Fragen auseinander und hat sich knietief eingearbeitet". SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte, ihm scheine von der Ministerin "alles richtig gemacht worden" zu sein. Lambrecht sei erfahren genug, dass sie alles für "die Transparenz und auch die Rechtsmäßigkeit" getan haben werde.

Lambrecht hatte nach Angaben ihres Ministeriums am 13. April einen Truppenbesuch unter anderem beim Bataillon Elektronische Kampfführung 911 in Nordfriesland unternommen und sich mit dem Hubschrauber dafür vom Berliner Dienstsitz nach Ladelund fliegen lassen. Zuerst hatte das Internet-Portal Business Insider darüber berichtet, dass auch ihr Sohn an Bord der Maschine war.

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