Auch Essam El Erian und Khairat El Schatar sprachen zur Menge. Die beiden führenden Muslimbrüder, vom Regime inhaftiert, konnten in dem seit Freitag herrschenden Chaos aus dem Gefängnis fliehen. "Sie versuchen alles, die Volksrevolution zu stoppen", sagte Erian auf dem Tahrir, "aber wir bleiben standhaft. Egal, wie viele von uns zu Märtyrern werden." Der junge Islamist Taufiq wischt alle westlichen Ängste gegenüber den Fundamentalisten beiseite: "Wir sind Teil des Volks. Wir fordern wie das Volk: Freiheit, Reformen, freie Wahlen, Würde."
So stehen die demokratische Opposition und die populären Muslimbrüder derzeit Seite an Seite. Der frühere Kampfpilot Mubarak gibt sich dennoch nicht geschlagen. Nachdem die Gewaltorgie seiner Polizei gegen die Protestierenden gescheitert ist, setzt er auf politische Zugeständnisse: "Wir brauchen rasch entschlossene Schritte zu politischen Reformen der Verfassung und der Gesetze. Im Dialog mit allen Parteien."
Ein neues Kabinett mit alten Ministern
Das sind sehr neue Töne von einem Mann, der seit 30 Jahren mit Hilfe des Notstandsgesetzes herrscht, der die Verfassung ändern ließ, um sich die Möglichkeit offenzuhalten, seinen Sohn Gamal als Nachfolger zu installieren. Auch von der Bekämpfung der Korruption und nötigen neuen Jobs redet Mubarak nun - obwohl er seit Jahren weiß, dass die Arbeitslosigkeit um die 20 Prozent beträgt und 90 Prozent der Joblosen unter 30 Jahre alt sind.
In einer in ihrer Erstarrtheit absurd wirkenden Zeremonie stellte der Präsident am Montag das neue Kabinett vor: Nach dem Aufruf lasen die Minister ihren Eid vom Zettel ab und gaben dem ungerührt dastehenden Mubarak die Hand. Es waren viele unbekannte Gesichter dabei; der Verteidigungs-, der Außen- und der Erdölminister sind die alten Leute. Junge Minister fanden sich keine.
Auch wenn der verhasste Innenminister Habib El Adly ausgetauscht wurde: Den Protestierenden wird das nicht reichen. Wie sehr Hosni Mubarak den angekündigten landesweiten "Marsch der Million" am Dienstag fürchtet, zeigte sich in einer anderen Amtshandlung: Der gesamte Zugverkehr Ägyptens wurde am Montag auf Anordnung der Staatsführung lahmgelegt.