Die schwer angeschlagene FDP kommt bei ihrer Neuausrichtung voran. Der designierte Parteichef Philipp Rösler und Bundestagsfraktionschefin Birgit Homburger haben sich darauf geeinigt, die Fraktionsspitze bereits am kommenden Dienstag neu zu wählen. Eigentlich war die Wahl erst für den Herbst geplant.
Die vorgezogene Abstimmung über die Führungsriege soll nach Angaben eines Vorstandsmitglieds angesichts des emotional aufgeputschten Zustands wieder Ruhe in die Arbeit der Fraktion bringen.
Der Vorschlag sei vom Fraktionsvorstand bei zwei Gegenstimmen gebilligt worden, hieß es am Sonntag aus FDP-Kreisen. Die endgültige Entscheidung soll am Sonntagnachmittag die gesamte Fraktion treffen, die in Berlin zu einer Klausursitzung zusammenkommt.
Homburger und ihr "Wahrnehmungsproblem"
Fraktionschefin Homburger hat dem Vernehmen nach deutlich gemacht, dass sie wieder antreten will. Eine endgültige Entscheidung, auch über mögliche Gegenkandidaten, sei aber noch nicht gefallen. Darüber werde noch gesprochen, hieß es.
Homburger hatte am Samstag nur knapp ihren Landesvorsitz in Baden-Württemberg behauptet. Sie wurde erst im zweiten Wahlgang bestätigt und erhielt dabei das schlechteste Ergebnis, seit sie für das Amt antrat. Dennoch erklärte sie, dass sie sich durch das Wahlergebnis für den Kampf um die Fraktionsspitze in Berlin gestärkt fühle.
Kritiker in der FDP-Fraktion halten Homburger entgegen, wenn sie sich trotz des schwachen Wahlergebnisses Rückenwind für ihre Fraktionsarbeit verspreche, habe sie wohl ein Wahrnehmungsproblem. Homburger steht seit langem in der Fraktion unter Druck, vor allem wegen ihrer Wirkung in der Öffentlichkeit.
Am kommenden Donnerstag will der designierte Parteichef Philipp Rösler seine Führungsmannschaft benennen. Bei dem am Freitag beginnenden Parteitag in Rostock soll der 38-Jährige zum neuen Vorsitzenden und Nachfolger von Guido Westerwelle gewählt werden.
Unklarheit über Brüderle
Rösler ließ am Wochenende weiter offen, wie sein Führungsteam genau aussehen soll. Alle Minister der Liberalen im Bundeskabinett würden zum Führungsteam zählen, sagte er in einem Focus-Interview, ohne dies zu erläutern. Westerwelle werde Außenminister bleiben, sagte der Gesundheitsminister.
Weniger klar äußerte sich Rösler zu Brüderle, der am Samstag nach 28 Jahren als Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz abtrat. Brüderle möchte Minister bleiben, unklar ist aber noch, ob der Wirtschaftsminister erneut als Vize-Parteivorsitzender antritt. Der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Daniel Bahr will ihm den Posten streitig machen und kündigte nochmals seine Kandidatur an.
Der scheidende FDP-Chef Westerwelle stellte sich hinter Rösler. "Diese neue Führung kann sich auf meine Unterstützung verlassen", sagte er der Bild am Sonntag. Rösler habe eine beeindruckende Überzeugungskraft und Durchsetzungsvermögen.
Das bezweifeln aber offenbar die Wähler. In einer Emnid-Umfrage gaben vier Fünftel der Befragten an, sie erwarteten nicht, dass Rösler die Krise der Liberalen beenden könne. 54 Prozent glaubt auch nicht, dass der FDP 2013 der Wiedereinzug in den Bundestag gelingt. In Umfragen legt sie derzeit zwischen vier und fünf Prozent.
Zu den Gründen seines Scheiterns als Parteichefs sagte Westerwelle, er habe die Doppelbelastung bei Übernahme des Amtes als Außenminister im Herbst 2009 unterschätzt. Die Arbeit für die Partei sei teilweise zu kurz gekommen.