FDP in der Krise:Homburger räumt Fehler ein

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Liberale in Not: Fraktionschefin Homburger kämpft um ihre Posten, Generalsekretär Lindner drückt sich um ein eindeutiges Bekenntnis zu Außenminister Westerwelle. Andere FDP-Politiker fordern die Kraftprobe mit der Union.

Die in Umfragen abgestürzte Regierungspartei FDP ringt um ihren zukünftigen Kurs - und um das Personal. Im internen Machtkampf könnten an diesem Wochenende die ersten Würfel fallen. Die baden-württembergische Landeschefin Birgit Homburger muss am Samstag in Stuttgart um ihre Wiederwahl bangen.

Kämpft um ihre Posten: Birgit Homburger, Fraktionschefin im Bundestag und Landesvorsitzende der baden-württembergischen FDP (Foto: dpa)

Homburger, deren Posten auch als Chefin der Bundestagsfraktion wackelt, räumte vorab Fehler in der Landespolitik ein. Sie gestand ein, dass beim Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 die abgewählte schwarz-gelbe Landesregierung zu lange auf Tauchstation gewesen sei. "Ich sage nicht, dass ich keine Fehler gemacht habe." Vom Wahlausgang auf dem Landesparteitag in Stuttgart hängt auch Homburgers Zukunft als Fraktionsvorsitzende im Bundestag ab. Der FDP-Europaabgeordnete Michael Theurer will Homburger im Südwesten stürzen.

Von Sonntag an will die Fraktion in einer Klausur in Berlin über eine vorgezogene Vorstandswahl beraten.

Auch der parteiinterne Druck auf Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, auf dem Parteitag in Rostock (13.-15. Mai) nicht mehr als Partei-Vize anzutreten, hält an. Der 65-Jährige habe sich noch nicht festgelegt, ob er erneut für einen Stellvertreterposten kandidiert, hieß es aus seinem Umfeld. Ohne den Vize-Posten wäre auf Dauer wohl auch sein Ministerjob gefährdet.

Der Rösler-Vertraute und nordrhein-westfälische Landeschef Daniel Bahr schließt dem Vernehmen nach eine Kampfkandidatur gegen Brüderle in Rostock nicht aus. Der ebenfalls als möglicher Gegenkandidat gehandelte sächsische FDP-Chef Holger Zastrow stellte sich hinter Brüderle. "Rainer Brüderle ist jemand, der in den letzten Jahren sehr oft für die liberale Seele gestanden hat." Auch Homburger halte er für eine gute Besetzung, sagte Zastrow im ZDF.

FDP-Vorstand reklamiert Schäubles Posten für Liberale

Gleichzeitig diskutieren die Freien Demokraten eine härtere Gangart gegenüber dem Politik-Partner Union: FDP-Vorstandsmitglied Jorgo Chatzimarkakis appellierte an die künftige FDP-Spitze, das Bundeskabinett umzubilden und das Finanzministerium zu beanspruchen. Der Europaabgeordnete sagte dem Hamburger Abendblatt: "Die FDP sollte sich für eine große Kabinettsumbildung einsetzen. Das Finanzministerium gehört in liberale Hände. Hermann Otto Solms wäre ein brillanter Finanzminister."

Chatzimarkakis forderte die neue FDP-Führung zudem auf, "als Zeichen der Glaubwürdigkeit" das Auswärtige Amt mit dem Entwicklungshilfeministerium zu fusionieren. "So könnte ein weiteres Wahlversprechen durchgesetzt und erheblicher Mehrwert gewonnen werden", sagte Chatzimarkakis. Er betonte, dass die FDP damit keinen Ministerposten verliere.

Der nordrhein-westfälische Fraktionschef Gerhard Papke forderte ebenso, in der schwarz-gelben Regierung die Muskeln spielen zu lassen: "Die neue FDP kommt nur aus der Krise, wenn sie ihre Politik endlich auch in der Bundesregierung durchsetzt. Das wird der Härtetest für die neue Führung. So, wie es bisher gelaufen ist, kann es erkennbar nicht weitergehen." Notfalls will Papke sogar einen Bruch der Koalition riskieren: "Die Bundeskanzlerin darf nicht länger alles abwehren, was von der FDP kommt", sagte er. "Sonst kommt der Punkt, an dem die FDP die Regierungsbeteiligung infrage stellen muss."

Auch von Generalsekretär Christian Lindner kamen kritische Töne in Richtung Union: "Die FDP muss bei entscheidenden Fragen nicht immer auf die Bundesregierung warten, sondern kann selbst Gesetze entwickeln", sagte Lindner der Welt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) "muss man notfalls zum Jagen tragen". Die FDP habe vielleicht zu oft Kompromisse in der Regierung und in Europa zur eigenen Position erklärt. "Das kostet Profil", sagte Lindner.

Baum fordert klare Ansage von Rösler

Zur Zukunft des scheidenden Parteivorsitzenden und Bundesaußenministers Guido Westerwelle äußerte sich der Generalsekretär nicht eindeutig. Auf die Frage, ob Westerwelle Außenminister bleibe, sagte er lediglich: "Wir haben unsere Führungsgremien um ein Meinungsbild gebeten. Da wurden keine Zweifel geäußert. Übrigens unterstützt auch eine Mehrheit der Wähler den Außenminister Guido Westerwelle."

Allerdings bleibt Rösler, Westerwelles designierter Amtsnachfolger im Vorsitz, bislang glücklos. Laut ZDF-Politbarometer trauen viele Wähler Rösler eine Trendwende kaum zu. Nur 30 Prozent glauben, dass er seine Sache besser machen wird als Vorgänger Guido Westerwelle. Umfrage zufolge kommt die FDP bundesweit nur auf vier Prozent.

Rösler trifft mit seinem Verhalten vor dem Bundesparteitag nächste Woche auf Unverständnis in den eigenen Reihen. "Rösler müsste jetzt schon klare Signale setzen, wo die Reise für die FDP hingehen soll", sagte der frühere Innenminister Gerhart Baum (FDP) dem Spiegel. Rösler habe jetzt eine unheimlich starke Stellung. "Er könnte der Partei eigentlich alles zumuten. Die FDP kann es sich gar nicht erlauben, ihn in Rostock abzustrafen." Der Gesundheitsminister dürfe aber nicht den Eindruck erwecken, Getriebener zu sein.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/dapd/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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