Krieg in Libyen:Italienische Luftwaffe soll Angriffe fliegen

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Italien greift nun doch ein: Auf Druck der USA will Ministerpräsident Berlusconi Flugzeuge für die Nato-Luftangriffe zur Verfügung stellen - vor allem wegen der verheerenden Lage in Misrata.

Italien will sich nach Absprache mit den USA an Luftangriffen der Nato in Libyen beteiligen. Wie die italienische Regierung von Silvio Berlusconi am Montagabend mitteilte, wolle Rom seine Flugzeuge vor Ort nun auch bereitstellen "für gezielte Einsätze gegen Militärobjekte auf libyschem Territorium, um die Zivilbevölkerung zu schützen". Berlusconi habe dies nach einem Telefongespräch mit US-Präsident Barack Obama beschlossen, hieß es.

Nato-Luftangriffe in Tripolis: Ein Feuerwehrmann läuft an der beschädigten Residenz Gaddafis vorbei. (Foto: dpa)

Italien hatte bisher von Bombardierungen in seiner früheren Kolonie Libyen Abstand genommen. Man habe sich zu der Teilnahme an den Nato-Einsätzen vor allem angesichts der entsetzlichen Situation in der heftig umkämpften Stadt Misrata entschlossen. Das erklärte der italienische Verteidigungsminister Ignazio La Russa am Abend. Es werde sich jedoch "nicht um wahllose Bombardierungen handeln, sondern um gezielte Missionen mit Präzisionsbomben auf ausgewählte Objekte".

Bislang hatten sich italienische Kampfflugzeuge zwar an Erkundungs- und Überwachungseinsätzen über der ehemaligen Kolonie beteiligt, Kampfeinsätze hatte die Regierung in Rom jedoch ausgeschlossen. Nato-Alliierte wie Großbritannien und Frankreich hatten Italien wiederholt zu einer verstärkten Teilnahme gedrängt.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) lehnte den Einsatz von Kampftruppen dagegen erneut ab. Gaddafi müsse den Krieg gegen sein eigenes Volk beenden, sagte Westerwelle der Bild-Zeitung. "Deswegen haben wir auf harte Sanktionen und die Befassung des internationalen Strafgerichtshofs gedrängt." Deutschland habe von Anfang an klar gesagt, sich nicht an dem Kampfeinsatz zu beteiligen. Die Grenzen des Militärischen würden nun sichtbar.

Nach den Nato-Luftangriffen auf die Residenz von Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi ist die Hauptstadt Tripolis am Montagabend erneut von heftigen Explosionen erschüttert worden. Einwohner berichteten von fünf Detonationen, es seien Rauch und Flammen aufgestiegen. Gaddafi selbst befindet sich nach Angaben eines Sprechers an einem sicheren Ort.

"Gaddafi arbeitet jeden Tag"

Zeugen berichteten zunächst von drei Detonationen im Osten der Stadt, ohne jedoch genauere Angaben machen zu können. Ein Einwohner des Viertels Ain Sara berichtete von Rauch und Flammen. Später folgten nach Angaben eines weiteren Zeugen zwei weitere Explosionen in demselben Stadtteil.

Tripolis ist seit Freitag Ziel verstärkter Angriffe von Nato-Kampfflugzeugen. Die Nato hatte in der Nacht zu Montag die Residenz Gaddafis bombardiert und dabei ein Büro des Machthabers zerstört. Gaddafi gehe es gut, er sei "guter Gesundheit" und "zuversichtlich", sagte sein Sprecher Mussa Ibrahim am Montag bei einer Pressekonferenz vor dem durch den Angriff zerstörten Gebäude. Gaddafi "arbeitet jeden Tag, er führt den Kampf, um das Volk mit Lebensmitteln, Medikamenten und Kraftstoff zu versorgen", sagte Ibrahim.

Zugleich verurteilte er den Angriff auf das Büro Gaddafis als einen "terroristischen Akt" und "versuchten Mord". Bei dem Luftangriff seien drei Beamte getötet und 45 weitere verletzt worden, 15 davon schwer, sagte Ibrahim. Die internationale Gemeinschaft rief er auf, "diese Aggression" zu verurteilen, die die UN-Resolution 1973 für den Libyen-Einsatz verletzt habe. Die Nato müsse "ihre Aggression stoppen und Verhandlungen für eine politische Lösung der Libyen-Krise aufnehmen".

Die Nato erklärte in Brüssel, die Luftangriffe hätten sich gegen ein Kommunikationshauptquartier der libyschen Truppen gerichtet, das für Angriffe auf die Zivilbevölkerung genutzt worden sei. Zu möglichen Opfern könnten keine Angaben gemacht werden. Es gebe keine Möglichkeit, Angaben über zivile Opfer unabhängig zu überprüfen. Anders als die Truppen Gaddafis tue die Nato weiterhin "ihr Mögliches", um zivile Opfer zu vermeiden.

Desaströse Lage in Misrata

Vor der umkämpften Stadt Misrata konnten die Aufständischen die regierungstreuen Truppen nach eigenen Angaben zurückschlagen. Der Raketen-Beschuss Misratas dauert jedoch weiter an. Der Nationalrat der Rebellen in Bengasi zeigte sich indes skeptisch hinsichtlich der Lage in Misrata und wies Berichte über Fortschritte zurück. Gaddafi werde die Stadt nicht aufgeben, sonst müsse er auch die Hauptstadt Tripolis aufgeben, sagte Rebellensprecher Ahmed Omar Bani.

Auch am Dienstag wurde die libysche Hafenstadt ist nach Angaben von Einwohnern von regierungstreuen Truppen beschossen worden. Im Hafengebiet seien mindestens neun Raketen eingeschlagen, sagte ein Bewohner telefonisch der Nachrichtenagentur AP. Die Menschen hätten in Autos und Schiffscontainern Schutz gesucht.

Misrata liegt 210 Kilometer östlich von Tripolis und ist derzeit für die Aufständischen nur auf dem Seeweg zu erreichen. Die Versorgungslage in der drittgrößten libyschen Stadt ist sehr schlecht.

© AFP/dpa/Reuters/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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