Libyen-Krieg: Großbritanniens Rolle:"Muskulöser Liberalismus"

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Außerdem bemüht sich Cameron darum, nicht in die Fußstapfen seines Vorgängers Blair zu treten. Anders als der Labour-Premier bestand der Konservative auf einer UN-Resolution; er band sein Kabinett in die Entscheidung ein, und er verkündete sie im Unterhaus mit dem Justizminister an seiner Seite. Niemand sollte ihm vorwerfen können, dass er die Legalität dieses Waffenganges nicht eingehend geprüft hätte.

Sorgfältig vermeidet Cameron auch die Blair'sche Floskel vom "liberalen Interventionismus" und zieht stattdessen den Begriff "muskulöser Liberalismus"vor . Diese Formulierung mag zwar, zumal im Hinblick auf Deutschlands Liberale unter Guido Westerwelle, wie ein Widerspruch in sich klingen; im britischen Kontext aber nickt Cameron damit seinem liberaldemokratischen Koalitionspartner Ermunterung zu. Denn die LibDems hat die Entwicklung in Nordafrika in ein neues Dilemma gestürzt.

Dies erklärt, weshalb sie seit Beginn der Luftangriffe in Schockstarre verfallen zu sein scheinen und sich in Schweigen hüllen. Schließlich hatte die Partei einen Großteil ihrer politischen Daseinsberechtigung zu Anfang des letzten Jahrzehnts aus ihrer prinzipientreuen Gegnerschaft zum Irak-Krieg bezogen; dass sie nun als Regierungsmitglied Militärattacken auf einen anderen arabischen Staat mittragen, muss zuerst einmal verdaut werden.

Nicht unwesentlich für Camerons Säbelrasseln ist ein anderer Grund, der so alt ist wie die Geschichte von Kriegen und Konflikten: die Ablenkung der öffentlichen Meinung von innenpolitischen Nöten. Am kommenden Mittwoch legt Finanzminister George Osborne seinen zweiten Haushalt vor, und er hat keine guten Nachrichten.

Die Sparmaßnahmen der Regierung beginnen zu greifen und der Verdruss an der Regierung wächst. Nichts kann die Bürger besser auf andere Gedanken bringen als Bilder tapferer Topgun-Piloten, die für eine gute Sache in den Kampf ziehen. Es funktioniert immer. Zumindest vorübergehend.

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