Russland:Mordermittlungen in Moskau

Lesezeit: 2 min

War er das eigentliche Ziel? Alexander Dugin in einem Fernsehstudio im Jahr 2016. (Foto: Francesca Ebel/AP)

Bei einer Autoexplosion stirbt die Tochter eines bekannten Unterstützers von Wladimir Putin. Ob der Anschlag ihrem Vater galt, ist nicht klar. Moskau beschuldigt Kiew.

Von Silke Bigalke, Moskau

Darja Dugina hatte den Tag mit ihrem Vater verbracht, gemeinsam besuchten sie ein konservatives Kulturfestival nahe Moskau. Als sie Samstagabend von dort allein nach Hause fuhr, explodierte das Auto, in dem die 29-Jährige saß. Fotos und Videos im Internet zeigen das brennende Fahrzeug, Wagenteile liegen auf der Fahrbahn verteilt. Auf einem Video ist offenbar auch der erschütterte Vater Alexander Dugin zu sehen, der zum Ort des Geschehens geeilt war.

Das staatliche Ermittlungskomitee geht von Mord aus und teilte mit, es untersuche "alle möglichen Versionen" des Verbrechens. Erste russische Medien berichteten da bereits, das Auto habe nicht Darja Dugina, sondern ihrem Vater gehört. Alexander Dugin ist bekannt für seine radikalen, nationalistischen Ansichten. Er war als Redner zum Festival "Tradition" auf dem Sacharowo-Anwesen eingeladen, wo der Dichter Alexander Puschkin große Teile seiner Kindheit verbracht hat. Heute ist ihm dort ein Museum gewidmet. Nur zufällig sei Dugin nach der Veranstaltung nicht wie geplant mit seiner Tochter gefahren, heißt es nun. Bestätigt ist das bisher nicht.

Der Fall erregt deswegen so großes Aufsehen, weil Dugin als einer der glühendsten Vertreter der eurasischen Bewegung gilt - und als einer der entschiedensten Unterstützer von Wladimir Putins Feldzug gegen die Ukraine. Dugin träumt nicht nur von einem russisch regierten Reich, das sich von Lissabon bis Wladiwostok erstreckt, zusammengehalten durch russisch-orthodoxe, antiliberale Werte. Seit Jahrzehnten vertritt er die These, dass ein Konflikt zwischen den Zivilisationen, zwischen Russland und dem Westen, unausweichlich sei.

Untersuchungen am Unfallort nahe Moskau. (Foto: Investigative Committee of Russia/Reuters)

Eine souveräne, von Moskau unabhängige Ukraine betrachtet Dugin als größtes Hindernis für seine Vorstellungen. Schon vor Jahren rief er zu einem aggressiveren Eingreifen Russlands und zur Gewalt gegen die ukrainische Führung auf. Vor allem in US-Medien wurde Dugin häufig als Putins "Gehirn", als sein Einflüsterer bezeichnet.

Eine Chefredakteurin leitet Racheaufrufe weiter

Andere westliche Beobachter halten den Einfluss des Ideologen auf Putin für überschätzt. Tochter Darja teilte die Ansichten ihres Vaters und sprach der Ukraine ihr Existenzrecht als eigenständiger Staat ab. Während eines Talkshow-Auftritts im Staatsfernsehen beklagte sie etwa, dass der Ukraine der orthodoxe Glaube und "die Einheit des Volks" verloren gegangen seien, stattdessen hätten sich Gruppen mit "aggressiver Ideologie" und "absoluter Russophobie" gebildet. Nun finde ein "Kampf der Ideen, ein Kampf zweier Zivilisationen, Weltanschauungen" statt.

In kremlnahen Kreisen löste ihr Tod heftige Reaktionen aus, sofort wurde Kiew beschuldigt. "Die Terroristen des ukrainischen Regimes haben versucht, Alexander Dugin zu liquidieren, und haben seine Tochter in die Luft gesprengt", schrieb Denis Puschilin, Anführer der Separatistenregion Donezk, auf Telegram. Margarita Simonjan, Chefredakteurin des russischen Staatssenders RT, leitete Racheaufrufe auf Telegram weiter.

Kiew wies jede Verantwortung zurück: "Die Ukraine hat mit der gestrigen Explosion natürlich nichts zu tun, weil wir kein krimineller Staat sind", sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak dem Internetportal Ukrajinska Prawda zufolge bei einem Fernsehauftritt am Sonntag. Er warnte davor, dass Moskau den Vorfall für seine Propaganda nutzen könnte.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusAlexej Nawalny
:"Treffen sind verboten, Briefe sind verboten, Pakete sind verboten"

Drei Tage in einer winzigen Strafzelle wegen eines offenen Uniformknopfes: Davon berichtet Alexej Nawalny aus dem Gefängnis. Der wahre Grund für die Maßnahme dürfte aber ein anderer sein.

Von Silke Bigalke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: