Kramp-Karrenbauer steuert gegen CDU-Linie:Saarlands Regierungschefin für höheren Spitzensteuersatz

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Hat in einem Interview einen höheren Spitzensteuersatz befürwortet: Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer.  (Foto: dpa)

Ob Frauenquote oder Umgang mit der FDP: Annegret Kramp-Karrenbauer ist in der CDU bekannt dafür, dass sie auch mal gegen die eigene Parteizentrale in Berlin handelt. Jetzt überrascht die saarländische Ministerpräsidentin mit einem neuen Vorschlag: Sie kann sich einen Spitzensteuersatz von 53 Prozent vorstellen. Das geht selbst SPD-Chef Gabriel zu weit.

Von Robert Roßmann, Berlin

Pentti Kekkola ist leider etwas in Vergessenheit geraten. Der finnische Fußballer bekam 1986 nach dem fünften Eigentor in einer einzigen Saison von den Mitspielern einen Kompass geschenkt. Gäbe es in der CDU-Zentrale Menschen mit nordischer Fußball-Expertise, würde jetzt vermutlich auch Annegret Kramp-Karrenbauer mit einem Kompass bedacht. Denn die saarländische Ministerpräsidentin hat zum Leidwesen ihrer Partei mal wieder zugeschlagen.

Die 50-Jährige steht im Adenauer-Haus ja schon länger im Verdacht, nicht immer aufs gegnerische Tor schießen zu wollen. Im Bundesrat verhalf die Saarländerin einem Gesetzentwurf der Sozialdemokraten für eine starre Frauenquote zur Mehrheit - und löste damit zum Ärger der CDU eine Debatte über die Quote aus. Und im Januar 2012 beendete Kramp-Karrenbauer entgegen dem Rat Angela Merkels die Jamaika-Koalition in Saarbrücken. Dabei zeigte sie gegenüber der FDP brutale Härte - was der Kanzlerin, die in Berlin mit den Liberalen regieren muss, nicht gerade gefiel. Wenige Tage vor Ostern hat Kramp-Karrenbauer der CDU-Zentrale jetzt das nächste Ei ins Nest gelegt.

In einem Interview unterstützte die Ministerpräsidentin die Forderungen von SPD und Grünen nach einem höheren Spitzensteuersatz. Sogar eine Anhebung auf das in den Neunzigerjahren geltende Niveau von 53 Prozent wäre "noch einmal möglich", sagte sie dem Deutschlandradio Kultur. Es waren nur wenige Sätze, aber sie nahmen dem Steuer-Wahlkampf der Union schlagartig den Schwung.

Hatten sich CDU und CSU bisher nicht als leidenschaftliche Kämpferinnen gegen eine Anhebung des Spitzensteuersatzes geriert? Hatte die Union nicht den Wunsch der Opposition nach einer Erhöhung von 42 auf 49 Prozent als "tiefen Griff in den Geldbeutel" verteufelt? Und jetzt kommt Kramp-Karrenbauer auf einmal mit 53 Prozent daher? Entsprechend fassungslos reagierten viele Christdemokraten. Die Parteizentrale musste am Montag klarstellen, dass die CDU auch weiterhin keine Erhöhung des Spitzensteuersatzes wolle. Doch der Schaden ist kaum noch gutzumachen: Künftig werden alle Sozialdemokraten die CDU-Kritik an den SPD-Steuerplänen mit den Sätzen von Kramp-Karrenbauer kontern.

SPD-Chef Sigmar Gabriel gab am Montag schon mal den Ton vor. Es sei schön, dass es auch in der CDU Politiker mit einem Blick für soziale Ungerechtigkeiten gebe, sagte Gabriel der Süddeutschen Zeitung. Allerdings sei ein Spitzensteuersatz von 53 Prozent zu hoch und unvertretbar. "Solche linksradikalen Forderungen stellen in der SPD nicht mal mehr die Jungsozialisten", befand Gabriel. Die Sozialdemokraten waren wegen ihrer Steuerpläne zuletzt arg in die Defensive geraten. Immer mehr Experten hatten vorgerechnet, dass die SPD-Vorschläge schon Ledige mit einem Monatseinkommen von gut 5000 Euro zusätzlich belasten würden. Um so erfreuter vernahmen sie jetzt Kramp-Karrenbauer.

Die SPD will den neuen Spitzensteuersatz von 49 Prozent ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 100.000 Euro erheben (Verheiratete: 200.000). Wegen der Änderung des Steuerverlaufs müssten dann aber auch Bürger mit niedrigeren Einkommen höhere Steuern zahlen. Bei Ledigen würde dies bereits bei 64.000 Euro beginnen. Wegen des Vorstoßes von Kekkola-Kramp-Karrenbauer redet darüber jetzt aber erst einmal keiner mehr.

© SZ vom 26.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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