Militär:Kampfjet-Auftrag der Bundeswehr könnte US-Rüstungsindustrie Milliarden einbringen

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Für die US-Rüstungsindustrie wäre der Auftrag der Bundeswehr einträglich. (Foto: AP)

Greenpeace hat erstmals kalkuliert, wie teuer das F-18-Projekt von Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer werden könnte. Demnach geht es um Kosten von mindestens 7,67 Milliarden Euro.

Von Mike Szymanski, Berlin

Von einem der größten Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr, dem Ersatz für die in die Jahre gekommenen Tornado-Kampfjets, könnte allein die US-Rüstungsindustrie im Umfang von mindestens etwa acht Milliarden Euro profitieren. Geht es nach Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), dann soll die Tornado-Flotte etwa zur Hälfte durch F-18-Jets des US-Hersteller Boeing in zwei verschiedenen Varianten ersetzt werden. Es geht um insgesamt 45 Maschinen.

Zu den Kosten hatte das Verteidigungsministerium bislang keine Angaben gemacht. Nun hat Greenpeace mit Hilfe von Friedensforschern und Militärexperten eine Kostenkalkulation in Auftrag gegeben, die erste Anhaltspunkte in dieser Frage liefert und die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Autoren, Otfried Nassauer, Direktor des Berliner Informationszentrums für transatlantische Sicherheit, und der ehemalige Luftwaffenoffizier Ulrich Scholz kommen darin zu dem Ergebnis, dass sich die Kosten für die Jets "im Minimum zwischen 7,67 und 8,77 Milliarden Euro" belaufen würden.

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Die Anschaffung ist politisch heikel. Ein Teil der F-18-Flotte soll in die Lage versetzt werden, im Kriegsfall in Deutschland stationierte US-Atombomben ins Ziel tragen zu können. Dazu hat sich Deutschland im Rahmen des Konzeptes der sogenannten Nuklearen Teilhabe verpflichtet. Derzeit kommt die Bundeswehr dieser Verpflichtung mit den Tornados nach. Alexander Lurz, Abrüstungsexperte bei Greenpeace, sagte der SZ, der geplante Kauf der Maschinen sei "nicht nur abrüstungspolitisch ein verheerendes Signal, sondern in Corona-Zeiten eine Verschwendung bald knapper finanzieller Mittel".

Kramp-Karrenbauers Plan verärgert die hiesige Industrie

Eine Entscheidung steht in dieser Legislaturperiode nicht mehr an. Das Geschäft muss erst vorbereitet werden und das Parlament diesem dann noch zustimmen. Der Vorschlag von Kramp-Karrenbauer, zu einem beträchtlichen Teil auf US-Jets zu setzen, verärgert aber auch die hiesige Industrie. Airbus ist am europäischen Eurofighter -Programm beteiligt. Zwar will die Luftwaffe ihre Flotte mit bis zu 93 Eurofighter-Maschinen in den nächsten Jahren umfangreich modernisieren und ausweiten. Einen Teil des Rüstungsvorhabens in die USA zu vergeben, stößt dennoch auf Unverständnis. "Das ist Steuergeld, das in die USA für ein Produkt geht, das wir selber herstellen können", hieß es unlängst beim Gesamtbetriebsrat.

Die geplante Anschaffung fällt zudem in eine Zeit, in der das Verhältnis Berlins zu Washington stark abgekühlt ist. US-Präsident Donald Trump wirft Deutschland vor, zu wenig in die Verteidigung zu investieren. Nun wollen die USA unter seiner Führung knapp 10 000 der fast 35 000 Soldaten aus Deutschland abziehen. Beim Koalitionspartner SPD schwindet die Bereitschaft, überhaupt noch große Rüstungsgeschäfte mit den USA zu machen, gerade wenn es dabei auch um Fragen von Atomwaffen geht. Für Kramp-Karrenbauer stehen dagegen auch sehr praktische Erwägungen im Zentrum. Die F-18-Jets würden Fähigkeiten mitbringen, für die der Eurofighter erst nachgerüstet werden müsste. Sie sieht daher in den Maschinen eine gute Ergänzung.

Interessant ist, wie Greenpeace zur Kostenschätzung kam. Weil wichtige Kennzahlen in solchen Fällen unter Verschluss gehalten werden, haben die Experten ein vergleichbares Beschaffungsvorhaben in Australien untersucht. 2007 begann man dort, 36 Jets in ähnlichen Varianten einzukaufen. Die Experten werteten detaillierte Angaben des australischen Rechnungshofs aus. Dabei zeigte sich auch: Dort lief die Beschaffung weitgehend glatt. Das Budget habe eingehalten werden können, die Jets kamen fristgerecht. Von vielen Rüstungsvorhaben der Bundeswehr lässt sich das nicht behaupten.

© SZ vom 29.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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