Kommunen - Wiesbaden:Haushalt: Städte- und Gemeindebund fordert Unterstützung

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Der hessische Städte- und Gemeindebund macht kurz vor den entscheidenden Gesprächen über den Landeshaushalt 2020 Druck auf die schwarz-grüne Koalition. Der kommunale Spitzenverband fordert mehr Unterstützung vom Land, um die Kommunen dauerhaft finanziell krisensicher zu machen. Trotz der guten Konjunktur in der jüngsten Vergangenheit seien viele Gemeinden darauf angewiesen gewesen, Steuern zu erhöhen, sagte der künftige Geschäftsführer David Rauber der Deutschen Presse-Agentur in Mühlheim. "Das zeigt bereits, dass die finanzielle Decke vielerorts zu dünn ist."

Der Finanzexperte des Städte- und Gemeindebundes, der den langjährigen amtierenden Geschäftsführer Karl-Christian Schelzke Mitte des Jahres ablösen wird, lobte ausdrücklich den kommunalen Schutzschirm und die Hessenkasse des Landes. Der Preis für diese Entschuldungsprogramme sei für die Bevölkerung aber spürbar gewesen: Öffentliche Einrichtungen wie etwa Schwimmbäder seien geschlossen oder die Grundsteuern erhöht worden.

Mit der Tilgung von Altschulden und Kassenkrediten über die Programme habe das Land strukturelle Probleme angegangen, um die Handlungsfähigkeit von Städten, Gemeinden und Landkreisen wieder zu erhöhen, erklärte Rauber. Die Ausgabenseite der Kommunen habe sich aber vor allem wegen der stark wachsenden Kosten für die Kinderbetreuung sowie die hohen Zahlungen für die Sozial- und Jugendhilfe trotzdem weiter erhöht.

Fast ein Drittel der hessischen Städte und Gemeinden hat nach Angaben des Steuerzahlerbunds im Jahr 2019 mindestens eine Steuer angehoben. 133 der insgesamt 423 Kommunen im Land hätten zu dieser Maßnahme gegriffen. Im Jahr zuvor sei das noch bei 91 der Fall gewesen.

"Wenn die Konjunktur sich eintrübt und die Steuereinnahmen nicht mehr so laufen, dann besteht aus unserer Sicht das hohe Risiko, dass die Kommunen wieder auf breiter Front ins Defizit rutschen", mahnte Rauber. Deshalb müsse strukturell etwas geändert und gerade bei den größten Finanzposten wie der Kita-Betreuung und den Sozialausgaben deutlich vom Land nachgebessert werden.

Der Städte- und Gemeindebund habe für die laufenden Beratungen für den Landeshaushalt 2020 bereits entsprechende Anträge bei den Anhörungen eingebracht, sagte Rauber. Konkret gehe es dabei etwas um die Mittel für Betriebskosten für die Kitas sowie eine bessere finanzielle Unterstützung der Kommunen beim Krippenausbau in Hessen. "Die Kosten entwickeln sich dynamisch, deshalb sollte sich auch die Beteiligung des Landes daran dynamisch entwickeln."

Der Entwurf des Landeshaushalts wurde vom Kabinett bereits gebilligt und in erster Lesung im hessischen Landtag diskutiert. Voraussichtlich Ende Januar sollen die Einzelpläne der Ressorts im Parlament vorgestellt werden. Mit einer Verabschiedung des Landeshaushalts wird im Februar gerechnet. Für die Kinderbetreuung und die frühkindliche Bildung sollen im Landeshaushalt ab 2020 rund eine Milliarde Euro zur Verfügung stehen.

Mit dem Entschuldungsprogramm Hessenkasse hatte das Land Kassenkredite der Städte, Kreise und Gemeinden von rund fünf Milliarden Euro abgelöst. 179 Kommunen nahmen an dem Programm teil. Das Land unterstützte sie bei der Schuldentilgung, die Kommunen mussten aber auch einen Eigenbeitrag zur Rückzahlung leisten.

Der Entschuldungsteil der Hessenkasse ist mittlerweile geschlossen worden. Das dazugehörige Investitionsprogramm mit einem Volumen von fast 700 Millionen Euro läuft noch bis Ende 2024. Damit die Kommunen nicht leer ausgehen, die trotz knapper Kassen gut gehaushaltet und keine Kassenkredite genutzt haben, war das Investitionsprogramm als Bestandteil der Hessenkasse hinzugefügt worden. Vorgaben vom Land für den Einsatz der Fördergelder gibt es nicht. Die Kommunen müssen jedoch einen Eigenanteil von zehn Prozent übernehmen. Es gibt laut Finanzministerium bislang 257 Anmeldungen für das Programm.

Insgesamt haben nach Angaben des Hauses von Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) im vergangenen Jahr 97 Prozent der hessischen Kommunen einen ausgeglichenen Haushaltsplan aufgestellt. Maßgeblich zu dieser Entwicklung beigetragen habe auch der kommunale Finanzausgleich, der sich mit knapp sechs Milliarden Euro im Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2010 mehr als verdoppelt habe.

Von den 100 hessischen Kommunen, die unter den finanziellen Schutzschirm des Landes geschlüpft waren, hat inzwischen rund ein Viertel das Entschuldungsprogramm wieder verlassen. In den vergangenen drei Jahren hätten 23 Städte, Kreise und Gemeinden ihre Finanzen mit Unterstützung des Landes wieder auf eine solide Basis gestellt, teilte das Finanzministerium in Wiesbaden auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden mit.

Von den verbliebenen Kommunen hätten rund 60 gute Chancen, bald aus dem Hilfsprogramm entlassen werden zu können. Hochrechnungen zufolge erfüllten sie die Grundvoraussetzung dafür - nämlich drei Jahre in Folge einen ausgeglichenen Haushalt vorzuweisen.

Mit dem Schutzschirmprogramm, das 2012 im Wiesbadener Landtag beschlossen wurde, hatte Hessen den Kommunen für insgesamt 3,2 Milliarden Euro einen Teil ihrer Altschulden abgenommen. Dafür müssen sie bis spätestens 2020 ihren Haushalt konsolidieren. Die beiden ersten Kommunen hatten 2017 den Schutzschirm wieder verlassen.

Für kleinere und mittlere Kommunen könnten unerwartete Gewerbesteuerrückzahlungen oder erforderliche Pensionsrückstellungen bei Bürgermeisterwechseln zu Problemen auf dem Weg zur Haushaltskonsolidierung führen, erklärte ein Ministeriumssprecher. Eine Kompensation des möglichen Defizits erfolge jedoch in der Regel schon im Folgejahr. "Aktuell ist von diesen Herausforderungen aber nicht einmal eine Handvoll der Schutzschirmkommunen berührt."

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