Koalitionspläne der FDP:Westerwelles Farbenlehre

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Vor ihrem Parteitag lehnt die FDP eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen ab - zur Not würde sie mit Union und der Ökopartei regieren. Festlegen möchte sich aber niemand.

Peter Blechschmidt

Schaukämpfe und Scheingefechte gehören zum Wahlkampf wie Marktplätze und Fernseh-Talkshows und wie Fragen à la "Was wäre wenn?" oder "Können Sie ausschließen, dass...?" Die FDP wird derzeit ständig gefragt, ob sie eine rot-gelb-grüne Ampelkoalition ausschließen wolle für den Fall, dass es zu der angestrebten schwarz-gelben Mehrheit am 27. September nicht reicht. Am kommenden Sonntag wollen die Liberalen auf einem Parteitag in Potsdam ihren Wahlaufruf mitsamt der Koalitionsaussage beschließen. Ob darin eine Ampel definitiv ausgeschlossen sein wird, war am Mittwoch noch offen. Als wahrscheinlich galt es jedoch nicht.

Die Entscheidung soll erst in den Sitzungen von Präsidium und Vorstand am kommenden Samstag fallen. Noch gebe es keinen Textentwurf, sondern nur Brainstorming, sagen übereinstimmend Mitglieder des Präsidiums, das am Montag unter Ausschluss der angestellten Mitarbeiter tagte. "Keiner will die Ampel", versichern selbst FDP-Politiker, die vor einem Ausschluss-Beschluss warnen. "Die Ampel wäre derzeit in der Partei nicht durchsetzbar, es würde die Partei zerreißen." In einer Ampel würden sich die Liberalen gegenüber Rot-Grün in der Minderheitsrolle sehen. Außerdem glauben sie, dass die Linken in der SPD versuchen würden, sie im Laufe der Legislaturperiode gegen eine rot-rot-grüne Koalition auszuwechseln.

Einer der wenigen, die sich überhaupt öffentlich äußern wollen, ist der nordrhein-westfälische Innovationsminister und stellvertretende Bundesvorsitzende Andreas Pinkwart. "Wir sagen den Wählern klar, was wir wollen und mit wem wir es wollen", sagte Pinkwart am Mittwoch der Süddeutschen Zeitung. "Dann braucht man sich zu anderen Dingen gar nicht zu äußern. Aber ich würde auch nichts ausschließen. Andere schließen auch nichts aus."

Wunschpartner für eine Koalition bleibt die CDU

Viele Liberale halten es schlicht für eine Frage der politischen Selbstachtung, dass man sich über die Aussage zugunsten der Union hinaus nicht festlegt. "Die Union macht auch nur eine positive Aussage für Schwarz-Gelb. Wir halten es da wie die Union", sagt ein Vorstandsmitglied, das sich allerdings an das offizielle innerparteiliche Schweigegelübde halten will.

Dies ist auch die Linie, die Parteichef Guido Westerwelle seit Monaten verfolgt. Er halte eine Ampelkoalition aus inhaltlichen Gründen für ausgeschlossen, sagt Westerwelle mit der Gleichförmigkeit einer tibetischen Gebetsmühle. Leicht verschärft hatte er die Aussage im Frühsommer, als er auf das früher mitbenutzte "derzeit" verzichtete. "Mit Tinte oder gar Blut an die Wand schreiben" aber wollte Westerwelle diese Absage an die Ampel nie.

Natürlich wächst auch bei den Liberalen die Sorge, dass es am Ende wie schon 2002 und 2005 für Union und FDP nicht reichen könnte. Der leichte Zuwachs in den Umfragen nach dem Kanzlerduell vom vergangenen Wochenende wird nicht als dauerhafte Stabilisierung der zuletzt schwächelnden Union gewertet. Das Eintreten von CDU-Chefin Angela Merkel für Schwarz-Gelb empfinden die Liberalen als halbherzig. Bis hin zum Parteichef glauben viele, dass Merkel es sich in der großen Koalition bequem eingerichtet habe und nichts dagegen hätte, in dieser Konstellation auch weiter zu regieren.

Die Serie der Nadelstiche von Seiten der CSU dürfte manchen Wähler verunsichert haben, ob die Union wirklich künftig mit den Liberalen regieren will. Auch wenn die CSU-Attacken der FDP wahrscheinlich eher Wähler zugetrieben haben dürften, könnten dies am Ende Stimmen sein, die der Union fehlen. Das gelegentlich zu hörende Argument, das Ausschließen der Ampel könne Schwarz-Gelb stärken, gilt als nicht schlüssig. Wie eine solche Festlegung die Union stützen könnte, kann niemand nachvollziehen.

Schließlich will sich Westerwelle den Ausweg einer schwarz-gelb-grünen Jamaika-Koalition nicht verstellen. Dafür nimmt er in Kauf, dass ihm in Sachen Ampel unterstellt wird, er wolle sich ein Hintertürchen offen halten. Für ihn dürfte der Verweis auf die inhaltlichen Aussagen des Wahlaufrufs, den der Sonderparteitag am Sonntag beschließen und in den die Koalitionsaussage eingebettet sein wird, Abgrenzung von der Ampel genug sein. Darin wird es viele Eckpunkte, aber nur eine wirkliche Bedingung für einen Koalitionsvertrag geben: das Versprechen einer Steuer-Strukturreform.

Auch wenn man in der FDP nicht in alte Wahlkampfmuster zurückfallen will - ein bisschen Spaß darf doch sein. Ausgeschlossen, so ein Funktionär am Mittwoch, werde bestimmt ein Bündnis, das sich wie Jamaika an den Farben einer Landesflagge orientiere: die "Spanien-Koalition" Rot-Gelb-Rot.

© SZ vom 17.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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