Klimaschutz:Das steht im "radikal realistischen" Maßnahmenpapier der Grünen

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Archivbild: Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen im November 2017. (Foto: picture alliance / Kay Nietfeld/)
  • In einem Antrag für den Bundesparteitag im November fordert der Bundesvorstand der Grünen ein Bündel an Maßnahmen für den Klimaschutz.
  • Dazu zählt ein höherer CO₂-Preis von 40 Euro pro Tonne. Außerdem wollen die Grünen eine Begrenzung der Fleischproduktion in Deutschland und ein Tempoliminit auf Autobahnen.
  • CSU-Generalsekretär Markus Blume wies eine Geschwindigkeitsbegrenzung als "Bevormundungswahn der Grünen" zurück.

Die Grünen wollen die Klimapolitik verschärfen und deutlich über die Pläne der Bundesregierung hinausgehen. Das geht aus einem Antrag des Bundesvorstandes für den Grünen-Parteitag im November hervor.

"Während die GroKo alles nach hinten schiebt und entsprechend in Kauf nimmt, dass Deutschland in den Jahren 2019 bis 2025 kaum etwas einspart, geschweige denn in den Jahren zuvor, geht unser Ansatz darauf, möglichst schnell möglichst große Budgeteinsparungen vorzunehmen", sagte Parteichefin Annalena Baerbock am Wochenende.

Unter dem Titel "Handeln - und zwar jetzt!" führt der Antrag eine Reihe von Maßnahmen auf, mit denen die Grünen Deutschland zu einem klimaneutralen Land machen wollen. Die Partei spricht von einem "radikal realistischen" Programm. Das fordert sie im Einzelnen:

  • Höherer CO₂-Preis: Die Grünen wollen den Kohlenstoffdioxid-Ausstoß stärker besteuern als bislang von der großen Koalition geplant. Im Bereich Verkehr und Wärme sollten die Energiesteuern mit einer CO₂-Komponente reformiert werden, wobei der Einstiegspreis hier bei 40 Euro pro Tonne liegen und 2021 auf 60 Euro steigen solle. Die Bundesregierung plant derzeit einen CO₂-Preis von 10 Euro ab dem Jahr 2021, der bis 2035 auf 35 Euro steigen soll.
  • Weniger Fleisch: In der Landwirtschaft will der Grünen-Vorstand den Tierbestand begrenzen. Er solle "maximal bei zwei Großvieheinheiten pro Hektar liegen, perspektivisch noch darunter", heißt es in dem Antrag. Eine Großvieheinheit entspricht etwa 500 Kilogramm; zwei Großvieheinheiten entsprächen zwei Rindern Öffentliche Kantinen sollen mehr vegetarische und vegane Gerichte anbieten.
  • Sofortverbot für klimaschädliche Heizungen: In deutschen Wohnungen sollen Ölheizungen ab sofort nicht mehr eingebaut werden, fossile Gasheizungen soll es ab 2025 nicht mehr geben.
  • Keine Autos mehr mit Verbrennungsmotor: Ab 2030 sollen nach Willen des Grünen-Vorstandes nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden. Für CO₂-intensive Fahrzeuge soll die Kfz-Steuer steigen.
  • Keine neuen Bundesstraßen: Deutschland sei "mit Straßen ausreichend erschlossen", heißt es in dem Antrag. Daher sollen ab 2025 keine neuen Bundesstraßen gebaut werden. Erweitert werden soll dafür das Schienennetz der Bahn.
  • Keine Inlandsflüge: Bis 2030 sollen dank eines besseren Bahnverkehrs außerdem Inlandsflüge überflüssig sein. Die Steuerbefreiung für Kerosin soll aufgehoben werden und die Mehrwertsteuer für alle Flugreisen eingeführt werden. Neue Start- und Landebahnen sollen nicht mehr genehmigt werden.
  • Tempolimit: Auf Autobahnen soll eine Höchstgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern gelten. Auch innerorts sollen generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen von 30 km/h auf allen Straßen erleichtert werden, die Entscheidung darüber sollen aber die Kommunen treffen.
  • Energiegeld für alle Bürger: Aus den Einnahmen einer CO₂-Steuer soll ein Energiegeld von 100 Euro im Jahr finanziert werden, das jede Bürgerin und jeder Bürger bekommt. Mit dem Energiegeld will der Grünen-Vorstand einen sozialen Ausgleich schaffen. "Da Menschen mit niedrigem Einkommen in der Regel weniger CO₂ produzieren, profitieren sie überdurchschnittlich davon", heißt es in dem Antrag.

Politiker anderer Parteien reagierten teils mit Kritik an dem Paket der Grünen. CSU-Generalsekretär Markus Blume wies die Forderung nach einem Tempolimit zurück: "Zum x-ten Mal fordern sie ein generelles Tempolimit. Das ist eine Debatte von vorgestern", twitterte er. Nicht die Bürger müsse man bremsen, "sondern den Bevormundungswahn der Grünen".

Die SPD-Abgeordnete und Bewerberin für den Parteivorsitz, Saskia Esken, sagte dem Handelsblatt, sie sei für eine Geschwindigkeitsbegrenzung. "Ich plädiere unumwunden für ein generelles Tempolimit", sagte sie. "Zuletzt hat mir die Reise in die Bretagne auf französischen Autobahnen nochmal verdeutlicht, wieviel weniger Stress das neben der Reduktion von CO₂ und Unfallgefahren mit sich bringt."

SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich wirft den Grünen dagegen generell vor, Politik vorwiegend für ihre gut situierte Klientel zu machen. "Die große Mehrheit der Grünen will die Lenkungsfunktion zu klimaneutralem Handeln mit einem höheren Preis erreichen. Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, der Staat muss erst bestimmte Rahmenbedingungen auch und vor allem für Geringverdiener schaffen, damit die Gesellschaft umsteuern kann. Ich spitze das mal zu: Die Grünen handeln neoliberal", sagte Mützenich im Interview mit dem Tagesspiegel.

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