Katholische Kirche:Neue Erkenntnisse: Münchner Missbrauchsgutachten im Januar

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Das Gutachten zu den Missbrauchsfällen wird auch international mit Spannung erwartet. (Foto: Christoph Hardt/imago)

Ursprünglich war die Veröffentlichung für Sommer angekündigt worden. Man müsse kürzlich gewonnene Erkenntnisse noch prüfen, erklärt die Kanzlei.

Von Annette Zoch, München

Das mit Spannung erwartete Gutachten zum Umgang von Verantwortungsträgern mit Fällen sexualisierter Gewalt im Erzbistum München und Freising verzögert sich. Die Untersuchung werde in der dritten Kalenderwoche, also zwischen dem 17. und 21. Januar 2022, vorgestellt, teilte die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) am Mittwoch in München mit. Der exakte Termin sowie der Ort der Pressekonferenz werde noch bekannt gegeben.

Ursprünglich war die Veröffentlichung bereits in diesem Sommer erwartet worden. Diese "geringfügige Verzögerung" beruhe darauf, so die Anwälte, "dass wir in der jüngeren Vergangenheit neue Erkenntnisse gewonnen haben, die kurzfristig einer intensiven Überprüfung unterzogen werden müssen". Das Gutachten werde auf der Homepage der Kanzlei veröffentlicht. Die Repräsentanten der Erzdiözese München und Freising würden erst mit Veröffentlichung erstmals über die Ergebnisse unterrichtet.

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Das Gutachten wird mit hoher auch internationaler Aufmerksamkeit erwartet. Denn der Untersuchungszeitraum von 1949 bis 2019 umfasst auch die Amtszeit von Kardinal Joseph Ratzinger, des heutigen emeritierten Papstes Benedikt XVI. Er war von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising. Auch wenn Ratzingers Amtszeit nur kurz war, fällt in diese Zeit die Versetzung eines Priesters aus Essen, der dort des sexuellen Missbrauchs verdächtigt wurde und dem anschließend auch im Erzbistum München Missbrauchstaten vorgeworfen wurden.

Weitere prominente Verantwortungsträger im Untersuchungszeitraum des Gutachtens sind Kardinal Julius Döpfner, Ratzingers Vorgänger im Amt, sowie Kardinal Friedrich Wetter, der von 1982 bis 2008 Münchner Erzbischof war. Ihm folgte der heutige Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx.

2010 hatte die Kanzlei eine erste Untersuchung erstellt

Der Auftrag bestehe darin, so die Kanzlei WSW, "sämtliche Fälle sexuellen Missbrauchs im Hinblick auf Ordnungsmäßigkeit und Angemessenheit der Sachbehandlung zu prüfen". Auf dieser Grundlage seien systemische Ursachen und Defizite zu benennen, die "aus unserer Sicht sexuellen Missbrauch begünstigt haben. Des Weiteren sind, gegebenenfalls und soweit rechtlich möglich, diejenigen Repräsentanten der Erzdiözese München und Freising zu benennen, die unserer Einschätzung nach im Untersuchungszeitraum möglicherweise fehlerhaft oder unangemessen im Zusammenhang mit der Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs gehandelt haben", so WSW.

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Die Kanzlei hatte im Dezember 2010 bereits eine Untersuchung für das Erzbistum München und Freising erstellt, den gesamten Text bekamen damals aber nur Erzbischof Marx und der damalige Generalvikar Peter Beer zu lesen. WSW hatte neben einem Gutachten für das Bistum Aachen auch das erste Missbrauchsgutachten für das Erzbistum Köln erstellt, das dann von Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki wegen angeblicher methodischer Mängel und äußerungsrechtlicher Probleme zurückgezogen wurde.

Erst auf massiven öffentlichen Druck gewährte das Erzbistum Köln zeitweise Einsicht in das WSW-Gutachten, vollständig veröffentlicht ist es bis heute nicht. Der Umgang mit dem Gutachten hatte in Köln eine beispiellose Vertrauenskrise ausgelöst. Das Erzbistum Köln beauftragte den Kölner Strafrechtler Björn Gercke mit einem neuen Gutachten, das auch veröffentlicht wurde. Papst Franziskus beließ aber alle in diesem Gutachten belasteten Bischöfe im Amt.

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