Kirche:Experte Schüller: Urteil „Zäsur in der Justizgeschichte“

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Köln (dpa) - Der Kirchenrechtler Thomas Schüller hat die Verurteilung des Erzbistums Köln zu 300.000 Euro Schmerzensgeld für einen Missbrauchsbetroffenen als eine „Zäsur in der deutschen Justizgeschichte“ bewertet. „Erstmalig wird die katholische Kirche durch ein staatliches Gericht zu einer auch in der Höhe für deutsche zivilrechtliche Verhältnisse außergewöhnlichen Summe zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt“, sagte Schüller am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. „Daran werden sich zukünftig auch andere Gerichte zumindest orientieren.“

Schüller sagte, die bisherige „Armenspeisung“ der deutschen Bischöfe von Entschädigungsleistungen bis 50.000 Euro sei „krachend gescheitert“. Vielen Opfern sei diese Regelung „wie ein Hohn angesichts ihrer lebenslangen seelischen und körperlichen Verletzungen“ vorgekommen. „Natürlich werden weitere Betroffenen sexualisierter Gewalt im Raum der Kirchen nun diesen gerichtlichen Weg gehen“, prophezeite Schüller. Dabei sei allerdings zu beachten, dass wohl nicht jedes Bistum bei Verjährung so wie im vorliegenden Fall das Erzbistum Köln darauf verzichten werde, Verjährungseinrede einzulegen.

Die Taten in dem Kölner Fall hatten in den 70er Jahren stattgefunden. Außerdem sei die Aktenlage nicht immer so eindeutig wie jetzt, sagte Schüller. Unterm Strich könne man aber festhalten: „Auf jeden Fall ein guter Tag für alle Betroffenen.“

© dpa-infocom, dpa:230613-99-42625/2

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: