Saudi-Arabien:Haft statt Hinrichtungen im Fall Khashoggi

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Der saudische Journalist Jamal Khashoggi 2011 in Davos. 2018 wurde er im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet. (Foto: dpa)

Fünf Personen waren 2019 wegen der Ermordung des Regimekritikers zum Tode verurteilt worden. Nachdem die Söhne Khashoggis ihnen verziehen haben, müssen sie für 20 Jahre ins Gefängnis.

Fünf Personen, die Ende 2019 wegen der Ermordung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi zum Tode verurteilt wurden, müssen nun doch nicht sterben. Ein saudisches Gericht hat die fünf Angeklagten zu 20 Jahren Haft verurteilt und die Todesurteile damit aufgehoben.

Drei weitere Personen seien zu Haftstrafen zwischen sieben und zehn Jahren verurteilt worden, meldete die staatliche saudische Nachrichtenagentur SPA unter Berufung auf einen Justizsprecher. Die Urteile seien nun abschließend.

Es wird vermutet, dass die Aufhebung der Todesurteile mit einer Erklärung von Khashoggis Familie zusammenhängt, die den Tätern vergeben hat. Khashoggis ältester Sohn Salah hatte auf Twitter geschrieben: "Wir, die Söhne des Märtyrers Jamal Khashoggi, erklären, dass wir denjenigen verzeihen, die unseren Vater getötet haben." Beobachter sahen in der Erklärung einen Schritt, um die Todesstrafe gegen die Angeklagten aufzuheben. Nach dem in Saudi-Arabien praktizierten islamischen Recht ist dies möglich, wenn die Familie den Tätern vergibt.

Ermordeter Journalist
:Familie vergibt Mördern von Jamal Khashoggi

Der Kritiker des saudi-arabischen Königshauses war 2018 unter mysteriösen Umständen getötet worden. Die Herrscherfamilie streitet eine Verwicklung darin ab, fünf angebliche Täter wurden zum Tode verurteilt.

Khashoggi war am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkommando aus Riad getötet worden. Die Führung des islamisch-konservativen Königreichs war danach scharfer Kritik ausgesetzt. Die saudische Regierung räumte den Mord erst auf internationalen Druck hin ein.

Die Spuren führten damals bis in das engste Umfeld des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, dem eigentlich starken Mann des Landes. Die UN-Sonderberichterstatterin Agnès Callamard kam in einem Untersuchungsbericht zu dem Schluss, dass es glaubwürdige Hinweise auf eine mögliche persönliche Verantwortung des Thronfolgers und anderer ranghoher Vertreter Saudi-Arabiens gebe. Mohammed bin Salman bestritt jedoch, die Ermordung Khashoggis angeordnet zu haben.

In einem international kritisierten Verfahren verurteilte ein saudisches Gericht Ende 2019 fünf Angeklagte zum Tode. Drei Personen erhielten Haftstrafen von insgesamt 24 Jahren. Die Namen der Angeklagten wurden jedoch - wie auch jetzt - nicht veröffentlicht. Damals hieß es, sie sollten unter Verschluss bleiben, bis die Urteile rechtskräftig seien. Ebenso unklar waren die konkreten Vorwürfe. Die Öffentlichkeit blieb von dem Verfahren weitestgehend ausgeschlossen. Von Menschenrechtsgruppen wurde kritisiert, dass kein ranghoher Beamter und keine Person schuldig gesprochen wurde, die als Auftraggeber in Frage kam. Auch wurde die Unabhängigkeit des Gerichts insgesamt bezweifelt.

Prozess gegen 20 Angeklagte in Istanbul

Auch die türkische Justiz hat den Fall erneut aufgerollt. Anfang Juli begann in Istanbul ein Prozess gegen 20 Angeklagte, allesamt saudische Staatsbürger. Das Gericht verhandelt gegen sie jedoch in Abwesenheit. Das Verfahren hat eine starke politische Bedeutung, da die Türkei und Saudi-Arabien Rivalen sind und in der Region um Einfluss buhlen.

Der türkische Staatsanwalt kam zu dem Schluss, dass der Mord von Anfang an geplant gewesen sei, sollte Khashoggi nicht einwilligen, nach Saudi-Arabien zu kommen. Er widersprach damit der saudischen Darstellung, wonach es zunächst keine Absichten zum Mord gab.

Khashoggi pflegte lange enge Beziehungen zum saudischen Königshaus, fiel dann aber in Ungnade. 2017 ging er in die USA. Aus dem Exil äußerte er sich immer wieder kritisch zur saudischen Führung, vor allem in Kolumnen für die Zeitung Washington Post.

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Von Tomas Avenarius

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