Kenia:In Nairobi bricht Chaos aus

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Anhänger des Oppositionsführers Raila Odinga feierten am Montag in Kenia die Entscheidung von Mitgliedern der Wahlkommission, den Wahlsieg von William Ruto nicht mitzutragen. (Foto: Ben Curtis/AP)

Der Chef der Wahlkommission ruft William Ruto zum Sieger aus - knapp vor seinem Gegner Raila Odinga. Doch ein Teil des Gremiums trägt dieses Ergebnis nicht mit.

Von Arne Perras, München

Am frühen Montagnachmittag schien alles noch nach Plan zu laufen. Um 15 Uhr Ortszeit, so war es angekündigt, wollte die Wahlkommission IEBC bekannt geben, wer das Rennen um die Präsidentschaft in Kenia gewonnen hat. Zu dieser Zeit zeigt das kenianische Fernsehen die ersten schwarzen Limousinen, die zum Auszählungscenter in Nairobi rollen. Links und rechts traben Sicherheitsleute in schwarzen Anzügen neben der Kolonne her. Es ist die Entourage von William Ruto, 55, einem der beiden Männer, die das Präsidentenamt anstreben.

Der Kommentator wiederholt nun sehr oft, dass er vom anderen Kandidaten, Raila Odinga, 77, noch nichts gesehen habe, auch der ist natürlich eingeladen zur Verkündung des Wahlergebnisses in Kenias Hauptstadt. Doch Odinga lässt auf sich warten, ist nirgendwo zu sehen. Was kein gutes Zeichen ist.

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So verlesen die katholischen Bischöfe erst einmal im Fernsehen einen Aufruf, sich jetzt nicht manipulieren und aufstacheln zu lassen, es gelte Ruhe und Frieden zu bewahren, Reife sei gefragt, um die Zukunft Kenias zu sichern. Wahlen in diesem ostafrikanischen Staat, das sind immer Momente größter Anspannung. Wiederholt mündeten Streitigkeiten um das Ergebnis früher in tödliche Gewalt. Besonders schlimm war es nach der Abstimmung 2007, als mindestens 1300 Menschen bei Unruhen starben, Hunderttausende im Land wurden vertrieben.

Der 77-jährige Odinga unternimmt seinen fünften Anlauf auf die Präsidentschaft

Um 15 Uhr Ortszeit am Montag geschieht nichts, auf dem grünen Podium der Wahlzentrale greift niemand zum Mikrofon, einige Fernsehsender überbrücken die Zeit mit Liedern. Dann kommt es auf einmal zum Eklat: Während der Chef der Wahlkommission Ruto zum Sieger erklärt, mit 50,5 Prozent, distanzieren sich gleichzeitig vier Mitglieder des IEBC, darunter die Vize-Vorsitzende. Sie tragen diese Ankündigung nicht mit, geben sie bekannt.

Damit ist genau das geschehen, wovor sich viele Kenianer besonders fürchten. In der Wahlzentrale ist Chaos ausgebrochen, die Verwirrung ist riesig.

Ruto ist bisher Vize-Präsident gewesen, an der Seite von Staatschef Uhuru Kenyatta. Der darf nicht mehr antreten, hatte sich aber entschieden, statt Ruto lieber dessen Rivalen Raila Odinga zu unterstützen. Der 77-jährige Odinga hat in diesem Jahr seinen fünften Anlauf unternommen, eine Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Nun ist er laut der Ankündigung des IEBC-Vorsitzenden der Unterlegene, mit 48,8 Prozent. Doch viele fragen sich, was das nun noch wert ist, wenn eine Mehrheit des IEBC-Teams sie nicht mitträgt.

Nahezu eine Woche mussten die Kenianer warten auf diesen Moment, sie wussten, dass dieses Rennen knapp werden würde. Die Unsicherheit wuchs von Tag zu Tag, als immer mehr nicht verifizierte Teilergebnisse kursierten, die mal den einen, mal den anderen Kandidaten vorne zeigten. Die Arbeit der Wahlkommission verzögerte sich immer wieder durch Beschwerden von Parteivertretern beim Verifizieren der Dokumente.

Nachdem Ruto als Sieger ausgerufen war, brannten im Slum Kibera, Odingas Hochburg, am Abend die ersten Autoreifen, wie kenianische Medien berichteten. Auch in Kisumu kam es zu Protesten. Gefeiert wurde Ruto hingegen in Teilen des Rift Valleys.

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