Katholische Kirche:Synodaler Weg für Gleichstellung Homosexueller

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Die Vollversammlung in Frankfurt stimmte am Samstag in Erster Lesung mehrheitlich für entsprechende Papiere. (Foto: Thomas Lohnes/Getty Images)

Keiner Person dürfe die Priesterweihe verwehrt werden, weil sie homosexuell sei, heißt in einem mit deutlicher Mehrheit beschlossenen Papier. Das kirchliche Dienstrecht soll auch für Geschiedene gelockert werden.

Kirchliche Sexualmoral und die Bewertung von Homosexualität sind am Samstag im Mittelpunkt einer Diskussion der Vollversammlung des Synodalen Wegs der deutschen Katholiken gestanden. Dabei gab es in erster Lesung eine deutliche Mehrheit für einen Text, der Homosexualität als gleichwertige Identität würdigt. Außerdem befürwortet die Versammlung, dass künftig zivile Eheschließungen von gleichgeschlechtlichen Paaren oder von Geschiedenen kein Kündigungsgrund mehr für kirchlich Angestellte sein sollen. Der persönliche Familienstand soll ohne Relevanz für eine Anstellung im kirchlichen Dienst sein.

Keiner Person dürfe die Übernahme von kirchlichen Ämtern sowie der Empfang der Priesterweihe verwehrt werden, weil sie homosexuell veranlagt sei, heißt es in einem der beschlossenen Texte. Ausgelebte gleichgeschlechtliche Sexualität sei keine Sünde und "ist nicht als in sich schlecht zu beurteilen", so das Papier. "Da die homosexuelle Orientierung zur Identität des Menschen gehört, wie er von Gott geschaffen wurde, ist sie ethisch grundsätzlich nicht anders zu beurteilen als jede andere sexuelle Orientierung."

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Bei einer späteren Synodalversammlung muss darüber noch verbindlich in zweiter Lesung abgestimmt werden. Ebenso wie bei einem Text zu ehelicher Liebe und Sexualität bedeutet das eine lehramtliche Neubewertung, das heißt eine Weiterentwicklung der katholischen Lehre. Sollte der Text beschlossen werden, empfiehlt die Synodalversammlung dem Papst, eine solche lehramtliche Neubewertung vorzunehmen. Wenn der Papst dies tun würde, hätte dies nicht nur Auswirkungen auf den Katholizismus in Deutschland, sondern weltweit. Manchen Delegierten gingen die Texte zu weit, anderen nicht weit genug: Ein Diskriminierungsverbot dürfe nicht nur für Homosexuelle gelten, sondern für alle sexuellen und Geschlechtsidentitäten, forderten vor allem junge Delegierte.

Eine lesbische Religionslehrerin würdigte den Text als ersten "Schritt zu einer Kirche ohne Angst, eine wahre inklusive Kirche". Auch im Bereich der Sexualität von Ehepaaren sprach sich die Mehrheit der Synodalen für Änderungen der bisherigen Lehre aus, wie sie beispielsweise im Katechismus, dem katholischen Glaubenshandbuch, dargelegt wird. Es müsse eine Grenze gezogen werden, sagte der Priester und Philosoph Eberhard Tiefensee: "In keinem anderen Bereich geht die Kirche so ins Detail wie im Schlafzimmer." Der Münchner Kardinal Reinhard Marx betonte: "Der Katechismus ist nicht der Koran. Er wird immer wieder geändert."

Soll die Kirche ganz auf arbeitsrechtliche Sonderregelungen verzichten?

Die Versammlung plädiert auch für Änderungen der sogenannten Grundordnung für kirchliche Arbeitsverhältnisse, 93 Prozent der Synodalen votierten dafür. Demnach soll der persönliche Familienstand - zum Beispiel eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft oder eine zweite Ehe nach einer Scheidung - künftig ohne Relevanz für eine Anstellung im kirchlichen Dienst sein. "Schwerwiegende persönliche sittliche Verfehlungen" mit Blick auf Machtmissbrauch sollen als neuer Kündigungsgrund hinzukommen. Die Bischofskonferenz wird in dem in erster Lesung beschlossenen Papier aufgefordert, entsprechende Änderungen der Grundordnung vorzunehmen.

In der Debatte führten mehrere Teilnehmer aus, welche Beschränkungen und Diskriminierungen die gegenwärtige Grundordnung mit sich bringe. Kardinal Reinhard Marx sagte: "Wir müssen da ran! Es ist sehr schmerzlich, wenn man da manchmal wirklich gute Leute entlassen muss." Bischof Gregor Maria Hanke empfahl, darüber nachzudenken, ob die Kirche nicht generell auf ihre arbeitsrechtlichen Sonderregelungen, den sogenannten Dritten Weg, verzichten solle. Das Papier wurde als Arbeitsgrundlage zur weiteren Bearbeitung in das zuständige Forum des Synodalen Wegs überwiesen.

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