- Sanktionen gegen Russland: EU-Außenminister erwägen, den gesamten Finanzsektor ins Visier zu nehmen.
- Dänischer Außenminister Lidegaard: Langfristig müsse die EU Maßnahmen treffen, um die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu verringern.
- US-Präsident Obama und Bundeskanzlerin Merkel verurteilen das russische Vorgehen und sprechen über "Folgen" für Russland.
- Mehr als tausend russische Soldaten sollen nach Nato-Angaben inzwischen an der Seite der Separatisten in der Ukraine kämpfen. Polens Außenminister Sikorski spricht nun erstmals von "Krieg". Auch die deutsche Bundesregierung nennt Russlands Vorgehen eine "militärische Intervention".
EU-Außenminister für "entschlosseneren" Umgang mit Moskau
Angesichts der jüngsten Konfrontation im Osten der Ukraine haben die EU-Außenminister bei einem Treffen in Mailand neue Beschlüsse vorbereitet, um Russland in die Schranken zu weisen. "Es besteht Konsens, dass eine entschlossenere Antwort erforderlich ist", sagte ein EU-Diplomat nach dem Ausgang der Beratungen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), sagte, die EU erwäge, den gesamten Finanzsektor ins Visier zu nehmen, um die Refinanzierung des russischen Wirtschaftslebens zu erschweren.
Die EU-Außenminister berieten über Sanktionsbeschlüsse der sogenannten Phase 3, mit denen die russische Wirtschaft insgesamt getroffen werden könnte. Der dänische Außenminister Martin Lidegaard sagte, langfristig müsse die EU Maßnahmen treffen, um die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu verringern. Erste Beschlüsse sollen möglicherweise beim EU-Gipfel am Samstag in Brüssel gefasst werden.
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Bundesregierung: Russlands Verhalten darf nicht folgenlos bleiben
US-Präsident Barack Obama erklärte nach einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), beide seien sich einig darin, dass "die Gewalt von Russland angeheizt wird". Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, das Vorgehen Russlands in der Ukraine addiere sich inzwischen "zu einer militärischen Intervention". Zu Merkels Telefonat mit Obama erklärte die Bundesregierung, Russlands Verhalten dürfe "nicht folgenlos bleiben".
Westen verschärft seine Rhetorik
Im Osten der Ukraine herrscht nach den Worten des polnischen Außenministers Radoslaw Sikorski nicht bloß ein bewaffneter Konflikt, sondern ein veritabler "Krieg". Im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb Sikorski: "Wenn es wie ein Krieg aussieht, sich wie ein Krieg anhört, und wenn es Tote gibt wie in einem Krieg - dann ist es ein Krieg."
Damit reagierte er auf eine Äußerung des schwedischen Außenministers Carl Bildt, der ebenfalls auf Twitter geschrieben hatte: "Man muss die Dinge beim Namen nennen: Das ist die zweite russische Invasion in der Ukraine binnen eines Jahres." Die Bundesregierung hatte am Freitag erstmals von einer "militärischen Intervention" Russlands in der Ukraine gesprochen, die Nato forderte Moskau auf, "seine illegalen militärischen Aktionen einzustellen" und "seine Unterstützung für bewaffnete Separatisten zu beenden". Bisher war die Regierung in ihren Äußerungen immer darauf bedacht, deeskalierend auf Russland einzuwirkenen und es an seine wichtige Rolle für eine Beilegung des Konflikts zu erinnern.
Bei den Kämpfen in der Ostukraine wurden nach UN-Angaben seit Mitte April fast 2600 Menschen getötet. In den osteuropäischen Nachbarstaaten wird Russlands Vorgehen mit wachsender Sorge verfolgt und als Bedrohung für die nationale Sicherheit gesehen. Die Baltenstaaten Estland, Lettland und Litauen waren bis 1991 fünf Jahrzehnte lang sowjetisch besetzt. Polen stand vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis 1989 unter kommunistischer Herrschaft.
Nato geißelt "illegale militärische Aktionen" Russlands
Die Nato verurteilt das Agieren Russlands in der Ostukraine mit harschen Worten. "Wir verdammen in schärfster Weise, dass Russland weiter seine internationalen Verpflichtungen missachtet", sagte Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel nach einer kurzfristig einberufenen Sitzung der Nato-Ukraine-Kommission. Rasmussen nannte Russlands Dementis "leere" Äußerungen. Vorher hatte der russische Außenminister Vorwürfe einer Militäroffensive zurückgewiesen. "Wir hören solche Spekulationen nicht zum ersten Mal, aber die USA haben sie nie mit Fakten belegt", sagte Sergej Lawrow der Agentur Interfax zufolge.
Er warf der Regierung in Moskau vor, alle diplomatischen Bemühungen um eine friedliche Beilegung des Konfliktes zu untergraben. Das Verteidigungsbündnis dränge Moskau, "seine illegalen militärischen Aktionen einzustellen, seine Unterstützung für bewaffnete Separatisten zu beenden und unverzügliche und nachprüfbare Schritte hin zu einer Deeskalation dieser schweren Krise zu unternehmen", sagte Rasmussen. Die Nato hatte am Donnerstag Satellitenbilder veröffentlicht, die zeigen sollen, dass "deutlich mehr als 1000 russische Soldaten" innerhalb der Ukraine operieren.
Krise in der Ukraine:Aussichtsloser Kampf um den verlorenen Osten
Die Zahl der Toten steigt, die Verzweiflung in der Armee wächst: Trotz Putins Lippenbekenntnis zu einem Friedensplan müssen sich die Ukraine und die Welt damit abfinden, dass der Donbass nicht unter die Kontrolle von Kiew zurückkehren wird. Dafür sorgt Russland.
Ukrainische Soldaten sollen in Deutschland behandelt werden
Die Bundeswehr wird nächste Woche bis zu 20 ukrainische Soldaten, die bei den Kämpfen im Osten des Landes verletzt wurden, zur medizinischen Behandlung nach Deutschland ausfliegen. Vier Ärzte flogen bereits am Freitag zur Vorbereitung der Aktion nach Kiew, wie der Sanitätsdienst der Bundeswehr mitteilte. Die Verwundeten sollen am Dienstag mit einem Spezial-Flugzeug transportiert und dann in den Bundeswehr-Krankenhäusern in Berlin, Hamburg und Koblenz behandelt werden. Bundeskanzlerin Merkel hatte der ukrainischen Regierung das bei ihrem Besuch in Kiew am vergangenen Wochenende zugesagt.
Putin vergleicht ukrainisches Militär mit Wehrmacht
Nato-Beweise für Truppenbewegungen:Russland lässt alle Hüllen fallen
Wo vor Wochen zwei Flugzeuge standen, ist jetzt kaum noch Platz. Satellitenfotos vom Militärflugplatz Millerowo lassen keine Zweifel mehr. Die Russen haben an der Grenze zur Ukraine tausende Soldaten zusammengezogen. Die Nato spricht bei ihrer Präsentation im belgischen Mons von einer "hochmobilen, effektiven Offensiv-Streitmacht".
Der russische Präsident Wladimir Putin verglich das Vorgehen der ukrainischen Streitkräfte im Osten des Landes mit der Belagerung von Leningrad durch Nazi-Truppen. "Es erinnert mich leider an die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg", sagte Putin in einem Jugendlager in der Nähe von Moskau. Damals hätten deutsche Faschisten russische Städte umstellt. Die ukrainische Armee kessele nun Dörfer und Städte ein und greife Wohngebiete an. Sie habe dabei das Ziel, die Infrastruktur zu zerstören, beklagte Putin.
Die ukrainische Armee hat in den vergangenen Wochen versucht, die von Rebellen beherrschten Städte Donezk und Luhansk einzunehmen. Putin forderte erneut Verhandlungen zwischen der Regierung in Kiew und den prorussischen Rebellen. Zugleich sagte er, Ukrainer und Russen seien "praktisch ein Volk".
Ukraine will sich erneut um Nato-Beitritt bewerben
Angesichts der Krise im Osten startet die ukrainische Regierung einen neuen Anlauf zur Nato-Mitgliedschaft. Der Beitrittsprozess zu dem westlichen Militärbündnis solle wegen der russischen "Aggression" wieder aufgenommen werden, erklärte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk bei einer Kabinettssitzung am Freitag in Kiew. Seine Regierung werde im Parlament einen Gesetzentwurf einbringen. Dieser sehe vor, "den blockfreien Status zu beenden und auf den Weg zum Nato-Beitritt zurückzukehren".
2008 war die Ukraine trotz Unterstützung der USA mit einem Antrag auf Nato-Mitgliedschaft gescheitert, erhielt stattdessen lediglich eine symbolische Beitrittsperspektive ohne Datum. Im Zuge der Krim-Annexion durch Russland hat das Bündnis seine Zusammenarbeit mit Kiew aber verstärkt und seine Beziehungen zu Moskau weitgehend abgebrochen. Russland ist strikt dagegen, dass sein westlicher Nachbar von der Nato aufgenommen wird.
Linktipps:
- Die Ereignisse vom Donnerstag: Separatisten erklären erstmals öffentlich, in welchem Umfang sie von russischen Soldaten unterstützt werden.
- SZ-Korrespondentin Cathrin Kahlweit erklärt, warum sich die Welt damit abfinden muss, dass der Donbass nicht zurück unter die Kontrolle Kiews kehrt.
- Daniel Brössler kommentiert, dass die russische Regierung sich nunmehr ungeniert im Nachbarland zeigt.