Justizministerkonferenz:Lagebild zu Messerangriffen

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Zwei Tage lang tagten die Justizministerinnen und Justizminister, darunter Felor Badenberg aus Berlin, Anna Gallina aus Hamburg und Georg Eisenreich aus Bayern. (Foto: Monika Skolimowska/DPA)

Die Justizministerinnen und -minister der Länder wollen Attacken mit Stichwaffen im öffentlichen Raum bei einer zentralen Meldestelle erfassen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Nach tödlichen Messerangriffen auf Fahrgäste in einem Zug in Schleswig-Holstein und einer Attacke auf zwei Schülerinnen in Berlin wollen die Justizministerinnen und -minister der Länder Messertaten wirkungsvoller verfolgen. Sie sollen künftig bundesweit in einer zentralen Eingangsstelle gesammelt werden, damit Behörden und Staatsanwaltschaften sich schneller austauschen könnten. Darauf hat sich die Konferenz der Justizministerinnen und -minister am Freitag in Berlin verständigt. in den Blick genommen werden soll dabei insbesondere auch der Aufenthaltsstatus nicht-deutscher Tatverdächtiger, sagte Hamburgs grüne Justizsenatorin Anna Gallina nach Abschluss des Treffens. "Wir wollen mehr Daten zusammentragen an dieser Stelle, um uns mit dem Phänomen Messerattacken besser auseinandersetzen können."

Zwei Tage lang haben die Justizministerinnen und -minister von Bund und Ländern in Berlin rund 50 rechtspolitische Themen beraten. Eine breite Mehrheit fand etwa der Antrag aus Schleswig-Holstein und Hamburg, die Polizei, Staatsanwaltschaften und Ausländerbehörden bundesweit besser zu vernetzen, um Messertäter konsequenter zu verfolgen. Anlass war unter anderem ein Angriff in einem Regionalzug in Brokstedt in Schleswig-Holstein, bei dem zwei Menschen getötet wurden.

Ermittlungsakten zu sexuellem Missbrauch sollen zehn Jahre lang verfügbar bleiben

In der Kommunikation der Behörden hätten sich nach der Tat erhebliche "Unsicherheiten" und "Auslegungsschwierigkeiten" gezeigt, so die Hamburger Justizsenatorin Gallina. Auch zwischen einzelnen Bundesländern seien die Informationswege bei Messertaten unübersichtlich. Durch zentrale Erfassung soll nun sichergestellt werden, dass Staatsanwaltschaften, aber auch Justizvollzugsanstalten alle relevanten Informationen erhalten - und verurteilte Straftäter möglicherweise direkt aus der Haft abgeschoben werden könnten. Zunächst soll die Kriminologische Zentralstelle ein bundesweites Lagebild über Messertaten erstellen.

Die Justizministerinnen und -minister der Länder, die bei ihrem Treffen zwar Forderungen an den Bund formulieren, nicht aber durchsetzen können, einigten sich auch darauf, Ermittlungsakten bei Sexualdelikten länger aufzubewahren als bisher. Bisher werden sie nach zwei bis fünf Jahren gelöscht, wenn die Ermittlungen eingestellt wurden. Man habe in Berlin "einstimmig" beschlossen, dass Ermittlungsakten zu sexuellem Missbrauch, auch in Kirchen, zehn Jahre lange verfügbar bleiben sollten, sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) am Freitag. Stelle sich heraus, dass gegen einen Beschuldigten schon früher wegen Missbrauchs ermittelt worden sei, ließen sich "Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der Person" ziehen. "Deshalb müssen unsere Strafverfolger in solchen schweren Fällen auch Zugriff auf ältere Akten bekommen."

"Es ist jetzt wirklich dringender Handlungsbedarf."

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) forderte die Justizminister der Länder dazu auf, die lange angekündigte Reform des Mietrechts endlich auf den Weg zu bringen. Vorgesehen ist unter anderem, Mieterhöhungen stärker zu begrenzen. Buschmann hält einen fertigen Gesetzentwurf seines Hauses zurück, auch weil er sich mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser nicht über die Vorratsdatenspeicherung einigen kann. "Wir haben den Bund hier nochmal aufgefordert, jetzt zügig ein Gesamtpaket vorzulegen", sagte Hamburgs Justizsenatorin Gallina. "Es ist jetzt wirklich dringender Handlungsbedarf."

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Berlins neue Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) kündigte an, Verfassungsfeinde, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung bekämpfen, nicht zum juristischen Vorbereitungsdienst zuzulassen. Badenberg wurde auch mehrfach nach ihren Überlegungen gefragt, die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" als kriminelle Vereinigung einzustufen. Die Justizsenatorin beantwortete sie nicht. Das Thema habe bei der Konferenz keine Rolle gespielt.

Im Berliner Abgeordnetenhaus haben Badenbergs Äußerungen allerdings ein Nachspiel. Die Fraktion der Linkspartei will die Senatorin im Parlament befragen. Sie erwecke den Eindruck, die Entscheidung der Staatsanwaltschaft überprüfen zu wollen, die Letzte Generation nicht als kriminelle Vereinigung einzustufen. Damit drücke sie ihr "Misstrauen" gegenüber der Staatsanwaltschaft aus und bereite offenbar eine politische Weisung vor, so der Vorwurf.

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