US-Regierung:Was macht eigentlich Kamala Harris?

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Gelten für ihre Amtsführung besonders strenge Maßstäbe, weil sie eine Frau ist? Us-Vizepräsidentin Kamala Harris. (Foto: Jacquelyn Martin/AP)

Die Vizepräsidentin hat zuletzt in einigen Reden die Haltung der Republikaner zu Schwangerschaftsabbrüchen beklagt und sich ansonsten bemerkenswert rar gemacht in der Öffentlichkeit. Vielleicht ist aber genau das ihre Strategie.

Von Christian Zaschke

Als US-Präsident Joe Biden in der vergangenen Woche positiv auf Covid getestet wurde, stand da plötzlich diese Frage im Raum. Biden ist 79 Jahre alt, er zählt zu der Gruppe von Menschen, für die eine Covid-Infektion gefährlich werden könnte. Die Frage lautete: Ist seine Vizepräsidentin Kamala Harris bereit, das höchste Amt des Staates zu übernehmen, falls Biden sterben sollte? Kein ganz abwegiger Gedanke: Acht Vizepräsidenten zogen ins Weiße Haus ein, weil der Präsident im Amt starb.

Die Frage, ob Harris bereit ist, wurde bisher kaum je öffentlich diskutiert, weil Biden zwar manchmal ein wenig tattrig wirkt, aber kaum je den Eindruck macht, er sei körperlich nicht mehr auf der Höhe. Kürzlich ist er mit dem Fahrrad gestürzt, aber danach hat er sich so schnell wieder aufgerappelt, dass der Vorfall eher wie ein Beweis seiner Fitness wirkte. Verbunden mit der Frage, ob Harris bereit wäre, stellte sich übrigens gleich eine zweite Frage: Was macht Kamala Harris eigentlich den lieben langen Tag?

Die Vizepräsidentin hat zuletzt einige Reden gehalten, in denen sie die Republikaner beim Thema Abtreibung attackierte, ansonsten hat sie sich in bemerkenswerter Weise von der Öffentlichkeit ferngehalten. Manche Beobachter in Washington sind der Ansicht, dass dahinter eine Strategie stecke. Harris spekuliere darauf, dass Biden im Jahr 2024 nicht noch einmal zur Präsidentschaftswahl antrete, und in der Regel gilt: Wenn die Person, die die Vizepräsidentschaft innehat, die Präsidentschaftskandidatur will, dann bekommt sie diese auch. Der Plan von Harris könnte sein, so die Spekulation, sich möglichst vom derzeit unpopulären Biden fernzuhalten, um das eigene Ansehen nicht zu beschädigen.

Bei den Demokraten taucht wieder der Name Hillary Clinton auf

Biden hat sich von seiner Infektion schnell erholt, doch die Fragen bezüglich Harris sind geblieben. In den Medien wird nicht nur gefragt, ob sie das Zeug zur Präsidentin habe, es wird vor allem gefragt, wer aus der Demokratischen Partei sonst noch antreten könnte, weil Harris nicht sonderlich beliebt ist. Der politische Berater Douglas Schoen hatte in diesen Debatten die vielleicht originellste Idee. Er vertritt die Ansicht, dass eine gewisse Hillary Clinton die Demokraten 2024 in den Präsidentschaftswahlkampf führen solle. Clinton ist 74 Jahre alt und hat sich nach ihrer überraschenden Wahlniederlage gegen Donald Trump im Jahr 2016 weitgehend aus der Politik zurückgezogen.

Dass Harris so wenig zugetraut wird, dass nun sogar der Name Clinton wieder im Spiel ist, wird oft damit begründet, dass sie vergleichsweise wenig Erfahrung in der Bundespolitik habe. Als Biden sie zu seiner Nummer zwei machte, saß sie noch keine vier Jahre im Senat. Allerdings konnte man Gleiches in der Geschichte über viele Vizepräsidenten und sogar Präsidenten sagen. Barack Obama zum Beispiel, der 2008 die Präsidentschaftswahl gewann, war erst 2005 in den Senat gewählt worden. Harris wird, so scheint es, mit besonders strengen Maßstäben gemessen. Manche Beobachter vermuten, das habe weniger mit ihrer Erfahrung als vielmehr mit der notorischen Misogynie in der amerikanischen Politik zu tun.

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