Nato-Generalsekretär:Jens Stoltenberg bleibt

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Hat die Allianz mit viel diplomatischem Geschick durch die Präsidentschaft von Donald Trump gelenkt: der alte und neue Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (Foto: Yves Herman/Reuters)

Der Norweger wollte aus dem Amt scheiden, verlängert seine Amtszeit nun aber noch einmal. Die Allianz hatte sich bislang nicht auf einen Nachfolger einigen können.

Von Hubert Wetzel, Brüssel

Die Amtszeit von Jens Stoltenberg als Nato-Generalsekretär soll ein weiteres Mal verlängert werden. "Der neue Nato-Generalsekretär wird der gute alte Nato-Generalsekretär sein", sagte die estnische Premierministerin Kaja Kallas am Mittwoch in Brüssel. Sie bestätigte damit Spekulationen, die schon seit einigen Monaten in Nato-Kreisen kursieren - dass die Allianz sich auf keinen geeigneten Nachfolger für Stoltenberg einigen kann und der Norweger deswegen um eine Verlängerung gebeten werden wird.

Stoltenberg führt die Nato seit Oktober 2014. Ursprünglich wollte er schon voriges Jahr aus dem Amt scheiden. Wegen des Kriegs in der Ukraine wurde seine Amtszeit jedoch im März 2022 bis Ende September 2023 verlängert. Bei dem für Mitte Juli geplanten Nato-Gipfeltreffen in der litauischen Hauptstadt Vilnius hätte daher ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin ernannt werden sollen.

Manche Regierungen wollten eigentlich erstmals eine Frau küren

Traditionell teilen sich die USA und Europa die beiden Führungsposten in der Allianz - die Amerikaner entsenden den militärischen Oberbefehlshaber, den sogenannten Saceur, die Europäer stellen dafür den politischen Anführer des Bündnisses, den Generalsekretär. Zudem gab es unter den Nato-Regierungen den Wunsch, 75 Jahre nach der Gründung der Allianz zum ersten Mal eine Frau mit der Führung zu betrauen.

Doch die Suche gestaltete sich schwierig. Die kanadische Finanzministerin Chrystia Freeland schied aus dem Rennen, als ihr Regierungschef Justin Trudeau die Nato-Verbündeten wissen ließ, dass sein Land nie die in der Allianz vereinbarten zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung investieren werde. Die Estin Kallas, die sich recht selbstbewusst selbst als Bewerberin ins Spiel gebracht hatte, wurde von einigen Nato-Ländern dagegen als eine zu aggressive Russland-Falkin gesehen. Estland ist praktisch Frontstaat, Kallas betont bei jeder Gelegenheit, dass der Westen alles tun müsse, um Russland zu besiegen. Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen wiederum, deren Name ebenfalls genannt wurde, galt als zu unerfahren.

Auch geeignete männliche Kandidaten waren rar. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace machte keinen Hehl daraus, dass er das Amt gerne gehabt hätte, seine Bewerbung wurde von der Regierung in London unterstützt. Doch der Nato-Generalsekretär muss auf Augenhöhe mit Staats- und Regierungschefs reden können - ein Ex-Minister hat nicht dieses Kaliber. Stoltenberg war vor seinem Wechsel an die Nato-Spitze Premierminister in Norwegen.

Stoltenberg ist beliebt und erfolgreich dazu

Zudem bestanden unter anderem Deutschland und Frankreich darauf, dass ein neuer Nato-Generalsekretär aus einem EU-Land stammen müsse. Großbritannien erfüllt dieses Kriterium nicht mehr und wird als zu enger Verbündeter der USA gesehen. Die traditionelle Ämterteilung zwischen Amerika und Europa wäre mit Wallace infrage gestellt worden. Der Brite wurde damit zu einem späten Opfer des Brexit.

Dass die meisten Nato-Länder mit Stoltenberg relativ zufrieden sind, konnte man an der Lust- und Ziellosigkeit ablesen, mit der die Suche nach einem Nachfolger betrieben wurde. Im Grunde warteten die europäischen Regierungen in den vergangenen Monaten darauf, dass die USA - nach wie vor die unbestrittene Führungsmacht in der Allianz - sich auf einen Namen festlegen. Doch das tat Washington nicht. Selbst als Stoltenberg wissen ließ, dass er sich nicht nach einer Verlängerung dränge, nahm die Suche kaum Fahrt auf. Nato-Diplomaten betonten stattdessen immer wieder, dass alle Optionen auf dem Tisch seien - sprich: auch Stoltenbergs Verbleib.

Aus amerikanischer Sicht gibt es für einen Wechsel des Generalsekretärs auch wenig Grund. Stoltenberg hat die Allianz mit viel diplomatischem Geschick durch die Präsidentschaft von Donald Trump gelenkt, als das Ende der Allianz im Raum stand. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor 15 Monaten hat er die Nato zusammengehalten und die entschlossene Antwort des Bündnisses organisiert. Das war nicht leicht, da die Ansichten über den Krieg zwischen verschiedenen Mitgliedsstaaten weit auseinanderklaffen. Daneben hat Stoltenberg die Aufnahme Finnlands in das Bündnis über die Bühne gebracht. Bis zum Gipfel in Vilnius könnte Schweden folgen. Das wären ein beachtlicher Erfolg für den Norweger.

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