Italien:Rechtsbündnis bei Wahl in Italien vorn

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Die rechte Politikerin Giorgia Meloni könnte die erste Ministerpräsidentin Italiens werden. (Foto: GUGLIELMO MANGIAPANE/REUTERS)

Hochrechnungen zufolge steigern die rechtsradikalen Fratelli d'Italia ihr Ergebnis deutlich. Auch wenn die Bündnispartner Lega und Forza Italia Stimmen verlieren, dürfte es für eine gemeinsame Mehrheit im Senat reichen.

Das Bündnis um die rechtsradikale Partei Fratelli d'Italia kann nach der Wahl in Italien mit einer Regierungsmehrheit im Parlament rechnen. Vor allem eine triumphiert: Giorgia Meloni, deren Fratelli Prognosen und ersten Hochrechnungen zufolge stärkste Kraft wurden und sich im Vergleich zu 2018 erheblich verbesserten.

Die Bündnispartner von der rechtspopulistischen Lega und der konservativen Forza Italia rutschten in der Wählergunst dagegen ab. Als Chefin der stärksten Partei könnte Meloni die künftige Regierung als erste Ministerpräsidentin Italiens anführen. Meloni sieht den Regierungsauftrag beim rechten Lager unter Führung ihrer Partei, wie sie in der Nacht in Rom sagte. "Italien hat uns gewählt."

Melonis Fratelli d'Italia erhielten nach Berechnungen des Senders Rai 24,6 Prozent der Stimmen für den Senat und verbesserten das Ergebnis von 2018 erheblich (4,3). Die Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) konnten zuletzt von ihrer Rolle als einzige nennenswerte Opposition zur Vielparteienregierung unter Führung des international höchst angesehenen Mario Draghi profitieren. Die Bündnispartner rutschten in der Wählergunst dagegen deutlich ab: Die Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini kam den Hochrechnungen zufolge auf 8,5 Prozent (2018: 17,6), Forza Italia vom früheren Regierungschef Silvio Berlusconi auf 8,0 Prozent (2018: 14,4).

Auch wenn die rechte Allianz keine 50 Prozent der Stimmen erhalten hat, dürfte sie wegen des italienischen Wahlsystems dennoch sowohl im Senat als auch im Abgeordnetenhaus eine absolute Mehrheit der Sitze erreichen. Nach Berechnungen des Fernsehsenders Rai wird das Rechtsbündnis 114 bis 126 der 200 Senatssitze erhalten. Auch im Abgeordnetenhaus sieht der Sender die Fratelli vorn, bezieht sich dort bislang allerdings nur auf Nachwahlbefragungen, nicht auf Hochrechnungen.

Die Fratelli gehen auf Mussolini zurück

Mehr als 50 Millionen Italienerinnen und Italiener waren am Sonntag zur Stimmabgabe aufgerufen. Doch nach drei Regierungen innerhalb einer Legislaturperiode sind die Menschen in dem Mittelmeerland der Politik offensichtlich überdrüssig. In der Nachkriegszeit war die Wahlbeteiligung noch nie so niedrig. Weniger als zwei Drittel machten von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Die Stimmen für den Senat wurden zuerst ausgezählt, weswegen dafür zuerst Hochrechnungen vorlagen. Ein offizielles Ergebnis wird erst im Laufe des Montags erwartet.

Der Rechtsblock war als Favorit in die Wahl gegangen. Die politischen Rivalen der Links- und Zentrumsparteien zogen im Wahlkampf nicht an einem Strang. Das Wahlbündnis der Sozialdemokraten des ehemaligen Regierungschefs Enrico Letta mit linken Parteien und Grünen kann Hochrechnungen des Senders La7 nur mit 35 bis 50 Sitzen im Senat rechnen. Die Fünf-Sterne-Bewegung, die alleine antrat, kommt demnach auf 35 bis 50 Sitze, die Zentrumsallianz auf neun bis elf.

Die Sozialdemokraten zogen ihre Schlüsse aus dem Ergebnis - die Fraktionschefin der PD im Abgeordnetenhaus, Debora Serracchiani, kündigte an, die Partei werde in die Opposition gehen. Es sei ein trauriger Abend für das Land.

Die Partei Fratelli d'Italia von Wahlsiegerin Meloni wird häufig als postfaschistisch bezeichnet. Sie ist eine der Nachfolgeparteien der Bewegung MSI, die von ehemaligen Funktionären des faschistischen Diktators Benito Mussolini (1883-1945) nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde. Meloni bekennt sich zu den Wurzeln ihrer Partei und verurteilt den Faschismus nicht gänzlich. Im Logo führen die 2012 gegründeten Fratelli d'Italia eine Flamme, die an Mussolini erinnert und die ein Symbol der Rechten ist. Meloni sagt, sie sei "stolz" darauf.

Die 45-Jährige gab sich im Wahlkampf moderater. Auch versuchte sie, Sorgen im Ausland vor einer Regierungsübernahme der Rechtsparteien zu zerstreuen und versicherte, dass Italien ein verlässlicher Partner bleiben werde. Zudem wies sie zurück, dass ein Wahlsieg der Fratelli zu einer autoritären Wende oder dem Austritt Italiens aus der Europäischen Union und der Gemeinschaftswährung Euro führen könnte.

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