Italien:Salvinis Verbindungen nach Moskau

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Fragen nach den verschwundenen Wahlkampfentschädigungen lässt Lega-Chef Matteo Salvini in den Sozialen Medien streichen. (Foto: Riccardo Antimiani/dpa)
  • Tonaufnahmen stützen den Verdacht, die italienische Lega könnte Geld aus Russland erhalten.
  • Das ist nicht die einzige Ungereimtheit bei den Parteifinanzen.
  • Die Lega hat bisher abgestritten, dass sie Geld aus Moskau erhalte.

Von Oliver Meiler, Rom

Die Verdachtsmomente gegen Italiens rechtsnationalistische Lega, die Partei von Innenminister Matteo Salvini, und ihre problematische Nähe zum Kreml scheinen sich zu verdichten. Nun gibt es auch eine Tonaufnahme von einem brisanten Treffen, das am 18. Oktober 2018 im Hotel Metropol in Moskau stattgefunden hat. Das amerikanische Medienportal BuzzFeed, dem die Aufnahme zugespielt wurde, hat am Mittwoch einen Ausschnitt daraus und das Transkript des ganzen Rests veröffentlicht. Bei dem Treffen wurde die Möglichkeit erörtert, wie die Kassen der Lega vor den jüngsten Europawahlen mit Millionen Dollar aus Russland gefüllt werden könnten, ohne dass die gesetzlich verbotene Wahlkampfhilfe aufflöge.

Die Rede ist von 65 Millionen Dollar, die sich als kleiner Prozentsatz aus einem Milliardendeal hätten lösen lassen. Russland sollte demnach drei Millionen Tonnen Erdöl an den italienischen Energiekonzern Eni verkaufen, für den Gegenwert von 1,5 Milliarden Dollar. Dabei sollten also 65 Millionen für die Lega abfallen und auf verschlungenen Wegen in die Parteikasse fließen.

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Investigativjorunalisten des Nachrichtenmagazins L'Espresso hatten bereits im Winter Wind bekommen von dieser angeblichen Absprache. Ob danach tatsächlich Geld geflossen ist, konnte nun aber auch BuzzFeed nicht herausfinden. Seit geraumer Zeit kursiert die Vermutung, Moskau finanziere Europas Rechtsparteien.

Am Tag nach dem verdächtigen Treffen kritisierte der Minister die Sanktionen gegen die Russen

In der Aufnahme hört man die Stimme von Gianluca Savoini, einem früheren Sprecher Salvinis, der in Mailand eine unabhängige Vereinigung leitet, die "Lombardia-Russia". Die römische Zeitung La Repubblica nennt Savoini auch Salvinis "Sherpa am Hof Wladimir Putins". Salvini selbst war im Hotel Metropol nicht dabei, hielt sich aber ebenfalls in Moskau auf. Am Tag davor hatte er bei einem Auftritt die internationale Sanktionspolitik gegen Russland einmal mehr scharf kritisiert.

In der Aufnahme erklärt Savoini seinen russischen Gesprächspartnern, wofür Salvini politisch steht, wie gut er vernetzt sei mit anderen nationalistischen Bewegungen in Europa, und wie diese alle vorhätten, zusammen die Europäische Union auf den Kopf zu stellen. "Wir wollen Europa verändern", sagt er. "Dieses neue Europa muss viel enger sein mit Russland." Salvini wird in dem Gespräch auch "Europas Trump" genannt. Wer die russischen Teilnehmer des Treffens waren, konnte BuzzFeed nicht herausfinden. In Italien nimmt man an, es könnte sich um Gewährsleute Putins und von dessen Partei gehandelt haben.

Die Lega hat bisher abgestritten, dass sie Geld aus Moskau erhalte. Savoini mochte nicht mit BuzzFeed reden. Auch der Innenminister reagierte nicht, obschon er mehrmals um Stellungnahme gebeten wurde. Als der Bericht auch in Italien Schlagzeilen machte, sagte Salvini dann: "Ich habe schon Anzeige erstattet, werde es auch heute tun, morgen und übermorgen: Noch nie habe ich einen Rubel, einen Euro, einen Dollar oder eine Flasche Wodka aus Russland angenommen."

Doch wahrscheinlich wird er die Geschichte so leicht nicht los. Oppositionschef Nicola Zingaretti, Vorsitzender des sozialdemokratischen Partito Democratico, forderte Salvini auf, die Sache "sofort" zu klären. Zu Wort meldete sich auch Matteo Renzi, der frühere Premier. "Entweder ist das eine Fake News oder aber eine unfassbare Enthüllungsgeschichte", sagte er. "Russisches Öl, um die Lega zu finanzieren? Das wäre ja verrückt."

Die Connection zu Moskau ist nur eine von mehreren finanziellen Ungereimtheiten um Salvinis Partei. Weiter fehlt jede Spur von den 49 Millionen Euro, die der Staat der Lega über die Jahre an Wahlkampfentschädigung ausbezahlte und die diese veruntreut hat. Die Partei muss das Geld zwar zurückzahlen, hat von der Justiz aber mehrere Jahrzehnte Zeit erhalten. Fragen und Kommentare zu den 49 Millionen ärgern Salvini so, dass er die Verwalter seiner Konten und Profile in sozialen Netzwerken anwies, alle Einträge mit "49 Millionen" zu blockieren.

© SZ vom 11.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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