Israel und der Siedlungsbau:"Provokation", "Peinlichkeit" und "nicht akzeptabel"

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Joe Biden ist mit einer Sicherheitsgarantie nach Israel gereist. Zum Dank brüskiert die israelische Regierung den US-Vizepräsidenten mit Plänen für neue Siedlungen in Ostjerusalem. Die Bundesregierung protestiert mit deutlichen Worten. Israel entschuldigt sich halbherzig - und schlittert in ein diplomatisches Fiasko.

Joe Biden ist mit guten Absichten nach Israel gereist. Präsident Schimon Peres und Premierminister Benjamin Netanjahu hatten Biden bedrängt, Iran im Atomstreit unter Druck zu setzen und international zu isolieren. Und der US-Vizepräsident fand klare Worte. "Wenn es um Israels Sicherheit geht, passt kein Blatt Papier zwischen die USA und Israel." Schöner hätte es sich Netanjahus Pressereferent kaum ausdenken können.

Kurze Zeit später veröffentlichte das Innenministerium neue Pläne für Siedlungen. Die sehen vor, etwa 1600 neue Wohnungen in Ramat Schlomo im Norden Jerusalems zu bauen.

Für Israel ist es das ein ganz normaler Stadtteil, seit 1980 einseitig ganz Jerusalem zur unteilbaren Hauptstadt erklärt worden war. Außerdem leben dort bereits 20.000 streng religiöse Juden.

Nach internationalem Recht handelt es sich aber um eine israelische Siedlung, weil sie im besetzten arabischen Ostteil Jerusalems liegt. Der Siedlungsbau, besonders in Jerusalem, ist seit jeher einer der strittigsten Punkte im Nahostkonflikt.

Die Palästinenser wollen in Ostjerusalem die Hauptstadt eines unabhängigen Staates ausrufen. Entsprechend empfindlich reagieren sie auf die Pläne Israels. Nabil Abu Rudeinah, Sprecher des Palästinenserpräsidenten Machmud Abbas, sprach von einer "Provokation".

Doch auch der US-Vizepräsident muss die Ankündigung als Affront verstanden haben. Wegen der wenige Stunden zuvor geäußerten Sicherheitsgarantie. Und weil erst am Montag Israel und Palästinenser zugesagt haben, indirekte Gespräche mit Hilfe eine US-Vermittlers zu führen. Vor dem Hintergrund des eingetrübten Verhältnisses zwischen den beiden Ländern ein diplomatisches Fiasko für Israel.

Bidens Reaktion ließ deshalb nicht lange auf sich warten - und war ungewöhnlich deutlich. "Wir müssen eine Atmosphäre schaffen, die Verhandlungen unterstützt und nicht komplizierter macht", ließ der Vizepräsident wissen. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe untergrabe das nötige Vertrauen und laufe den konstruktiven Gesprächen zuwider, die er in der Region geführt habe.

Biden gab außerdem der Palästinenserführung Rückendeckung für deren Pläne, die Institutionen und die Wirtschaft für einen eigenen Staat aufzubauen. "Wir müssen auch Wege finden, das Leben der Einwohner des Gazastreifens zu verbessern", sagte Biden. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kritisierte die Pläne Israels.

Die Bundesregierung fand ebenfalls überaus kritische Worte. "Inhaltlich und auch vom Zeitpunkt her" werde damit "ein völlig falsches Signal ausgesandt", ließ Außenminister Guido Westerwelle (FDP) - derzeit auf Dienstreise in Brasilien - über einen Sprecher ausrichten. Die Pläne seinen deshalb "nicht akzeptabel"

Nun zeigt Israels Regierung Reue - wenn auch nicht in der Sache. Man hätte mehr Sensibilität während des Besuches eines ranghohen US-Politikers zeigen müssen, sagte etwa der zuständige Bauminister Eli Jischai. Israel habe Biden nicht verletzen wollen. Auch Sozialminister Isaak Herzog entschuldigte sich für die "Peinlichkeit". Und Netanjahu erklärte, er habe Biden nicht brüskieren oder den Besuch stören wollen.

Im Video: Die israelische Regierung bemüht sich um Schadensbegrenzung, nachdem während des Besuchs von US-Vizepräsident Biden neue Pläne zum Siedlungsbau bekanntgeworden sind.

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