Israel:Ausspioniert

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Ein Firmenstandort von NSO im israelischen Ort Sapir. (Foto: Sebastian Scheiner/AP)

Mit der "Pegasus"-Software verursachte das Unternehmen einen weltweiten Überwachungsskandal. Nun scheint NSO in wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu stecken.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Das durch den Pegasus-Skandal ins Rampenlicht gerückte israelische Unternehmen NSO steckt offenbar in neuen Turbulenzen. Shalev Hulio, CEO und einer der drei Gründer der Firma, trat zu Wochenbeginn von seinem Posten zurück. Zugleich wurde bekannt, dass 100 der insgesamt 750 Mitarbeiter entlassen werden sollen. Das Unternehmen selbst spricht von einer "Umstrukturierung", um NSO "auf die nächste Phase des Wachstums" vorzubereiten. Demnach will man das Geschäftsfeld künftig auf die Mitgliedsländer der Nato konzentrieren. In israelischen Medien wird dagegen über finanzielle Engpässe und Bemühungen um einen Verkauf berichtet.

NSO war vor gut einem Jahr durch Enthüllungen eines internationalen Journalistenkonsortiums, an dem auch die Süddeutsche Zeitung beteiligt war weltweit in die Schlagzeilen geraten. Aufgedeckt wurde dabei, wie mit der vom Unternehmen entwickelten Spionagesoftware Pegasus in vielen Staaten der Welt die Mobiltelefone von hohen Politikern, Dissidenten, Journalisten oder Mitarbeitern von NGOs unbemerkt angezapft worden waren. NSO hatte dagegen stets behauptet, die Software werde nur genutzt, um Terroristen oder gefährliche Kriminelle zu überwachen.

Experten zufolge war die Spionagesoftware in mindestens 45 Ländern im Einsatz, darunter zum Beispiel in Saudi-Arabien, Marokko, Indien, Ungarn und Spanien. Jeder einzelne Verkauf bedarf einer ausdrücklichen Exportgenehmigung des israelischen Verteidigungsministeriums. Unter dem Druck der Enthüllungen waren Ende vorigen Jahres in Israel die Richtlinien für den Cyber-Export verschärft worden. Die Zahl der Länder, in die solche Ware verkauft werden kann, wurde demnach von mehr als 100 auf 37 begrenzt. Jeder Käufer muss nun eine Erklärung unterzeichnen, dass er Pegasus nur regelkonform nutzt. Kritikern war dies jedoch viel zu wenig.

Das US-Handelsministerium setzte NSO auf eine schwarze Liste

Verschärft worden waren die Probleme des Unternehmens durch eine Entscheidung des US-Handelsministeriums vom vergangenen November, NSO auf eine schwarze Liste zu setzen. Auslöser dafür war die Entdeckung, dass Mitarbeiter des amerikanischen Außenministeriums in Afrika mit der Pegasus-Software ausgehorcht worden waren. NSO soll mit Unterstützung der israelischen Regierung mehrfach vergeblich versucht haben, wieder von dieser Liste gestrichen zu werden.

Im Juni schließlich wurde berichtet, dass über einen Verkauf von NSO an das US-Unternehmen L3Harris verhandelt würde. Der britischen Zeitung Guardian zufolge scheiterten diese Verhandlungen jedoch an einem Einspruch aus dem Weißen Haus, das mit Blick auf NSO Sicherheitsbedenken geltend machte. Der zurückgetretene CEO Shalev Hulio soll laut der israelischen Zeitung Haaretz nun im Hintergrund nach einem neuen Käufer Ausschau halten.

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