Internetplattform Movements.org:Menschenrechtsaktivisten aus der Crowd

Lesezeit: 2 min

  • Die Internetplattform Movements.org ermöglicht es ihren Nutzern, sich am Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen zu beteiligen.
  • Bürger aus restriktiven Gesellschaften können ihre Anliegen posten, Freiwillige ihre Unterstützung in verschiedenster Form anbieten.
  • Auch aktive oder ehemalige Politiker beteiligen sich.

Von Esther Widmann

Von der Idee des Crowdfunding dürften inzwischen die meisten Menschen gehört haben: Wer eine Geschäftsidee hat, kann sie auf einer Internetplattform vorstellen und um finanzielle Starthilfe bitten. Als Gegenleistung bekommen die Unterstützer dann meist das mitfinanzierte Produkt günstiger.

Die Internetplattform Movements will ebenfalls Hilfesuchende und Unterstützer zusammenbringen. Aber es geht nicht um Geld und käufliche Waren. Sondern um Menschenrechte.

"Movements verbindet Dissidenten in geschlossenen Gesellschaften mit Personen auf der ganzen Welt, die die Fähigkeiten haben zu helfen", heißt es in der Beschreibung. Die Fähigkeit zu helfen haben in dieser Definition beispielsweise Journalisten, Übersetzer oder Politiker. Sie können ein Profil anlegen und ihre Hilfe anbieten. Und Bürger von Staaten, in denen Menschenrechte verletzt werden, können ihre Geschichten posten und Hilfe suchen.

Die Gesuche und Angebote sind vielfältig

In vielen der Gesuche geht es um mediale Aufmerksamkeit. In einem Eintrag vom 10. Oktober von einem Nutzer namens "NoErdogan" heißt es, der Journalist Bülent Keneş sei wegen kritischer Tweets festgenommen worden: "Wir brauchen Berichterstattung und politischen Druck auf die türkische Regierung, um die Verhaftung von Journalisten zu stoppen."

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In einem anderen suchen die "saudiwomen" neue Ideen, um gewaltfrei gegen das Autofahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien zu kämpfen. Aber auch Hilfe beim Aufbau einer Internetseite ist mehr als einmal dabei, zum Beispiel um "das erste säkulare Nachrichtenmagazin aus Pakistan" zu publizieren.

Die Idee dahinter ist simpel

Gegründet hat die Plattform David Keyes, der Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation Advancing Human Rights. In einem Interview verglich er Movements.org mit anderen Internetportalen wie Uber, das private Fahrdienste vermittelt: "Es gibt Millionen und Abermillionen von Menschen, die etwas brauchen, und Millionen und Abermillionen von Menschen, die etwas haben." Movements.org soll die Verbindung zwischen ihnen herstellen.

Die Idee ist: Man muss kein Menschenrechtsaktivist sein, um für Menschenrechte zu kämpfen. Jeder kann sich einbringen, kann Übersetzungshilfe für verschiedene Sprachen anbieten oder als Musiker ein Lied schreiben, das auf die Missstände aufmerksam macht. Alles schon geschehen: In der Reihe der "Erfolgsgeschichten", die die Seite auflistet, findet sich ein Schuhhersteller, der Frauenrechtsaktivistinnen kostenlos Schuhe zur Verfügung stellt, ein Videoredakteur, der einer syrischen Gruppe dabei hilft, Anti-IS-Filme zu produzieren, und ein Entwickler, der eine IOS-Version eines Nordkorea-kritischen Computerspiels programmiert.

Auch Prominente sind dabei

Ein prominentes Beispiel ist die Unterstützung für den saudischen Blogger Raif Badawi, die seine Frau Ensaf Haider über Movements.org anfragte - und bekam: Movements hat eine Partnerschaft mit der Internetseite The Daily Beast, die 2013 öffentlich machte, dass Badawi wegen islamkritischer Kommentare zu viermal 150, später 1000 Peitschenhieben verurteilt wurde.

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Unter denen, die auf Movements.org ihre Hilfe anbieten, sind auch eine schwedische Parlamentsabgeordnete und ein Mitglied der Piratenpartei. Und jemand, der sich im Ausland noch ausführlich vorstellen muss: "My name is Karl Theodor zu Guttenberg and I am a former German Defense Minister and Minister of Economy and Technology", schreibt ein Nutzer namens KTG. "Als ehemaliges Parlamentsmitglied, und jetzt in der digitalen/technischen Community tätig, werde ich tun, was ich kann, um bei Funktionsträgern und führenden Technologen auf der ganzen Welt für Eure Botschaften zu werben." Die Erfolgsgeschichten nennen auch einen Fall, in dem der ehemalige deutsche Verteidigungsminister tatsächlich aktiv wurde: Er setzte sich offenbar für einen politischen Gefangenen in Iran ein.

Nicht alle haben dieses Glück. Als letztes steht in Guttenbergs Profil: "Ich werde normalerweise nicht antworten, aber ich werde Eure Anfragen sicherlich zur Kenntnis nehmen."

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