SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann lehnt eine Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft ab. "Wer jetzt die Inhaber zweier Pässe unter Generalverdacht stellt, macht einen Riesenfehler", sagte Oppermann der Süddeutschen Zeitung mit Blick auf entsprechende Überlegungen der CDU-Landesinnenminister. Damit werde "die Loyalität dieser Menschen zum deutschen Staat" untergraben, so Oppermann weiter. "Deutschtürken etwa, die seit Jahrzehnten bei uns leben, treibt ein solcher Vorschlag in die Arme von Erdoğan."
Die doppelte Staatsbürgerschaft helfe "vor allem den jungen Menschen, die in Deutschland aufgewachsen und voll integriert sind", sagte der SPD-Politiker. "Sie müssen sich nicht mehr für Deutschland und gegen ihre Eltern oder umgekehrt entscheiden. Das haben wir zusammen mit der Union beschlossen und es bleibt auch richtig." Auch SPD-Vizechef Ralf Stegner hat sich gegen die Forderung der Unions-Innenminister gewandt. Über Verbesserungen der Sicherheitsgesetze könne man im Einzelnen reden. Grundsätzlich sei der Ansatz aber falsch, Gesetze zu verschärfen und gleichzeitig die Bedingungen für Integration zu verschlechtern. "Wir brauchen mehr Integration und zu unserer Sicherheit mehr Polizei", sagte Stegner dem Berliner Tagesspiegel.
Der Zwang, sich für nur einen Pass zu entscheiden, habe sehr wenig mit Sicherheit und viel mehr mit Kulturkampf zu tun", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. "Die CDU liegt falsch, wenn sie glaubt, dass ein Zurück in die Lebenswelt des letzten Jahrhunderts unser Land friedlicher machen und Ängste in der Bevölkerung mindern würde", sagte die Grünen-Politikerin.
Bundesregierung plant keine Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft
Die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft soll Medienberichten zufolge Teil eines Maßnahmenkatalogs sein, den Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Donnerstag als Reaktion auf die jüngsten Anschläge in Deutschland vorstellen will. In dem Entwurf der "Berliner Erklärung" heißt es demnach: "Wir lehnen diese gespaltene Loyalität ab. Wer sich für die Politik ausländischer Regierungen engagieren will, dem legen wir nahe, Deutschland zu verlassen." Die Bundesregierung allerdings plant nach eigenen Worten keine Änderung der gesetzlichen Regeln für eine doppelte Staatsbürgerschaft.
Seit Dezember 2014 können Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, neben der ausländischen Staatsangehörigkeit der Eltern auch die deutsche und damit beide Pässe dauerhaft behalten. Voraussetzung bleibt: Ein Elternteil hat sich seit mindestens acht Jahren rechtmäßig in Deutschland aufgehalten und ein Daueraufenthaltsrecht besessen. Als hier aufgewachsen gilt, wer bis zu seinem 21. Lebensjahr entweder mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt hat oder hier mindestens sechs Jahre zur Schule gegangen ist. Dasselbe gilt auch bei einer abgeschlossenen Berufsausbildung.
Weitere Maßnahmen geplant
Der Entwurf enthält auch weitere Maßnahmen. Unter anderem werden 15 000 zusätzliche Polizisten für Bund und Länder sowie Langwaffen und Körperkameras für Polizisten gefordert. Wie die Bild-Zeitung berichtet, soll auch die ärztliche Schweigepflicht aufgeweicht werden. Die Bundesärztekammer warnt vor einer Lockerung. Der Kölner Stadt-Anzeiger schreibt, dass das Maßnahmenpaket noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden soll und der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf. Das Blatt beruft sich auf führende Koalitionskreise.