Hussein: FBI-Protokolle:Saddam, der Bluffer

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Das FBI veröffentlicht Vernehmungsprotokolle von Saddam Hussein: Demnach hatte der Diktator nur vorgetäuscht, Massenvernichtungswaffen zu besitzen - aus Angst vor einem Angriff des Irans.

Iraks früherer Machthaber Saddam Hussein hat aus Angst vor einem Angriff aus Iran offenbar die Welt bewusst im Glauben gelassen, er verfüge über Massenvernichtungswaffen. Dies geht aus Vernehmungsprotokollen der US-Bundespolizei FBI hervor, die am Mittwoch ins Internet gestellt wurden.

Saddam Hussein: 2006 wurde der Diktator zum Tode verurteilt und gehenkt. (Foto: Foto: AFP)

Demnach räumte der frühere irakische Staatschef nach seiner Festnahme im Dezember 2003 ein, die Absichten des damaligen US-Präsidenten George W. Bush unterschätzt zu haben. Saddam habe erklärt, er habe sich mehr Sorgen darüber gemacht, dass die Islamische Republik die Schwächen und Verletzlichkeit des Irak ausmache, als dass die USA etwas gegen den Golfstaat unternehmen könnten, weil dieser keine UN-Waffeninspektionen zuließ.

"Hussein vertrat die Ansicht, der Irak dürfe vor seinen Feinden, insbesondere dem Iran, nicht schwach wirken", notierte der FBI-Agent George Piro nach Befragungen Saddams.

Anschlag bewusst in Kauf genommen

Weniger Angst hatte Hussein da vor den USA: Er habe geglaubt, die USA planten nur einen eingeschränkten Angriff auf sein Land, geht aus den Dokumenten hervor. Einen solchen begrenzten Militärschlag habe er bewusst in Kauf genommen, um Iran nicht zu offenbaren, dass er überhaupt keine Massenvernichtungswaffen besitze. Denn in diesem feindlichen Nachbarland habe er die größte Bedrohung gesehen.

Der 2006 hingerichtete Saddam war den Dokumenten zufolge überzeugt, der Irak sei durch andere Staaten in der Region bedroht und müsse deswegen den Anschein erwecken, er könne sich selbst verteidigen. Der Ex-Herrscher glaubte demnach, dass Iran durch Waffeninspektionen der Vereinten Nationen direkt erfahren hätte, wie er dem Irak am meisten Schaden zufügen könnte.

Weiter wurde Hussein zitiert, er selbst habe den Chef des Terrornetzwerks al-Qaida nie getroffen und auch nie mit ihm gegen die USA zusammengearbeitet. Die Auffassung der US-Behörden, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitze und Terrororganisationen wie al-Qaida unterstütze, galt seinerzeit als Hauptgrund für die US-Invasion im März 2003. Bis heute wurden jedoch keine derartigen Waffen gefunden.

Während der Interviews wies Saddam außerdem einige Behauptungen als Mythen zurück - etwa die, wonach er Doppelgänger von sich selbst eingesetzt haben soll. Den FBI-Notizen zufolge sagte Saddam zudem, er könne sich an lediglich zwei Telefonate erinnern, die er seit März 1990 geführt habe. Er habe nach eigenen Angaben bevorzugt über Kuriere kommuniziert.

20 Interviews mit Hussein

Die FBI-Dokumente wurden von dem amerikanischen Nationalen Sicherheitsarchiv veröffentlicht, einer regierungsunabhängigen Forschungseinrichtung. Daraus geht hervor, dass das FBI mit dem früheren Diktator nach dessen Festnahme durch US-Truppen im Dezember 2003 insgesamt 20 offizielle Interviews führte sowie mindestens fünf informelle Unterhaltungen. Arabisch-sprachige FBI-Agenten leiteten die Gespräche zwischen Februar und Juni 2004 in Saddams Zelle im Internationalen Flughafen von Bagdad.

Hussein wurde später zum Tode verurteilt und Ende Dezember 2006 gehenkt.

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