Ende Oktober und Anfang November dringen die Italiener von Albanien aus nach Griechenland vor. Doch der "Spaziergang nach Athen" wird härter als erwartet. Das gebirgige Grenzland ist mühsam zu durchqueren. Schnee und Regen lassen die wenigen Straßen verschlammen. Zudem verhindert das schlechte Wetter, dass die Italiener ihre Luftüberlegenheit ausnutzen.
Die Truppen des Duce sind mäßig motiviert und schlecht gerüstet. Indro Montanelli, der Korrespondent des Corriere della Sera, berichtet von Soldaten, die am ersten Kriegstag nicht schießen, weil die Kanonen noch nicht da sind. Zudem leisten die Griechen unerwartet heftigen Widerstand. Der Vormarsch der Italiener stockt.
SZ-Karte
Mitte November starten die griechischen Einheiten die Gegenoffensive. Sie durchbrechen die italienischen Linien und dringen nach Albanien vor. Bis Ende des Jahres haben sie den Süden Albaniens erobert.
Gleichzeitig greifen die Briten ein. Sie landen auf Kreta und bringen Truppen aufs griechische Festland. Der Duce ist verzweifelt und klagt: "Das Menschenmaterial, mit dem ich arbeite, taugt nichts." Die Front kommt zum Stehen. Zwischen Ende Dezember 1940 und März 1941 wogen die Kämpfe hin und her, ohne dass eine Seite entscheidende Erfolge erringen kann.
Deutsche Truppen fallen ein, Griechenland kapituliert
Hitler ist zu dieser Zeit auf seinen geplanten Überfall auf die Sowjetunion fixiert. Doch die drohende italienische Niederlage macht ihm Sorgen. Er hat kein Interesse an einem Desaster seines Verbündeten Mussolini. Und er will den Briten nicht das strategisch wichtige Griechenland überlassen. Anfang April lässt Hitler das "Unternehmen Marita" starten. Seine 12. Armee fällt vom verbündeten Bulgarien aus in Griechenland ein.
Am 23. April kapitulieren die erschöpften griechischen Truppen vor deutschen und italienischen Vertretern in Saloniki. Großbritannien bringt seine Soldaten rasch in Sicherheit. Am 3. Mai veranstalten Deutsche und Italiener eine Siegesparade in Athen. Bald darauf erobern die Deutschen auch Kreta.
Griechenland ist besiegt. Italien besetzt einen großen Teil des Landes und annektiert einige Gebiete. Deutschland kontrolliert Saloniki, einen Streifen an der Grenze zur Türkei, den Westteil Kretas und einige Inseln. Auch Bulgarien besetzt Gebiete Griechenlands.
Haben die Griechen nicht auch von Italien etwas zu fordern?
Für die Griechen beginnt bis zur Befreiung im Jahr 1944 eine extrem harte Zeit. Sie werden ausgebeutet, ausgehungert und bei Massakern erschossen. Ihre Infrastruktur wird zerstört. Die Leiden sind nicht vergessen. Und sie führen bis zu den Entschädigungsforderungen, die die griechische Regierung heute wieder gegenüber Deutschland geltend macht.
Der Streit zwischen Athen und Berlin um Reparationen und die Rückzahlung eines Zwangskredits wurde in den vergangenen Wochen in allen Details in der Öffentlichkeit ausgebreitet. Doch haben die Griechen nicht auch von Italien etwas zu fordern, das den Krieg begann?
Die italienische Öffentlichkeit hat italienische Kriegsverbrechen in Griechenland und anderen Staaten lange Zeit verdrängt. "Italiani brava gente", "die Italiener sind gute Leute" - das war das Selbstbild. Die Besetzung Griechenlands wurde quasi als humanitäre Intervention verklärt. Dies spiegelt etwa der Spielfilm "Mediterraneo" aus dem Jahr 1991 wider. Die italienische Herrschaft über eine griechische Insel wird als Komödie präsentiert.