Herfried Münkler über Jamaika-Koalition:Deutschlands Außenpolitik braucht radikalen Pragmatismus

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Die nächste Bundesregierung hat die Aufgabe, wieder eine vernünftige Arbeitsbeziehung zur Türkei herstellen, findet Herfried Münkler. (Archivbild vom G-20-Gipfel 2016 in Hangzhou) (Foto: Jesco Denzel/dpa)

Der Politologe Herfried Münkler ist überzeugt: Die nächste Regierung muss sich um gute Beziehungen zu Putin und Erdoğan kümmern. Anders ist dem Staatszerfall in Nordafrika und im Nahen Osten nicht beizukommen. Dem dürfe auch der Streit um die Krim nicht im Wege stehen.

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Kriege, Klima, Flüchtlinge, kaputte Schulen - die nächste Bundesregierung wird vor großen Herausforderungen und Problemen stehen. Die SZ befragt vier Experten, was diese von einer Regierung in dieser Welt voller Großaufgaben erwarten. Den Anfang macht der Politikwissenschaftler Herfried Münkler von der Berliner Humboldt-Universität; weitere Gesprächspartner sind der Klima-Experte Ottmar Edenhofer, die Sozialexpertin Jutta Allmendinger und die Integrationsforscherin Naika Foroutan.

SZ: Putin, Erdoğan, Trump, Xi - welche Rolle soll und muss Deutschland in dieser neuen Welt der Unordnung einnehmen?

Herfried Münkler: Alles fängt mit einem klugen Blick auf die geopolitischen Herausforderungen an. Dazu gehört zuallererst, dass die Türkei da liegt, wo sie liegt. Also an einer Schlüsselstelle für Europa. Erdoğan hat im Prinzip den Stöpsel über Migrationsbewegungen in der Hand. Da kann sich der Österreicher Sebastian Kurz noch so aufspielen und aufplustern, er habe die Balkan-Route geschlossen. In Wahrheit hat die Türkei es in der Hand. Das bedeutet: Wie unangenehm uns Erdoğan auch sein mag und wie unerträglich seine Provokationen - die nächste Bundesregierung hat zunächst die Aufgabe, wieder eine vernünftige Arbeitsbeziehung zur Türkei herzustellen. Das wird eine große Herausforderung für das Kabinett sein.

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Keine triviale Aufgabe nach den Vorkommnissen der jüngeren Zeit.

Keineswegs. Darüber hinaus wird es für Deutschland und Gesamteuropa darauf ankommen, herauszufinden, was eigentlich die größte sicherheitspolitische Herausforderung ist. Ist das tatsächlich Russland, mit seinen gelegentlichen Provokationen? Oder ist es eher der Ordnungszerfall im Nahen Osten, an der gegenüberliegenden Mittelmeerküste und der Sahelzone dahinter? Das ist eine bedrängende Frage. Wenn man sich auf die Russen konzentriert, kann man sich nicht auch noch das andere vornehmen. Das wäre zu viel. Und wenn man sich um eine Stabilisierung des Nahen Ostens, des Maghreb und der Sahelzone kümmert, dann wäre es katastrophal, wenn man die Russen als strategischen Gegenspieler hätte. Sie können mit relativ geringem Aufwand alles wieder kaputtmachen.

Was meinen Sie mit "auf die Russen konzentrieren"?

Wir stehen gerade in sicherheitspolitischen Debatten immer wieder vor der Frage: Brauchen wir mehr strategische Intelligenz, einen ganzheitlichen Blick auf Probleme? Oder brauchen wir mehr schweres Equipment? Und damit steht die Frage im Raum, ob man die Stabilisierung einer großen aufgelösten Ordnung im Auge hat oder aber die Abwehr einer Bedrohung, die angenommenermaßen aus Russland kommt.

Wo stehen Sie da?

Meiner Ansicht liegen die Hauptherausforderungen in den nächsten Jahrzehnten im angrenzenden Süden und Südosten Europas. Deshalb kommt es - ohne die Ukraine vor den Kopf zu stoßen - darauf an, wieder eine belastbare Beziehung bis hin zu einem möglichen Vertrauensverhältnis zu Russland hinzubekommen. Wenn man die Russen permanent als Nicht-Kommunikationspartner behandelt, hat man zu viele Fragen vor sich, die man nicht beantworten kann.

Eine neue Regierung soll also vor allem pragmatisch werden - egal, wie sehr sie sich den Menschenrechten verschreibt?

Ja. Der Pragmatismus beginnt dort, wo man fragt: Was sind eigentlich unsere Ressourcen und Fähigkeiten? Wir sollten nicht glauben, wir müssen Weltpolitik machen. Wir müssen uns um die europäische Peripherie kümmern. Alles Weitere ist wichtig, aber sekundär. Drücken wir es mal ganz brutal aus: Wenn die Kriege in Syrien, in Jemen, in Mesopotamien und Libyen zusammenfließen, wenn das einmal in Brand steht, dann ist alles zu spät. Es gibt also eine Direktive, die heißt: Diese Kriege eindämmen, verhindern, dass sie ausgreifen; dann das Ziel, dass sie möglichst bald zu Ende gehen. Und dann erst kämen die Probleme mit den Russen, bei denen ich mir vorstellen kann, dass man versuchen sollte, wieder ein vernünftiges Arbeitsverhältnis mit Putin hinzubekommen, das man dann nach Möglichkeiten in die Nach-Putin-Zeit hinein verlängern kann. Seine Ära geht aus biologischen Gründen ohnehin zu Ende. Wenn man die Missverständnisse und die persönlichen Befindlichkeiten und alles, was da so dazugehört, in die Nach-Putin-Zeit reinlaufen lässt, dann ist das keine kluge, erst recht keine weitsichtige Politik.

Zählt zu diesem Pragmatismus auch, dass eine Bundesregierung die Krim aufgeben muss?

Was heißt "muss aufgeben?" Wenn ich mich richtig erinnere, hat die Wehrmacht 1944 die Krim aufgegeben. Die haben wir nicht mehr.

Wir meinen die bisherige Maxime, dass das eine Völkerrechtsverletzung war und deshalb nicht akzeptiert werden kann.

Wenn die Aufrechterhaltung von solchen Ansprüchen darauf hinausläuft, dass man seine politische Handlungsfähigkeit blockiert, dann muss man sich über die Kosten von solchen Ansprüchen im Klaren sein. Das ist so ähnlich, wie die Wende unter Willy Brandt zu einer anderen Ostpolitik geführt hat. Da sind auch Ansprüche aufgegeben worden. Bis tief nach Schlesien rein. Aber Sie haben recht: Pragmatismus heißt da auch, sich die Frage vorzulegen: Halten wir hier gewissermaßen etwas aufrecht, was wir im Prinzip nur für unser Selbstgefühl behalten?

Es geht aber hier um Prinzipien des Völkerrechts, nicht um irgendwelche Ansprüche.

Die Besetzung der Krim durch die Russen unterscheidet sich doch offenbar von der Besetzung Kuwaits durch Saddam Hussein in mancherlei Hinsicht. So hat sich auch keine Koalition gefunden, die bereit gewesen wäre, die Russen aus der Krim wieder rauszuschmeißen. Und dann zählt einfach Zeit. Wenn Zustände, die man zwar nicht für okay hält (Tibet ist eine andere solche Frage) zu einer Blockade der Gestaltung von Zukunft führen, also die Last der Vergangenheit die Handlungsfähigkeit für Zukunft überrollt, dann muss man irgendwann sagen: Wir verabschieden uns möglichst still und leise und nicht mit großem Radau aus Positionen, die wir vorher nie faktisch gehalten haben, sondern bei denen wir Ansprüche formuliert haben, deren Folgen uns auf Dauer mehr treffen als die andere Seite.

Welche Rolle spielt bei all dem Donald Trump für Deutschland?

Er zwingt uns, erwachsen zu werden. Und das auf eine harte Tour. Insofern ist er eine Chance für die Europäer und die Deutschen, ihre sicherheitspolitische Mündelsituation beschleunigt aufzugeben. Dass die auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten ist, wäre auch bei einer Präsidentin Hillary Clinton der Fall gewesen. Selbst Obama hatte - wenn auch sehr freundlich - schon darauf hingewiesen, dass Amerika sich auf den pazifischen Raum konzentriert. Und also die Europäer sich mehr um ihre Nachbarschaft kümmern sollten.

Müssen wir dem US-Präsidenten am Ende dankbar sein?

Eine unvermeidliche Entwicklung wird durch ihn beschleunigt. Aber sie wird durch ihn auch komplizierter, weil er unberechenbar ist. Die Erwartung, dass die Strategen der Administration irgendwann das Ruder in die Hand nehmen und man sicherheitspolitisch in den üblichen Bahnen agieren kann, ist nicht eingetreten. Das liegt nicht nur an Donald Trump als einer vermutlich schwierigen Persönlichkeit mit narzisstischen Störungen. Sondern es liegt auch an dem, den er Raketenmann nennt, also Kim Jong-un. Damit sind wir mit dem klassischen Problem jeder Nuklearstrategie konfrontiert: dem Problem mit dem mad man.

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Worin besteht diese Herausforderung?

Atomwaffen spielen keine Rolle, wenn beide Seiten sich unterstellen, sie seien hochrationale Akteure. Dann kann man sie auch abrüsten. Aber in dem Augenblick, in dem man sich nicht sicher ist, ob auf der Gegenseite vielleicht nicht doch ein Halbverrückter oder was auch immer ist, bekommt jede Atomwaffe plötzlich ungeheures Gewicht. Hinzukommt, dass das kleine Nordkorea mit seinen paar Raketen einen ungeheuren Zwang zur madness hat, um das Ganze im Spiel zu halten. Und Trump hat sich entschlossen, darauf zu reagieren, in dem er ebenfalls ein gewisses Element von madness reinbringt. Die Schwierigkeit ist: Wir können nicht sagen, ob die in ihm angelegt ist oder gespielt. Und wenn das in diesem Fall exemplarisch so ist, dann hat das Folgen für die Gesamteinschätzung von Trump. Wenn wir zum Ergebnis kommen: Er spielt nur madman, ist aber in Wahrheit ein kühl kalkulierender Stratege, dann heißt das für unser Verhältnis zu den USA was völlig anderes, als wenn wir sagen müssen, wir wissen es nicht so genau.

Wenn Sie sagen: Die Zeit des Mündels ist vorbei, wir können uns nicht mehr verlassen darauf, dass uns die USA in irgendeiner Form schützen werden - was heißt das für Deutschland? Selber als Polizist aufzutreten? Als Friedensstifter? Als Mittler?

Wir sind in gewisser Weise da schon reingerutscht. Und die Bahn heißt Balkan. Da kann man noch sehen, in welcher Weise uns, Europa, die Amerikaner damals noch beigesprungen sind - mit militärischen Maßnahmen, aber auch in Dayton. Sie haben verhindert, dass plötzlich die Spaltungslinien von 1914 wieder da waren, die ja gerade im deutsch-französischen Verhältnis wieder aufgetaucht waren. Und dass in dieser Phase der Neunziger und ersten Nuller-Jahre Russland auf dem Balkan kaum eine Rolle gespielt hat. Das heißt: Ein bisschen geübt haben wir schon.

Aber es geht doch um mehr.

Ja. Jetzt ist das stärkste Land gefordert, das mit dem größten Gewicht in der EU. Aber wir haben in diesen Jahren auf dem Balkan auch etwas gelernt. Administration, Polizei, auch Militär. Wir haben auch gelernt, dort mit Geld zu agieren: um den dortigen Gewaltakteuren die Gewaltoptionen abzukaufen. Oder ein Druckmittel gegen sie zu haben, dass es nicht heißt: Wir kommen mit Panzern über euch. Sondern wir entziehen euch das Geld.

Warum wird das alles bis heute kaum als Leistung gewürdigt?

Der Prozess ist meistens als Anstrengung beschrieben worden. Dabei muss man einer Bevölkerung auch nach innen klarmachen, dass man Aufgaben übernimmt, die man selber zu tragen hat, von denen man aber nicht nur selbst profitiert, sondern - als common goods, als Gemeinschaftsgüter - viele andere auch. Da tritt das Problem ein, das vor allem ein Problem der Klimapolitik ist: Man investiert, aber man kann die Investitionen nicht ausschließlich selbst konsumieren. Es kommt am Ende allen zugute. Das muss man den Menschen wieder und wieder vor Augen führen.

Angesichts all dieser Probleme: Muss Deutschland mehr Geld für Außenpolitik ausgeben?

Aus meiner Sicht ganz klar: ja. Allerdings halte ich die Debatte, die wir zurzeit um das Zwei-Prozent-Ziel führen, für hochproblematisch. Künftig zwei Prozent des BIP allein für Militärisches auszugeben, also für Panzer, Schiffe, schweres Gerät - das wäre für mich keine Lösung. Das will von den Europäern auch keiner. Wenn die Bundesrepublik tatsächlich so viel mehr für das Militär ausgeben würde, wären wir die stärkste Macht in Europa. Das hätte unangenehme Effekte für uns und für die anderen.

Was empfehlen Sie?

Ich halte es für einen fruchtbaren Ansatzpunkt, sich umfassender zu fragen, wie stabilisierungspolitische Engagements aussehen müssen. Strategische Intelligenz im besten Sinne. Die kommt auch, aber nicht nur von den Streitkräften. Da haben wir viel Wissen, auch bei zivilgesellschaftlichen Gruppen. Konfliktvermeidung, Schlichtung, nation buildung, Wiederaufbau. Versöhnungsprozesse. Das Dumme bei uns ist, dass die Diskussion ums Geld in einem Wertediskurs erstickt wird. Sind wir für mehr Waffen oder dagegen? Mir wäre sympathischer, wenn wir das in einen strategischen Diskurs überführen würden. Deshalb hoffe ich sehr, dass die nächste Bundesregierung ihre Hauptaufgabe darin sieht, das vorhandene Wissen zusammenzufassen und daraus dann eine Strategie für die eigene Außenpolitik ableitet. Zum Beispiel durch die Gründung eines deutschen oder europäischen Friedenskorps.

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Würden Sie die Aufteilung in Außen-, Entwicklungs-, Verteidigungsministerium anders organisieren?

Eine Reorganisation sehe ich nicht, das wäre eine Selbstüberforderung. Es geht darum, das Bewusstsein zu ändern. Zu verbreitern. Und den Menschen zu erklären, dass sie von einer solchen umfassenden Außenpolitik, die sicher mehr Geld verlangt als bisher, durch mehr Sicherheit und weniger Krisen auch profitieren. Daran mangelt es bis heute. Ich hoffe, dass es in der nächsten Regierung eine Ministerin oder einen Minister geben wird, die oder der das Amt nicht als Trittbrett der eigenen Karriere sieht, sondern die Souveränität hat, mit staatspolitischer Verantwortung für ein umfassenderes Verständnis von Außenpolitik zu werben. Es darf niemand sein, der Angst davor hat, solche Fragen zu kommunizieren. Bislang haben die Leute hierzulande zumeist das Gefühl, dass mehr Außenpolitik mehr Last bedeutet.

Wir haben viel über Deutschland gesprochen. Auch weil Europa zuletzt nicht besonders geschlossen aufgetreten ist. Kann sich das wieder ändern?

Mit dem Frankreich seit Macron ist das wieder möglich, vorher war es schwierig. Da gab es eine Selbstlähmung der französischen Politik, von der politischen Rechten wie von der politischen Linken: Die haben immer nur in den rechten oder linken Außenspeigel geschaut und sich gefragt, was macht die Blonde, also Marine Le Pen? Initiativ kam gar nichts. Dass die deutsch-französische Lokomotive durch eine deutsche ersetzt wurde, war eine Notlösung.

Warum ist Europa so in der Krise?

Möglicherweise hat man, indem man die Integration vor allen Dingen auf den Bereich der Finanz- und Währungspolitik konzentriert, einen Weg beschritten, der die Differenzen größer macht. Die Ressentiments gegeneinander sind gerade in der Frage der Euro-Rettung in die Höhe geschossen. In dieser Situation wird sich eine stärkere Konzentration auf außen- und sicherheitspolitische Fragen lohnen. Im Prinzip wissen alle, dass da unsere gemeinsame Sache liegt. Beispielsweise eine Verteidigungsunion. Die ist zwischen Berlin und Paris inzwischen unstrittig. Man muss sie nur machen. Die notorischen Vollzugsdefizite in diesem Bereich muss man aufgeben.

Muss Deutschland - ganz allgemein gesprochen - mehr von seinem Reichtum teilen, zu Gunsten der Stabilität in Europa?

Zunächst einmal müssen die Deutschen begreifen, dass die großen Vorteile, die sie seit Jahrzehnten durch die EU haben, auch etwas kosten. Oder umgekehrt gesprochen: Dass man nicht unentwegt wirtschaftlich profitieren kann, ohne dafür auch etwas zu geben. In einer Gemeinschaft geht das auf Dauer nicht. All das wird bis heute nur unzureichend kommuniziert. Manche Leute sind sich nicht im Klaren, welche großen Vorteile sie aus der EU haben. Das wäre aber zentral, um europaskeptischen Parteien beizukommen. Man muss viel klarer benennen: Mit der einen Hand gibt man, mit der anderen nimmt man. Da muss man sich ehrlich machen.

Nun gibt es nicht nur die Welt um uns herum, sondern auch den Klimawandel und erhebliche soziale Ungleichheit in Deutschland. Und dann ist da noch die Großaufgabe Integration. Gibt es ein Thema, das für Sie mindestens so drängend ist wie die Außen- und Sicherheitspolitik?

Das sind für mich ganz klar die sozialen Verwerfungen in einem im Prinzip reichen Land. Dazu tragen auch Steuerschlupflöcher bei, die bekämpft werden müssen. Es geht um die Wiederherstellung eines handlungsfähigen, intervenierenden Wohlfahrtsstaates. Ich weiß, dass der Sozialetat im Bundeshaushalt so groß ist wie nie zuvor. Trotzdem muss man schauen, was da nicht wirkt und anders gemacht werden muss. Dazu kommt etwas anderes: Je mehr wir ein Dienstleistungsstaat werden und je weniger ein Industrieland, desto größer wird die soziale Spreizung der Einkommen. Nirgendwo war die Mitte so durchsetzbar wie unter Bedingungen von Industriegesellschaft und Industriegewerkschaften. Es gehört zu den Großtaten der Agenda 2010, die Voraussetzungen dafür geschaffen zu haben, dass Deutschland nicht den britischen Weg hin zu einer reinen Dienstleistungsgesellschaft gegangen ist. Der Kampf gegen soziale Verwerfungen wird eine absolut zentrale Aufgabe der neuen Regierung sein.

Was denken Sie über den bisherigen Verlauf der Jamaika-Verhandlungen?

Bei der Sondierungsgesprächen stört mich im Augenblick furchtbar, wie sie kommuniziert werden. Der eine sagt, er sei für Arbeitsplätze, der andere ist fürs Klima, der dritte für die Rentner. Und danach müssen alle vermeintliche Abstriche machen, mit Gewinnern und Verlierern. Der Zusammenhalt der Gesellschaft kann aber nur erreicht werden, wenn das Ganze ein Paket wird. Wenn die Frage der sozialen Integration in den Mittelpunkt rückt. Relevante Schichten dürfen sich nicht auf Dauer abgehängt fühlen. Das wäre die Überschrift, die ich der zu bildenden Koalition gerne gegeben hätte.

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