Heilbronn (dpa/lsw) - Trotz jahrelanger Planung durch die Stadt und die islamische Religionsgemeinschaft Ditib hat der Heilbronner Gemeinderat den Neubau einer Moschee in der Innenstadt gekippt. Das Bebauungsplanverfahren wird nach dem ablehnenden Votum nicht eingeleitet. Die Muslime zeigen sich tief enttäuscht und kündigen an, die Entscheidung des Gremiums eingehend zu prüfen.
„Das ist ein Schlag ins Gesicht der muslimischen Mitbürger und ein fatales Signal in einer Stadt, die sich für ihre Integration rühmt“, sagte Erdinc Altuntas, Vorstand des türkisch-islamischen Dachverbands Ditib in Heilbronn, am Dienstag. „Wir werden den Rechtsweg und Schadenersatzansprüche prüfen.“ Nach seinen Angaben hat die Planung der Moschee rund eine Millionen Euro gekostet.
Das Stadtparlament hatte die Pläne am Montagabend mit 22 zu 17 Stimmen abgelehnt. Das Projekt scheiterte nach Angaben der Grünen-Fraktion im Gemeinderat unter anderem an der Sorge, es könne wegen hoher Besucherzahlen und fehlender Stellplätze zu Verkehrsproblemen kommen. Außerdem soll die Größe des Baus eine Rolle gespielt haben ebenso wie die Nähe des Bauherrn Ditib zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Ditib ist der größte Islamverband in Deutschland und deutscher Ableger der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet.
Die Pläne für die Moschee hatten vor rund sieben Jahren begonnen. Für das Projekt stimmten den Berichten zufolge am Montagabend nur die SPD und die Grünen im Gemeinderat. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Susanne Bay, tat sich am Dienstag schwer, die Argumente der Moschee-Gegner nachzuvollziehen. „Am Platz des möglichen Neubaus steht seit 30 Jahren bereits eine Moschee“, sagte sie der dpa. „Es gibt zudem Vorschriften für Parkplätze, die auch in den Plänen berechnet wurden.“ Nach ihrer Einschätzung hätte es bei dem Votum im Gemeinderat nur um das Baurecht gehen müssen. „Das war aber leider nicht der Fall“, sagte Bay.
Die Stadt äußerte sich nach der Entscheidung des Gemeinderats zunächst zurückhaltend. Man werde das Gespräch mit den Muslimen suchen, sagte eine Sprecherin. „Wir werden gemeinsam nach einer guten Lösung suchen“, sagte sie weiter.
Wirklich überraschend kommt die Ablehnung des Moschee-Projekts durch die Fraktionen von CDU, Freien Wählern und FDP allerdings auch nicht. Die drei Parteien hatten es bereits im Mai 2018 als integrationshemmend bezeichnet und ihre damalige Zustimmung verweigert. Unter anderem hieß es damals in einem Briefe an Oberbürgermeister Harry Mergel, das Bauvorhaben entwickle sich „mehr und mehr zu einem Einkaufs- und Dienstleistungszentrum sowie zu einem türkischen Kulturzentrum mit angeschlossener Moschee“.
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