Geschäftsleute bearbeiten während des Fluges Powerpoint-Präsentationen, andere Passagiere lesen E-Books auf ihren Kindles - auf gewissen Flügen ist das nun nicht mehr möglich. Amerikanische und britische Behörden haben Airlines angewiesen, auf Flügen aus bestimmten Ländern elektronische Geräte nicht mehr im Handgepäck zuzulassen.
Welche Geräte sind betroffen?
Das US-Ministerium für Heimatschutz hat eine Liste veröffentlicht. Verboten sind demnach Laptops, Tablets, E-Reader, Kameras, tragbare DVD-Spieler, Drucker, Scanner und Spiel-Geräte, wenn sie größer als ein Smartphone sind. Handys mit Internetverbindung sind weiter erlaubt. Aber wie definieren die Behörden "größer als ein Smartphone"? Handys sind schließlich unterschiedlich groß. Diese Nachfrage beantwortet das US-Heimatschutzministerium nicht mit dem Maßband, sondern argumentiert mit gesundem Menschenverstand: "Smartphones gibt es überall auf der Welt und die meisten Passagiere von internationalen Flügen wissen, wie groß Smartphones sind." Im Zweifel sollten sich Kunden mit ihrer Airline absprechen. Großbritannien hat maximale Maße für Handys veröffentlicht: 16 Zentimeter lang, 9,3 Zentimeter breit und 1,5 Zentimeter hoch.
Welche Flughäfen sind betroffen?
Die amerikanischen Behörden haben folgende Länder auf die Liste gesetzt: Jordanien, Ägypten, Türkei, Saudi-Arabien, Kuwait, Marokko, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Die britische Liste ist kürzer. Kuwait, Marokko, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate stehen nicht darauf. Dafür sind zusätzlich Tunesien und Libanon genannt.
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Was ist der Unterschied, wenn die Geräte im aufgegebenen Gepäck transportiert werden? Ist das sicherer?
Die Frage ist schwer zu beantworten, weil nicht bekannt ist, welche Erkenntnisse die Geheimdienste genau über mögliche Anschlagspläne haben. Generell lässt sich sagen: An vielen Flughäfen werden nach wie vor unterschiedliche Techniken zur Kontrolle des Handgepäcks und des aufgegebenen Gepäcks verwendet. In den Gepäcksystemen werden in aller Regel Scanner eingesetzt, die mit Computertomografie hochauflösende dreidimensionale Bilder der Gepäckstücke erzeugen. Diese können dann wieder mit einer Datenbank abgeglichen werden, die hilft, Muster möglicher Bedrohungen zu erkennen.
Handgepäck-Scanner liefern dagegen auf Basis von Röntgen-Technologie oft nur zweidimensionale Bilder. Schon bisher müssen Passagiere an den meisten Flughäfen deshalb Laptops und Tablets separat scannen lassen. Auch werden sogenannte Wischtests gemacht. Dabei fährt das Sicherheitspersonal mit einem speziellen Gewebe über Elektrogeräte, dann wird das Gewebe mittels Gas-Chromatografie und Massenspektrometern auf Sprengstoffrückstände untersucht.
Inzwischen gibt es Scanner für Handgepäckkontrollen basierend auf Computertomografie, diese werden aber noch nicht flächendeckend eingesetzt. Nach Aussage von Herstellern solcher Scanner würden diese Maschinen zuverlässig flüssige Sprengstoffe erkennen. Die Beschränkungen für Flüssigkeiten im Handgepäck könnten ihrer Ansicht nach ebenso aufgehoben werden, wie das Erfordernis, Laptops und Tablets separat zu scannen.
Eine weitere Erklärung für das Laptop-Verbot an Bord könnte sein, dass die Geheimdienste vermuten, dass die Zünder von Bomben manuell ausgelöst werden müssen oder die Komponenten einer Bombe von mehreren Personen oder auf mehrere Geräte verteilt an Bord gebracht und erst dort zusammengebaut werden sollen. Allerdings könnten potenzielle Täter immer noch aus dem Nahen Osten nach Europa fliegen und dort auf Transatlantik-Flüge umsteigen. Während die Flughafensicherheit in manchen der betroffenen Länder noch nicht höchsten Standards genügt ist dies etwa in Abu Dhabi nicht der Fall.
Was ist der Auslöser für das neue Verbot?
Nach Berichten amerikanischer und britischer Medien liegen dem Verbot neue Geheimdiensterkenntnisse zu Grunde. Demnach gibt es Hinweise darauf, dass die Terrormiliz Islamischer Staat plant, Anschläge auf Flugzeuge mit in elektronischen Geräten versteckten Bomben zu verüben, berichtet die New York Times unter Berufung auf zwei mit Terrorismusabwehr beschäftigte Regierungsmitarbeiter. Zwei weitere Quellen sagten dem Blatt, die Bomben hätten in Batterien von Laptops versteckt werden sollen. Es gebe aber keine akute Bedrohung durch einen unmittelbar bevorstehenden Anschlag.
Die Terrorgruppe al-Qaida auf der arabischen Halbinsel hat mindestens seit 2001 immer wieder erfolgreich versucht, Sprengsätze an Bord von Passagier- und Frachtflugzeugen zu schmuggeln, auch wenn keine der Bomben ein Flugzeug zum Absturz brachte. Das Wall Street Journal berichtet unter Berufung auf Regierungsquellen, die nun verhängten Beschränkungen seien schon unter Präsident Barack Obama als Antwort auf die Bedrohung durch diese Gruppe diskutiert worden. Nun glauben die Geheimdienste offenbar, dass auch die Terrormiliz Islamischer Staat ähnliche Fähigkeiten entwickelt hat. Der republikanische Kongressabgeordnete Peter King, der Mitglied im Geheimdienstausschuss ist, sagte der New York Times, die Entscheidung beruhe auf "Geheimdienstberichten aus jüngster Zeit" über Anschlagspläne.
Wer seinen Laptop aus der Hand gibt, hat keine Kontrolle mehr darüber, wie er behandelt wird oder ob er von Grenzbeamten durchsucht wird. Passagiere sollten auf jeden Fall ein vollständiges Back-up ihrer Daten anlegen, um sie bei Schaden oder Verlust wiederherstellen zu können. Das Standard-Zugangspasswort schützt einen Rechner nur oberflächlich. Wer befürchtet, ausspioniert zu werden und seinen Laptop nicht einfach zu Hause lassen kann, sollte vor dem Start seine Festplatte verschlüsseln. Für eine stabile Verschlüsselung bietet Windows das Programm Bitlocker an, Apple für Macs die Funktion Filevault.
Wer sensible Daten nicht mitnehmen will, aber nach dem Flug mit ihnen arbeiten muss, kann sie bei einem Cloud-Anbieter hochladen. Dann kann er die Daten vor dem Abflug vom Gerät löschen und nach der Landung wieder herunterladen. Allerdings können auch Cloud-Anbieter Sicherheitslücken haben. Handelt es sich um einen Dienst-Laptop, sollten Angestellte vor der Reise die IT-Abteilung ihres Arbeitgebers um Rat fragen.
Wie erkenne ich, ob mein Laptop durchsucht wurde?
Wer seinen Laptop in einem versiegelten Beutel transportiert, kann nach dem Flug sehen, ob sich jemand daran zu schaffen gemacht hat. Mit Software wie Little Snitch (für Apple) oder Glasswire (für Windows) können Besitzer prüfen, ob ihr Rechner unbefugt Daten sendet. So können sie herausfinden, ob während einer Durchsuchung Spionagesoftware installiert worden ist. In dem Fall bleibt wenig anderes übrig, als den Rechner komplett neu aufzusetzen. Er ist kompromittiert.
Gibt es noch eine Chance, an Bord der betroffenen Flüge zu arbeiten?
Wer halbwegs komfortabel tippen will, kann Bluetooth-Tastaturen nutzen, die für alle gängigen Handys erhältlich sind. Auf ihnen ist Tippen immerhin einfacher als direkt auf dem Touchscreen des Smartphones. Der Bildschirm bleibt aber natürlich klein.
Versuchten Terroristen bereits, Bomben in elektronischen Geräten zu verstecken?
Ja. Im Oktober 2010 gelang es der Gruppe al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel, zwei zündfähige Bomben aus der Substanz PETN in Kartuschen von Laserdruckern zu verstecken und an Bord von Flugzeugen zu schmuggeln. Sie sollten über der US-Ostküste detonieren, wurden aber nach einem präzisen Tipp des saudischen Geheimdienstes in Großbritannien und den Vereinigten Arabischen Emiraten abgefangen. Sie waren zu diesem Zeitpunkt allerdings schon unbemerkt an Bord mehrerer Passagier- und Frachtmaschinen transportiert worden und auch beim Umladen unter anderem am Flughafen Köln-Bonn nicht aufgefallen. Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel stand schon damals im Fokus der Geheimdienste.
Am ersten Weihnachtsfeiertag 2009 versuchte der sogenannte Unterhosen-Bomber Umar Farouk Abdulmutallab, von Ghana aus kommend auf einem Flug von Amsterdam nach Detroit PETN zu zünden, das in seiner Unterwäsche verborgen war. Er war weder am Ausgangsflughafen in Accra noch beim Umsteigen in Amsterdam aufgeflogen. Er hatte Kontakte zum radikalen US-Prediger Anwar al-Awlaki und zu al-Qaida in Jemen. Abdulmutallabs Kontakte lenkten die Aufmerksamkeit der Geheimdienste auf den Versuch des Chef-Bombenbauers der Gruppe, Ibrahim al-Asiri, neuartige Sprengsätze für einen Anschlag auf Verkehrsflugzeuge zu entwickeln. Die US-Geheimdienste hatten Abdulmutallab zuvor als Bedrohung identifiziert, ließen ihm aber sein US-Visum. Damit wollten sie verhindern, dass umfassendere Ermittlungen gegen al-Qaida auffliegen würden.
Hat es ähnliche Einschränkungen wie den Laptop-Bann schon früher gegeben?
Im Dezember 2001 versuchte der sogenannte Schuhbomber Richard Reid einen Flug von Paris nach Miami mit einem in seinen Schuhen versteckten Sprengsatz aus den Substanzen PETN und TATP in die Luft zu jagen. Beide Stoffe konnten die damaligen Detektoren nicht ohne weiteres erkennen. Das machte sie für al-Qaida über Jahre zur ersten Wahl. Seither müssen Passagiere in den USA oder mit dem Ziel USA und in anderen Ländern ihre Schuhe vom Handgepäck-Scanner durchleuchten lassen. Dabei würden Teile einer Zündvorrichtung auffallen oder unnatürliche Hohlräume. Im Jahr 2006 deckten die britischen Sicherheitsbehörden den Plan von Terroristen auf, den flüssigen Sprengstoff TATP in Getränkedosen an Bord von Transatlantik-Flügen zwischen Großbritannien und Nordamerika zu schmuggeln. Die Folge war das bis heute in Europa und den USA geltende Verbot, Behälter mit mehr als 100 Milliliter einer Flüssigkeit an Bord zu bringen. Größere Behältnisse können im aufgegebenen Gepäck weiter transportiert werden.
Für besonders große Aufregung sorgen die neue Sicherheitsvorschrift in der Türkei. Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hält ein solches Verbot für den falschen Weg. "Wenn es Bedenken gibt, sollten sich die Spezialisten zusammensetzen." Ihm sei von den USA aber mitgeteilt worden, dass es sich um eine vorübergehende Maßnahmen handele, an der wegen der Dringlichkeit zunächst kein Weg vorbei geführt habe. Verkehrsminister Ahmet Arslan warnt davor, den Istanbuler Großflughafen Atatürk in einen Topf mit Flughäfen in anderen Ländern zu werfen. Alle Sicherheitsmaßnahmen seien ohne Abstriche umgesetzt worden. Das Verbot für bestimmte Geräte sollte entweder überdacht oder gelockert werden. Der türkische Fernsehsender NTV berichtete, Arslan habe einen Brief an seinen Kollegen in den USA verfasst. Darin heiße es, die Regelung beeinträchtige den Flugkomfort und könnte sich negativ auf die Fluggastzahlen auswirken. Die Türkei solle von der Liste genommen werden.
In der türkischen Presse fällt das Urteil über die Entscheidung verheerend aus. Die linke Zeitung Evrensel schrieb, Passagiere von Istanbul würden nun als Terroristen betrachtet. Die eher liberale Zeitung Posta meint, es gehe darum, die Türkei zu diffamieren. Die Regelung würde Turkish Airlines einen schweren Schlag versetzen und hätte auch negative Auswirkungen auf den im Bau befindlichen dritten Flughafen in Istanbul. Der bekannte Hürriyet-Kolumnist Ertuğrul Özkök schrieb: "Diese Entscheidung macht mich fertig. Der fantastische Internet-Service von Türkish Airlines hat soeben seine Bedeutung verloren. Bei meinen Flügen in den die USA habe ich rasend viel gearbeitet." Die regierungsnahe Zeitung Yeni Şafak spricht von einem Skandal, die Türkei solle mit ähnlich harten Maßnahmen für Flüge nach Istanbul reagieren. Die Zeitung vertritt die These, mit den neuen Regelungen soll Turkish Airlines als starker Wettbewerber geschwächt werden, mit dem vor allem US-Airlines nicht mithalten könnten.
Was ist dran an dem Verdacht, mit dem Verbot wollten die USA heimische Airlines vor Konkurrenz schützen?
Ähnliche Äußerungen werden zumindest im Schutz der Anonymität auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten getätigt, wenn auch nicht von Regierungsvertretern oder den betroffenen Fluggesellschaften. US-Präsident Donald Trump hatte im Wahlkampf vor allem Airlines von dort und aus Katar (Emirates, Etihad, Qatar Airways) vorgeworfen, massiv von ihren Regierungen subventioniert zu werden, die zugleich die Eigner sind. Das ist ein Vorwurf, den auch die Lufthansa und andere europäische Konkurrenten immer wieder erheben. Die Gesellschaften vom Golf und Turkish Airlines machen mit Kampfpreisen und zugleich einem guten Produkt den europäischen und amerikanischen Airlines das Geschäft auf lukrativen Langstrecken und vor allem mit den für die Rentabilität entscheidenden Buchungen in der First und Business Class streitig. Zugleich bauen sie ihre Flotten und Drehkreuze aggressiv aus.
Befeuert wurde die Spekulation dadurch, dass keine US-Fluglinien betroffen sind; amerikanische Gesellschaften fliegen die umfassten Flughäfen nicht direkt an. Insgesamt fallen pro Tag nach Angaben der US-Regierung etwa 50 Verbindungen unter die neuen Beschränkungen. Für eine vermeintliche Strafaktion der Trump-Regierung scheint das ein recht überschaubarer Umfang zu sein. In Großbritannien, das gegenüber den USA eine in Teilen andere Gruppe von Flughäfen mit den Beschränkungen belegte, sind sowohl die nationale Fluggesellschaft British Airways als auch die Anbieter EasyJet, Jet2, Monarch, Thomas Cook und Thomson betroffen, ebenso acht ausländische Fluggesellschaften. Flughäfen in den Emiraten sind anders als von der US-Regelung nicht umfasst.
Ob eine spürbare Zahl von Geschäftsleuten künftig anders buchen und mitunter längere Routen in Kauf nehmen wird, um weiter mit dem Laptop arbeiten zu können, muss sich zeigen. Schon jetzt fliegen weniger Menschen aus dem Nahen Osten in die USA - wegen Trump.