Kriminalität:Besonders viele offene Haftbefehle in Bayern

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Auf 10 000 Einwohner kommen in Bayern 23,8 nicht vollstreckte Haftbefehle. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Deutschlandweit gab es Ende März 185 736 offene Haftbefehle. Ihre Zahl steigt seit einigen Jahren.
  • Darunter sind knapp 6000 politisch motivierte Straftaten.
  • In Bayern kommen auf 10 000 Einwohner knapp 24 nicht vollstreckte Haftbefehle.

Von Philipp Saul

Wer mit einem Haftbefehl gesucht wird, wird auch bald verhaftet - dieser Grundsatz gilt in Deutschland offenbar nicht immer. Zum Stichtag 28. März 2019 waren bundesweit 185 736 offene Haftbefehle in der Polizeidatenbank Inpol-z verzeichnet. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Irene Mihalic hervor, die der SZ vorliegt. Im Vergleich zum März vergangenen Jahres ist die Zahl demnach um mehr als 10 000 Fälle angestiegen.

Insgesamt sind die Zahlen in den vergangenen Jahren in die Höhe gegangen. Seit 2014 sind die offenen Haftbefehle um gut 46 000 Fälle angestiegen. In den Jahren zuvor, von 2007 bis 2014, waren sie um fast 57 000 zurückgegangen.

Mihalic nimmt insbesondere Bayern ins Visier. Dem CSU-regierten Heimatland von Bundesinnenminister Horst Seehofer attestiert sie ein "besonderes Vollstreckungsproblem". Dort sei die Zahl der nicht umgesetzten Haftbefehle seit dem vergangenen Jahr um mehr als 2000 gestiegen. "Anstatt in Bayern zum Beispiel die Bundespolizei bei den Grenzkontrollen zu doppeln, sollte man das Personal vielleicht lieber zur konsequenten Vollstreckung offener Haftbefehle und in der Fahndung einsetzen", teilt Mihalic mit.

Tatsächlich sticht Bayern in der Statistik zusammen mit Berlin hervor. Gemessen an der Einwohnerzahl sind sie die Bundesländer mit den meisten offenen Haftbefehlen. Auf 10 000 Einwohner kommen in Bayern demnach 23,8 nicht vollstreckte Haftbefehle. In Berlin sind es 23,3. Die verhältnismäßig wenigsten offenen Haftbefehle gibt es in Mecklenburg-Vorpommern (7,4) und Schleswig-Holstein (7,9).

Die Zuständigkeit für die Vollstreckung der Haftbefehle obliegt den Ländern. Unter den knapp 186 000 offenen Haftbefehlen liegen aber auch gut 37 000 Fälle bei den drei Bundesbehörden Bundeskriminalamt (BKA), Bundespolizei und Zollkriminalamt. Hier gibt es seit dem vergangenen Jahr einen Anstieg von etwa 2500 Haftbefehlen.

Bundesweit liegt ein sehr großer Anteil der Haftbefehle wegen kleinerer Delikte vor, wenn beispielsweise Schwarzfahrer ihre Strafe nicht bezahlt haben. Allerdings finden sich in der Statistik auch knapp 6000 Menschen, deren Delikte als sogenannte politisch motivierte Straftaten aufgeführt werden. Darunter fallen unter anderem 37 Personen, die wegen Mordes oder (versuchten) Totschlags gesucht werden. Nach Bundesländern werden die einzelnen Taten in der Antwort der Bundesregierung nicht aufgeschlüsselt.

Der größte Teil der offenen Haftbefehle bei politisch motivierter Kriminalität wird dem Bereich religiöse Ideologie zugewiesen. Aus einer entsprechenden Auflistung der Bundesregierung geht hervor, dass es sich hierbei zu einem sehr großen Anteil um Haftbefehle ausländischer Behörden über das Schengener Informationssystem handelt. Das genaue Delikt sei unbekannt.

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